Ariane 5 bringt Intelsat 29e ins All

Am 28. Januar 2016 pünktlich um 0:20 Uhr MEZ zu Beginn eines 79 Minuten langen Startfensters startete vom Raumfahrtgelände Kourou in Französisch-Guayana eine Ariane-5-Trägerrakete mit einem schweren Kommunikationssatelliten an Bord. Der Erdtrabant für Intelsat wurde nach 38 Minuten Flug erfolgreich ausgesetzt.

Ein Beitrag von Thomas Weyrauch. Quelle: Airbus Defence and Space, Arianespace, Boeing, Intelsat.

Start der Ariane-5-Mission VA228
(Bild: Arianespace Webcast)

Verwendet wurde eine Ariane-5-ECA, die von der Startrampe ELA-3 zum ersten Flug einer Ariane 5 im Jahr 2016 abhob. Transportiert wurde bei der Mission mit der Arianespace-Flugnummer VA228 der Hochleistungs-Kommunikationssatellit Intelsat 29e. Die Startmasse des in Boeings Werk in El Segundo im US-amerikanischen Bundesstaat Kalifornien gebauten Satelliten betrug 6.552 kg (Masse unbetankt 2.946 kg).

Der Satellit war unter einer 17 Meter hohen Nutzlastverkleidung mit einem Durchmesser von 5,4 Metern untergebracht. Weil es keinen Mitflieger gab, der leicht und klein genug gewesen wäre und rechtzeitig zur Verfügung gestanden hätte, war eine Verwendung der bei Ariane-5-Doppelstarts gewöhnlich verwendeten Nutzlasttragstruktur aus der SYLDA-Reihe (SYLDA ist die Abkürzung von „Système de Lancement Double Ariane“, Ariane-Doppelstartvorrichtung) nicht erforderlich. Der Satellit war auf einem von Airbus Defence and Space gebauten Nutzlastadapter vom Typ PAS 1194C Optimised mit einer Masse von rund 148 kg montiert, mit dem zusammen er auf die kryogene Oberstufe vom Typ ESC-A aufgesetzt worden war.

Ariane 5 VA228 nach dem Verlassen der Rampe
(Bild: ESA/CNES/Arianespace/CSG)

Die ESC-A hatte, nachdem die Feststoffbooster des Typs EAP P240 ausgebrannt und abgeworfen waren und die Zentralstufe EPC H175 ihre Arbeit abgeschlossen hatte, den Antrieb knapp neun Minuten nach dem Abheben übernommen. Die, wie die Zentralstufe, flüssigen Wasserstoff mit flüssigem Sauerstoff verbrennende Oberstufe sorgte zunächst für einen deutlichen Geschwindigkeitsgewinn und anschließend für das Erreichen der vorgesehenen Höhe.

Intelsat 29e wurde nach Angaben von Intelsat schließlich um 0:58 Uhr MEZ am 28. Januar 2016 von der Oberstufe freigegeben. Boeing, der Hersteller des Satelliten, hat zwischenzeitlich den Empfang von Signalen des Raumfahrzeugs bestätigt. Die erste Bodenstation mit einer Empfangsmöglichkeit auf dem Flugweg des ausgesetzten Satelliten war laut Intelsat die Bodenstation Kumsan von Intelsat in Südkorea.

Der Kommunikationssatellit wird aus dem Geotransferorbit (GTO) mit einem geplanten Perigäum von 248,8 km über der Erde und einem geplanten Apogäum von 35.546 km über der Erde mit eigenem Antrieb den Geostationären Orbit (GEO) in rund 35.786 km Höhe ansteuern. Der Antrieb muss im Unterschied zu denjenigen an Bord anderer von Ariane-5-Raketen gestarteten Satelliten keine maßgebliche Rest-Inklination, die verbliebene Neigung der Bahn gegen den Erdäquator, abbauen. Der Einzelstart ließ es zu, Intelsat 29e gleich in eine Bahn zu bringen, die mehr oder minder unmittelbar über dem Erdäquator verläuft. Die vorgesehene Inklination beim Aussetzen des Satelliten betrug 0,5 Grad.

Intelsat 29e mit entfaltetem Solarzellenausleger
(Bild: Intelsat)

Die Orbitzirkularisierung für Intelsat 29e soll innerhalb der kommenden zehn Tagen abgewickelt werden. Dafür werden einige Brennphasen seines mit Hydrazin (N2H4) und Distickstofftetraoxid (NTO / nitrogen tetroxide / N2O4) betriebenen, 449 Newton starken Apogäumsmotors erforderlich sein. Die Brennphasen sollen zwischen dem 30. Januar und dem 7. Februar 2016 stattfinden. Für diese Brennphasen und spätere Manöver für Bahnerhalt und -korrektur wurde Intelsat 29e mit zusammen über 3.500 kg der genannten Chemikalien betankt.

Das Ausfalten der Solarzellenausleger und Antennenreflektoren des Satelliten ist für den Zeitraum vom 8. bis 10. Februar 2016 geplant. Sogenannte In-Orbit-Tests (IOTs) des Satelliten an einer Testposition im GEO sollen sich anschließen. Ihr Beginn ist für den 11. Februar angesetzt, ihr Ende auf den 13. März 2016 terminiert. Zwischen dem 14. und dem 18. März 2016 will man den Satelliten schließlich zu seiner künftigen Einsatzposition im GEO steuern. Im kommerziellen Einsatz sieht Intelsat den Trabanten im zweiten Quartal 2016.

Intelsat 29e in Kourou – rechts der
Nutzlastadapter
(Bild: ESA/CNES/Arianespace/CSG)

Bei Intelsat 29e handelt es sich um ein auf Basis des Satellitenbus Boeing 702MP entworfenes und gebautes Raumfahrzeug, dessen Grundkörper ohne Ausleger und Antennen Maße von rund 6 auf 3 auf 2 Metern aufweist. Der im Regelbetrieb dreiachsstabilisierte Satellit ist dazu gedacht, die beiden amerikanischen Kontinente, Westeuropa und Gebiete im Bereich des Nordatlantiks und der Karibik von einer Position bei 310 Grad Ost (bzw. 50 Grad West) im GEO mit einer Bandbreite von Kommunikationsdiensten zu versorgen.

Die Kommunikationsnutzlast von Intelsat 29e ist nach Angaben von Airbus Defence and Space und Arianespace mit 56 Ku-Band-Transpondern mit einer Bandbreite von jeweils 9.395 MHz (bzw. 249 mit 36 MHz Bandbreite), einem Ka-Band-System mit einer Gesamtbandbreite von 450 MHz und 20 C-Band-Transpondern mit einer Bandbreite von jeweils 36 MHz ausgestattet.

Intelsat 29e im All – Illustration
(Bild: Intelsat)

Die Energieversorgung der Satellitensysteme von Intelsat 29e erfolgt durch zwei Solarzellenausleger, die sich aus jeweils vier Segmenten zusammensetzen und dem Raumfahrzeug eine Spannweite von insgesamt rund 44 Metern geben. Am Ende der projektierten Einsatzdauer von mindestens 15 Jahren sollen die Solarzellenausleger von Intelsat 29e zusammen noch mindestens rund 15.800 Watt elektrische Leistung bereitstellen können. Für die Stromspeicherung besitzt der Satellit vier Lithium-Ionen-Akkumulatorensätze.

Im Satellitenkommunikationsnetzwerk von Intelsat hat der neue Erdtrabant unter anderem die Aufgabe, Intelsat 1R und Intelsat 805 abzulösen. Intelsat 1R mit den Katalognummern NORAD Nr. 26.608 und COSPAR-Objekt Nr. 2000-072A wurde von einer Ariane-5-Rakete in der Version 5G am 15. November 2000 ins All transportiert. Intelsat 805, Katalognummern NORAD Nr. 25.371 und COSPAR-Objekt Nr. 1998-037A, kreist seit dem Start auf einer Ariane-4-Rakete in der Version 42L am 18. Juni 1998 um die Erde.

Ausleuchtzonen von Intelsat 29e und 33e –
Illustration
(Bild: Intelsat)

Den Auftrag zum Bau von Intelsat 29e als ersten Satelliten für Intelsats EpicNG-Programm hatte Boeing am 4. September 2012 bekannt gegeben. Der nächste Satellit für das EpicNG-Programm, den Intelsat in den Weltraum bringen lassen möchte, ist Intelsat 33e. Sein Start ist aktuell für die zweite Hälfte des Jahres 2016 geplant, danach ist eine Positionierung im GEO bei 60 Grad Ost vorgesehen.

Die Raumfahrzeuge des EpicNG-Programms sollen es ermöglichen, die Übertragungskosten pro Megabyte zu senken und trotz der Nutzung vorhandener Bodenausrüstungen im C- und Ku-Band-Bereich höhere Datenraten zu erzielen.

Vor Intelsat 29e besorgte Arianespace den Transport von 51 anderen von Boeing gebauten Satelliten in den Weltraum. VA228 mit Intelsat 29e auf der Rakete L583 aus dem Produktionslos PB war die 70. erfolgreiche Ariane-5-Mission in Folge und die 84. Mission einer Ariane-5-Rakete insgesamt.

Bei der Mission VA228 wurde laut Arianespace bei einer Gesamtstartmasse von rund 780 Tonnen (laut Airbus Defence and Space rund 770,5 Tonnen beim Abheben) eine Gesamtnutzlast von 6.700 kg transportiert.

Intelsat 29e alias IS-29e wird voraussichtlich katalogisiert mit der NORAD Nr. 41.308 und als COSPAR-Objekt Nr. 2016-004A.

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