Nach Ausmusterung der US-Space Shuttle führt der einzige Weg für Menschen ins All über Russland und seine Sojus-Kapseln auf Sojus-Raketen. Dieser Zustand ist allerdings in mehr als nur einer Hinsicht unbefriedigend.
Ein Beitrag von Roman van Genabith. Quelle: Boeing, CNES, ESA, Golem, NASA, Raumfahrer.net, SNC, SpaceX.
Der bemannte Zugang zum All
Die Sojus-Raumschiffe zwar recht zuverlässig, basieren jedoch auf einer jahrzehntealten Entwicklung, die keine großen Innovationssprünge mehr zulässt, trotz gradueller Entwicklungen wie der Digitalisierung der Bordelektronik, die u.A. den schnellen Pfad ermöglicht, der den Raumfahrern einen tagelangen Aufenthalt in der beengten Kapsel erspart. Das zeigt bereits eines der Defizite dieses Fahrzeugs auf. Der höchst begrenzte Platz macht den Flug für die Passagiere unbequem, viel entscheidender ist aber die ebenfalls sehr limitierte Zuladung, die sich bei Sojus-Starts auf rund maximal drei Tonnen beschränkt.
Zudem bedingt das derzeitige technische Quasimonopol Russlands bei bemannten Starts eine starke Abhängigkeit aller Raumfahrtnationen vom Partner Russland, ein politisch umstrittener Sachverhalt. Das zeigte sich erst jüngst in Form der eigentlich als sicher verstandenen Betriebsverlängerung der ISS nach 2020, die von der russischen Führung im Zuge politischer Konflikte mit westlichen Staaten nicht bestätigt wurde.
Generell ist das Vorhandensein mehrerer Alternativen bei jeder technischen Prozedur zu begrüßen. Die NASA sieht das ähnlich, weshalb sie im Rahmen des Commercial Crew Programms nach alternativen Startfähigkeiten für Astronauten sucht, die von Unternehmen aus der freien (US)-Wirtschaft beigesteuert werden soll.
Das Kalkül: Während private Konzerne als Subunternehmer der NASA den Transport in niedrige Erdumlaufbahnen übernehmen, konzentriert sich die NASA auf ihre neue Schwerlastrakete SLS mit dem Raumfahrzeug Orion für Flüge in den tiefen Raum. 2017 soll der private Charterflugbetrieb beginnen.
Die verschiedenen Entwicklungsansätze nehmen merkbar Fahrt auf und Form an:
Dragon zum Zweiten
Der Raumfahrtkonzern SpaceX, Entwickler der Dragon-Transporter, die bereits unbemannte Versorgungsflüge zur ISS leisten, ist dabei, Dagon für den bemannten Flug weiterzuentwickeln. Bislang wassern Dragon-Frachter nach dem Wiedereintritt unbemannt.
Die neue Raumkapsel selbst wird nach dem Willen von SpaceX mit den Astronauten landen, und zwar an fast jedem beliebigen Ort, und danach für weitere Flüge verwendet werden können. Erreicht werden soll diese Flexibilität durch eine Abkehr von klassischen Landemodellen mit Fallschirmen oder einer Wasserung. Die V2 soll durch eigene Bremstriebwerke zu einem kontrollierten Abstieg befähigt werden. Diese Bremstriebwerke stellen ein Highlight des neuen Konzepts dar.
Die sogenannten Super Draco-Triebwerke, von denen die V2 je zwei paarweise angeordnete Einheiten besitzt, was eine Redundanz bei Ausfall ergibt, entwickeln einen Schub von über 71.100 Newton. Die Brennkammern der Triebwerke sollen im Direct-Metal-Laser-Sintering-Verfahren gefertigt werden.
Die Nutzung von 3D-Druck zum Aufbau von Komponenten und Produkten zur Verwendung im Raumfahrtbereich, darunter sowohl Nahrungsmittel als auch vitale Bauteile, erfährt bereits seit Längerem von verschiedener Seite eine angeregte Evaluierung. Das Verfahren könnte dafür sorgen, dass Platz im Raum, ergo Platz in der Nutzlast, als auch als Resultat hiervon bares Geld gespart wird. Der Einsatz von 3D-Druck zum Aufbau von Raketentriebwerken würde einen deutlichen Einschnitt in der Fertigung von Raumfahrtkomponenten markieren.
V2 soll mit ihren Brems- und Abstiegstriebwerken nahezu überall auf der Erde mit der Präzision eines Helikopters landen können. Zeigen sich während der Landung Fehlfunktionen oder Anomalien der Triebwerke, kann V2 auch mittels für den Notfall mitgeführter Fallschirme landen.
Ähnlich will SpaceX mit der Trägerrakete Trägerrakete Falcon 9 verfahren. Eine ihrer Stufen soll ebenfalls durch eigene Triebwerke gebremst zur Erde zurückkehren und wiederverwendet werden (Vertical-Takeoff-Vertical-Landing, VTVL). An diesem Konzept arbeitet SpaceX bereits seit gut zwei Jahren. So diente die experimentelle Konstruktion Grasshopper als Testumgebung zur Erprobung des kontrollierten Wiederabstiegs.
Die rund 34 Meter hohe Grasshopper besteht aus einem Tank und einem Raketentriebwerk und absolvierte zwischen September 2012 und März 2013 insgesamt drei Flüge, bei denen Aufstiegshöhe und Dauer beständig gesteigert wurden, von 1,8 Metern und drei Sekunden bis 80 Meter. Bei einem weiteren Flug einen Monat später wurden bereits 250 Meter Höhe erreicht. Ein Flug im August demonstrierte die Fähigkeit des Seitwärtsflugs. Bei einer Aufstiegshöhe von 250 und einem Seitwärtsflug von 100 Metern gelang die sichere Landung.
Aus dieser Entwicklung ging schließlich der Nachfolgetyp der bisherigen Falcon 9 von SpaceX hervor, deren erste Stufe nun Falcon 9 Reusable, kurz F9R genannt wird und nach einer Reihe von Tests im Rahmen normaler Satellitenstarts irgendwann rückkehrfähig sein soll. Die weiterentwickelte Version der Falcon 9 wird mit dem neuen Triebwerkstyp Merlin 1D bestückt, der Nachfolger der Merlin 1C erzeugt mehr Schub.
Die neun Triebwerke der verbesserten F9 sind zudem anders angeordnet: Statt in drei Reihen à drei Triebwerken bilden acht Merlin-1D-Triebwerke einen Kreis um ein neuntes. Außerdem ist die F9R größer, nimmt mehr Treibstoff auf und transportiert schwerere Nutzlasten. Zukünftige Versionen der F9 sollen mit schwenkbaren Flügeln ausgestattet werden, die die Rückkehrstufe präziser zum Landeplatz navigieren lassen sollen, ein von Marschflugkörpern bekanntes Konzept, ferner sollen die Füße, auf denen die Rakete startet und landet einziehbar ausgeführt werden.
Motiviert werden die innovativen Ansätze von SpaceX nicht zuletzt vom Wunsch nach Kostenreduktion, wie SpaceX-Chef Elon Musk bei der Vorstellung der V2 ausführte: „Solange wir weiterhin Raketen und Raumschiffe wegwerfen, werden wir nie echten Zugang zum Weltraum haben. Es wird immer unglaublich teuer sein.“
Die V2 soll erstmals 2016 fliegen. Wie das ausgemusterte Space Shuttle der NASA bietet die V2 Platz für sieben Raumfahrer. Sie soll autonom wie die heutigen Frachtschiffe oder bedarfsweise in manueller Steuerung an der ISS andocken. Die Bedienung der Bordfunktionen erfolgt über moderne Touchscreens auf den Panels über den Sitzen der Piloten, die das Schiff mittels einer Art Joystick steuern können. Vitale Funktionen sind allerdings auch weiterhin über physische Bedienelemente regulierbar.
Boeing fliegt zur ISS
Neben SpaceX arbeiten noch weitere Unternehmen an der Entwicklung bemannter Raumfahrzeuge, die sich vom klassischen Einweg-Raumschiff lösen. So entwickelt Boeing das Crew Space Transportation-100 alias CST-100. Dieses ebenfalls bis zu 10x wiederverwendbare Raumschiff soll zunächst auf der Atlas V der United Launch Alliance, später auch auf der Falcon 9 und der Delta IV starten und ebenfalls bis zu sieben Astronauten oder eine kleinere Crew und zusätzliche Nutzlast in eine niedrige Erdumlaufbahn transportieren.
Die schon seit Gemini-Tagen und auch bei SpaceX V2 praktizierte Trennung zwischen Crew- und Servicemodul kommt auch hier zum Zuge. Der Flug mit dem CST-100 könnte deutlich komfortabler als heutige Raketenstarts verlaufen. Die Astronauten, von denen vier im unteren Teil und drei eine Reihe darüber sitzen, sollen über durchgängiges drahtloses Internet, sowie moderne, tabletähnliche Bordcomputer verfügen und auf schockgedämpften Sitzen ähnlich wie bei Sojus-Kapseln die Landung erleben. Ebenfalls ähnlich zur Sojus ist das Raumangebot im etwa 4,5 Meter durchmessenden kegelförmigen Mannschaftsmodul nicht gerade üppig, ein Umstand, der jedoch angesichts des beim CST-100 höchst wahrscheinlich zum Einsatz kommenden schnellen Anflugpfad weniger ins Gewicht fallen dürfte.
Im Servicemodul, das wie das von Apollo (bei anderen Dimensionen) in eine Mittel- und sechs Außensektionen unterteilt ist, befinden sich die Treibstofftanks. Die vier RS-88 Triebwerke des Moduls sollen Bahnänderungen im Orbit erlauben und das Raumschiff im Falle eines Problems mit der Rakete nach dem Start aus dem Gefahrenbereich befördern, auf eine separate Rettungsrakete wird verzichtet.
CST-100 ist für eine autonome Flugdauer von bis zu 60 Stunden ausgelegt und soll bis zu 210 Tage angedockt an eine Raumstation verweilen können. Bei der Rückkehr wird CST-100 zunächst durch Fallschirme abgebremst, die Landung erfolgt auf ausgetrockneten Salzseen oder im Wasser und soll durch Airbags zusätzlich abgefedert werden. Somit kommt bei Boeings Konzept ein im Vergleich mit SpaceX ambitionierter V2 ein eher klassischer Rückkehrmodus zum Einsatz.
Traumschiff der Sterne
Ein weiteres derzeit in Entwicklung befindliches und im Rahmen des NASA Commercial Crew Programs finanziell gefördertes Raumfahrzeug ist der Dream Chaser, ein Raumgleiter für bis zu sieben Astronauten, dessen Entwicklung ursprünglich von SpaceDev begonnen worden ist, welche zwischenzeitlich von der Sierra Nevada Corporation übernommen wurde.
Dream Chaser soll eine Länge von neun und eine Spannweite von sieben Metern haben und auf einer modifizierten Atlas V starten. Die Entwicklung geht bis in die 80er Jahre zurück. Als Zubringer für die damals geplante US-Raumstation Freedom war ein sowjetischer Entwurf eines Raumgleiters von Anfang der 1980er Jahre (BOR) angedacht gewesen.
Erste erfolgreiche Triebwerkstests und die Erprobung der Gleitflugphase vor der Landung mit einem Modell des Raumschiffs im Maßstab 1:7 erfolgten bereits 2010. Von Mai-August 2013 erfolgten erste Rolltests mit einem Testgerät in Originalgröße im Dryden Flight Research Center. Bei einer Erprobung der Landefähigkeit, dem Abwurf des Geräts aus einem Helikopter mit anschließender Gleitflugphase schlitterte Dream Chaser jedoch nach dem Aufsetzen über die Landebahn, da das linke Fahrwerk nicht ausfuhr.
Für den 1. November 2016 ist ein erster eintägiger und unbemannter Testflug von Cape Canaveral, Florida geplant, der erste bemannte Test mit einem SNC- und einem NASA-Astronauten inkl. Kopplung mit der ISS soll 2017 stattfinden. Ähnlich wie das Space Shuttle landet Dream Chaser wie ein Flugzeug horizontal.
Das bemannte ATV
Seit einigen Jahren fliegt der unbemannte europäische Frachter ATV (Automated Transfer Vehicle) Versorgungsgüter und Treibstoff zur ISS. Der autonome Frachter, von dem bis jetzt vier Modelle die ISS anflogen, nähert sich der Station voll automatisch und dockt im Normalfall ohne Einsatz des Canadarm-Roboterarms der Station an. ATV, dessen letzte Ausführung in wenigen Tagen zur ISS aufbricht, transportiert bis zu 6,6 Tonnen Nutzlast und verfügt über eine unter Druck stehende Sektion im vorderen Teil des Frachtschiffs, die von den ISS-Astronauten in der Zeit seines Dockings gern als zusätzlicher Aufenthaltsraum genutzt wird.
ATV stellt ein Spitzenprodukt europäischer Raumfahrttechnik dar und wäre ohne Weiteres für die Weiterentwicklung zu einem für bemannte Flüge geeigneten Schiff in Frage gekommen, berichtet Volker Schmid, Leiter der Fachgruppe ISS beim DLR im Gespräch mit dem Technikbranchendienst golem.de . Technisch sei eine modulare Fortentwicklung für den bemannten Flug kein Problem. Die Überlegungen Mitte der 90er Jahre scheiterten jedoch am fehlenden Konsens der ESA-Mitglieder über die Finanzierung zur Errichtung einer zusätzlichen Startrampe am Startkomplex Kourou, sowie der hierfür nötigen Verbesserung der Zuverlässigkeit der Ariane-Trägerrakete.
In Anbetracht der heutigen Probleme, eine funktionale Alternative zum russischen Sojus zu bauen, und mit Blick auf die beispiellos erfolgreiche Karriere des ATV, dessen Performance auch bei der NASA auf wohlwollende Aufmerksamkeit stößt, erscheint diese Entscheidung der europäischen Raumfahrtnationen kurzsichtig und unüberlegt. Die Chance auf einen europäischen bemannten Zugang zum All, aufbauend auf einem funktionierenden Konzept und somit ohne exzessive Neuentwicklungsinvestitionen, wurde zugunsten bürokratischer Etatstreitigkeiten leichtfertig vergeben.
Aufwendig und gefährlich?
Etablierte Akteure im Raumfahrtsektor sehen den Versuch zur Einführung wiederverwendbarer Raumschiffe mit Skepsis. Zu unsicher, zu teuer, zu wenig Routine, bringt es Dan Dumbacher, ein ehemaliger hochrangiger NASA-Mitarbeiter auf den Punkt. Dabei hatte die NASA mit den Space Shuttles selbst das ausgedehnteste Raumfahrtprogramm mit wiederverwendbaren Orbitern.
Die ausufernden Kosten, die durch die aufwendigen Wartungsprozeduren und die Komplexität der Maschine mit über einer Million Einzelkomponenten verursacht wurden, sind hinlänglich bekannt: Statt dem ursprünglich projektierten Nutzlastpreis von 200$ pro kg fand man sich schließlich bei buchstäblich astronomischen 16.000$ je kg.
Das Konzept wiederverwendbarer Raumschiffe wurde jedoch auch abseits des Space Shuttles bereits seit den 60er Jahren verfolgt, etwa vom US-Luft- und Raumfahrtkonzern McDonnell Douglas. Mitte der 90er Jahre nahm man dort im Auftrag des US-Verteidigungsministeriums, sowie der NASA die Arbeit an wiederverwendbaren Raketen wieder auf und baute den Delta Clipper Experimental (DCX).
Diese verkleinerte Version einer einstufigen und wiederverwendbaren Rakete flog am 18. August 1993 zum ersten Mal und demonstrierte die Fähigkeit einer Rakete zum kontrollierten Start, Wiederabstieg und Landung in insgesamt acht Flügen bis 1995, der Längste dauerte rund zwei Minuten.
Nach 1995 übernahm die NASA die Entwicklung und führte mit dem weiterentwickelten Delta Clipper Experimental Advanced (DCXA) weitere vier Testflüge durch, bei denen das Fluggerät in eine Höhe von 3.100 Metern aufstieg. Nachdem der DCXA beim letzten Flug wegen eines nicht ausgefahrenen Standbeins nach der Landung umkippte, Feuer fing und verbrannte, stellte die NASA die weitere Entwicklung ein.
Die Idee des DCXA lebte weiter. Mitarbeiter und Knowhow gingen schließlich im privaten Raumfahrtunternehmen Blue Origin von Amazon-Gründer Jeff Bezos auf, das das Raumschiff New Shepard entwickelte, letztlich eine Weiterentwicklung des DCXA. Ein einziger erfolgreicher Testflug im Frühjahr 2011 zeigte, dass das Raumschiff fliegen konnte. Bei einem weiteren Test im August 2011 wurde der Prototyp allerdings zerstört.
Die NASA jedoch nahm von da an die bekannte kritische Position zu wiederverwendbaren Raumschiffen ein, die sich im Weiteren substanziell aus den Erfahrungen beim Betrieb des Space Shuttles speiste. Man hatte beabsichtigt die Triebwerke des Orbiters auf 55 Flügen einzusetzen, man habe die Feststoffbooster aus dem Meer gefischt, gereinigt und inspiziert. Das ganze sei unglaublich teuer gewesen und stünde in keinem sinnvollen Verhältnis zum Nutzen.
Hier kann auch getrost von einem aus der Not geborenen Vorgehen ausgegangen werden, waren doch die Komponenten der Shuttles zunehmend schwieriger zu beschaffen. Außerdem fehlte die Routine: Raketen starten im Vergleich zu Flugzeugen zu selten, um verlässliche Erkenntnisse über Wartungsintervalle und mögliche Fehlerquellen erlangen zu können. Zwei Totalverluste von Space Shuttles, bei denen insgesamt 14 Menschen ums Leben kamen, legen trauriges Zeugnis von falschen Annahmen ab. Zumindest eins der beiden Unglücke lässt sich mit der fehlenden Erfahrung mit den Eigenschaften der verwendeten Materialien in Zusammenhang bringen.
Die französische Raumfahrtagentur CNES bringt einen weiteren problematischen Aspekt ins Gespräch, die Effizienz. Wiederverwendbare Raumschiffe benötigten eine eigene Start- und Landevorrichtung, etwa Stahlfüße wie bei der V2, sowie womöglich eigene Bremstriebwerke, die wiederum Treibstoff benötigen, erläutert Christophe Bonnal von der CNES. Die somit erzeugte Gewichtszunahme führe wiederum zu einem um ca. 25-30% gestiegenen Treibstoffbedarf. Am Ende gehe diese Spirale auf Kosten der Nutzlast, die sich ohnehin schon im niedrigen einstelligen Prozentbereich des Gewichts des Raumfahrzeugs bewege.
Eine Machbarkeitsstudie von CNES und der russischen Raumfahrtagentur Roskosmos zu einer wiederverwendbaren Version der Ariane, bei der wiederverwendbare flüssigtreibstoffgespeiste Zusatzraketen statt Feststoffboostern verwendet werden sollten, scheint das Problem zu bestätigen. Anfangs seien die Booster Zylinder mit einem Triebwerk und kleinen Flügeln gewesen. Drei Jahre später seien daraus Gebilde von der Größe eines Airbus mit je vier Triebwerken geworden, so Bonnal.
Und auch er hegt weitere Sicherheitsbedenken: Um die Landung einer Abstiegsstufe zu ermöglichen, werde eine spezielle Infrastruktur am Boden benötigt, die an heutigen Startplätzen womöglich nur mit Schwierigkeiten realisiert werden könne. Er verweist hier beispielhaft auf den Startkomplex Kourou im französischen Überseedepartement Französisch-Guayana.
Letzterer Einwand ist schnell als latente Besorgnis etablierter kommerzieller Startanbieter um möglicherweise gefährdete Marktanteile zu erkennen. Die Neueinsteiger mit ihren innovativen Konzepten setzen ohnehin nur teilweise auf die Nutzung bestehender Infrastrukturen, vor allem beim Start und den verwendeten Raketen.
Wenn die Landung etwa auf konventionellen Rollfeldern erfolgen kann, oder ähnlich wie bei der Sojus weiterhin bestimmte zur Landung geeignete Bodenareale oder eine Wasserung zum Zuge kommen, kann daraus kein signifikantes Defizit des wiederverwendbaren Ansatzes gefolgert werden, schließlich ist mit keinem Wort gesagt, dass die Evolution der Trägersysteme die bisherige Geschäftsgrundlage heutiger Marktteilnehmer berücksichtigen muss.
Anders verhält es sich mit dem angeführten Nutzlastparadigma. Dass hier eine staatliche Agentur die Ökonomie als Argumentation ins Feld führt, überrascht zumindest etwas. Schließlich ist eben die angestrebte Kostenersparnis die Triebfeder der Newcomer.
Andererseits haben die etablierten Agenturen wie NASA und ESA einige Jahrzehnte mehr praktische Erfahrung sammeln können. Welche Position schlussendlich zutrifft und wie die Zukunft der bemannten Starts tatsächlich aussieht, wird wohl erst in ein paar Jahren der Blick auf die Bilanzen der verschiedenen Konsortien zeigen.