Kann man in der kosmischen Hintergrundstrahlung auch noch Spuren eines möglichen Voruniversums finden? Zwei bekannte Physiker und Mathematiker haben nach eigenen Angaben mögliche Beweise gefunden, dass es vor dem Big Bang bereits ein Universum gegeben hat.
Ein Beitrag von Hans J. Kemm. Quelle: physicsworld. Vertont von Peter Rittinger.
Es wird kaum aufzuzählen sein, in wievielen hitzigen Diskussionen Astronomen über die Frage debattiert haben: Wie ist unser jetzt sichtbares Universum entstanden? Vorläufig hat dann wohl die Urknall-Theorie das Rennen gemacht, denn ein Bestandteil dieser Theorie ist die klar erkennbare Ausdehnung des jetzigen Raumes; die von Fachleuten betitelte „Expansion des Universums“. Diese Expansion wurde 1927 von G. Lemaitre entdeckt. Diese Entdeckung verband er mit Sliphers Rotverschiebungen und Hubbles Distanzen und schloss daraus, dass das sichtbare Universum expandiert. Diese Betrachtungen führten schließlich zu der Annahme des Urknalls, da die Abstände zwischen den Galaxien in diesem Modell zu einem endlichen Zeitpunkt in der Vergangenheit verschwinden und dann ein Zustand unendlich hoher Dichte vorliegen musste.
Alle anderen Wissenschaftler haben bisher keine eindeutige Retrodiktion vortragen können. Aber Theorien haben ja nur solange Gültigkeit, bis sie von einer Neuen ersetzt werden.
Am 30. Juni 2001 startete auf einer Delta-II-7425-10-Trägerrakete die Raumsonde Wilkinson Microwave Anisotropy Probe (WMAP). Sie wurde eingesetzt zur Erforschung von Unregelmäßigkeiten in der kosmischen Hintergrundstrahlung; von dieser Strahlung wurde eine Karte erstellt. Bei der kosmischen Hintergrundstrahlung (Drei-Kelvin-Strahlung) handelt es sich um elektromagnetische Strahlung, die aus jedem Bereich des Himmels nachgewiesen werden kann. Sie liefert somit wichtige Informationen über das frühe Universum.
Bei den Auswertungen der WMAP-Daten dieses Echos des Urknalls haben die Astronomen herausgefunden, dass nicht alles so gleichförmig ist, wie ursprünglich angenommen. Es wurden kleinste Temperaturschwankungen festgestellt, die oft nur den Millionsten Bruchteil eines Grads ausmachen. Möglicherweise konnte das mit den Dichteunterschieden in Verbindung gebracht werden. Somit wäre an einer Stelle des Universums etwas mehr Materie vorhanden als an einer anderen Stelle. Außerdem zeichneten sich konzentrische Ringe mit explizit niedrigeren Temperaturen ab. Der Physiker und Kosmologe Roger Penrose und sein Kollege Vahe Gurzadyan sagen jetzt, dass diese Strukturen die Spuren von Zusammenstößen Schwarzer Löcher sind, noch in dem Universum, aus dem unser jetziger Kosmos im Urknall hervorgegangen ist. Würde diese Aussage stimmen, dann hätten wir einen Beleg dafür, dass wir vor den bisher apostrophierten Big Bang blicken könnten.
Um einen schlüssigen Beweis führen zu können, haben Gurzadyan und Penrose sämtliche Daten der BOOMERanG-Mission (Balloon Observations Of Millimetric Exragalactic Radiation and Geophysics Mission) ausgewertet. Diese Mission diente der Messung der Hintergrundstrahlung mittels eines Ballons. Die Messungen wurden 1998 gestartet und mit einen Parabolspiegel von 1,2 m Durchmesser aufgenommen. Der Detektor wurde auf 0,28 K gekühlt um Messwertschwankungen durch interne Wärmestrahlung so gering wie möglich zu halten. Während einer Messung kreiste der Ballon im Zeitraum von 10 Tagen um die Antarktis und nahm dabei 3% der Himmelssphäre auf. Tatsächlich zeigten sich in den BOOMERanG-Daten die Ringe an den gleichen Stellen wie in den WMAP-Daten. Um einen Instrumenten-Effekt der WMAP-Detektoren kann es sich also nicht handeln.
Das würde dann bedeuten, dass wir es nicht mit einem Beginn von Null an zu tun haben (Bild 1 in der Grafik) sondern mit einem zyklischen Universum (Bild 2 in der Grafik). Nach Meinung der beiden Wissenschaftler entsteht zyklisch aus einem alternden Universum durch einen neuen Urknall wieder ein neuer Kosmos. Bei den konzentrischen Ringen handelt es sich in diesem Modell um Überreste der Gravitationswellen, die beim Zusammenstoß supermassereicher Schwarzer Löcher in Galaxienhaufen im Vorgänger-Kosmos unseres Universums freigesetzt worden sind.
Und somit beginnt die Debatte erneut. Diese jetzt favorisierte zyklische Kosmologie ist bei vielen Wissenschaftlern umstritten. Es ist angebracht, nach weiteren Beweisen zu suchen, um diese neue Theorie zu bestätigen oder abzulehnen. Wichtig ist zu überdenken, ob alle bisher vorgetragenen physikalischen Gesetze über den Big Bang, wie die Anfangssingularität, die Zeitreihenfolge und die Expansion mit dieser neuen Theorie im Einklang sind. Falls es im Neustart eine Singularität gegeben hat, woher stammt dann die Information aus dem vorherigen Universum? Oder ist dieser neue Big Bang doch anders verlaufen? Fragen über Fragen; wird interessant werden, wenn neue Antworten kommen.
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