WMAPs Blick zurück

Die amerikanische Raumsonde WMAP hat durch Beobachtung von Fluktuationen der kosmischen Mikrowellen-Hintergrundstrahlung Informationen über den Zustand unseres Universum kurz nach dem Urknall gewonnen.

Autor: Andreas Kopp.

Die Raumsonde WMAP.
(Foto: NASA/WMAP Science Team)

Die WMAP-Mission
Im Jahr 1965 wurde die Kosmische Hintergrundstrahlung entdeckt. Dabei handelt es sich um eine überaus gleichmäßig verteilte Mikrowellenstrahlung, die als Nachwirkung des so genannten „Urknalls“ messbar ist. Anfang der 1990er Jahre wurden von der Raumsonde COBE (= „Cosmic Background Explorer“) jedoch winzige Unregelmäßigkeiten entdeckt, was natürlich die Neugier der Wissenschaftler weckte. Aus diesem Grund wurde am 30. Juni 2001 von der amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA die Raumsonde WMAP (= „Wilkinson Microwave Anisotropy Probe“) gestartet, die eine neue Karte der Kosmischen Hintergrundstrahlung mit einer Auflösung von 0,3 Bogengrad erstellen sollte. Die Sonde ist in der Lage, Temperaturunterschiede von nur 20 Millionstel Grad Kelvin zu registrieren!

Nach dem Start kreiste die Raumsonde zunächst einige Male um die Erde, bevor sie mit einem so genannten „Swing-by-Manöver“ die Schwerkraft des Mondes ausnutzte, um ihre Geschwindigkeit zu erhöhen und den Weg zu ihrer Beobachtungsposition anzutreten. Das Ziel der Reise war der in etwa 1,5 Millionen Kilometer Entfernung von der Erde gelegene Lagrange-Punkt L2, eine quasi-stabile Position in der Sonne entgegengesetzter Richtung. An dieser Position gleichen sich die Anziehungskräfte von Erde und Sonne aus, und WMAP ist die erste Raumsonde, die um diese Position in einem semi-stabilen Orbit kreist (d.h. es sind regelmäßige Korrekturmanöver erforderlich, um den Orbit um diesen Punkt zu halten). Durch die Positionierung der Raumsonde an diesem sonnenabgewandten Punkt blicken die Messinstrumente von WMAP ständig in die entgegengesetzte Richtung von Sonne, Erde und Mond, was einen kontinuierlichen, ungestörten Blick in den Weltraum garantiert.

Am 1. Oktober 2001 erreichte WMAP schließlich die geplante Beobachtungsposition und begann mit der Kartierung der Kosmischen Hintergrundstrahlung. Die Beobachtungszeit ist auf zwei Jahre veranschlagt, die Anfang 2003 veröffentlichte erste kosmische Himmelskarte von WMAP wurde quasi zur Halbzeit während eines einjährigen Umlaufs der Raumsonde um die Sonne aufgenommen. Die weiteren Beobachtungen werden es erlauben, diese Daten zu überprüfen und die Genauigkeit der Karte weiter zu verbessern.

Was ist an der Kosmischen Hintergrundstrahlung so interessant?
Die von WMAP gelieferten und Anfang Februar 2003 in Form einer kosmischen Himmelskarte präsentierten Daten stellen eine Aufnahme der Mikrowellenstrahlung dar, die rund 380.000 Jahre nach dem „Urknall“ – also der Entstehung unseres Universums – entstanden ist. Dabei handelt es sich um die erste Strahlung, die frei durch das entstehende Universum flutete: Noch weiter zurück in unsere Vergangenheit zu schauen wird niemals möglich sein, denn vorher war die kosmische Materie des jungen Weltalls derartig dicht gepackt, dass die vorhandene Strahlung ständig damit wechselwirkte.
 
Das Vorhandensein der Kosmischen Hintergrundstrahlung als Folge des Urknalls und der anschließenden Ausdehnung des Universums wurde bereits in den 1940er Jahren von Vertretern der „Urknall-Theorie“ vorhergesagt, und im Jahr 1965 gelang dann auch tatsächlich der Nachweis mit Hilfe von Radioteleskopen. Die Mikrowellenstrahlung mit einer Temperatur von gerade einmal 2,7°C über dem absoluten Nullpunkt ist an sich aufgrund ihres Vorhandenseins schon interessant genug, richtig spannend wird es allerdings dadurch, dass die Temperatur dieser Hintergrundstrahlung nicht überall exakt gleich ist: Erstmals zeigten sich auf den Aufnahmen des WMAP-Vorgängers COBE winzige, nur wenige Millionstel Grad Kelvin kleine Temperaturunterschiede, die jedoch von großer Bedeutung sind.
 
Mit diesen kaum messbaren Temperaturfluktuationen (oder auch „Anisotropien“ – daher der Name von WMAP) korrelieren erste Materieverdichtungen und -ausdünnungen, frühe Anzeichen späterer kosmischer Strukturen. So weisen Punkte mit etwas höheren Temperaturwerten auf Materieverdichtungen hin, die im Laufe der weiteren Entwicklung durch ihre geringfügig höhere Gravitation zunehmend mehr Materie in sich vereinigten und somit Keimzellen der späteren Sterne und Galaxien waren. Die Intensität dieser Fluktuationen ist darüber hinaus auch ein wichtiger Indikator, der Rückschlüsse auf die Zusammensetzung und Dichte der kosmischen Materie zuläßt – und damit gleichzeitig auch auf die weitere Entwicklung des Weltalls, denn von der kosmischen Materie- bzw. Energiedichte hängt es ab, ob sich das Universum in ferner Zukunft aufgrund der Gravitation wieder zusammenziehen oder aber bis in alle Ewigkeit ausdehnen wird.

Die wichtigsten Ergebnisse
„Wir haben das ‚frühkindliche‘ Universum perfekt fokussiert aufgenommen, und auf Basis dieser Aufnahme können wir nun das Universum mit unerreichter Genauigkeit beschreiben“, so der Projektleiter Dr. Charles Bennett vom Goddard Space Flight Center.

Die von WMAP gelieferte Karte der Kosmischen Hintergrundstrahlung ist um Größenordnungen genauer als die seines Vorgängers COBE.
(Grafik: NASA/WMAP Science Team)

Eine für Astronomen überraschende Schlussfolgerung aus den von WMAP gelieferten Daten ist die relativ geringe Zeit, die nach dem Urknall bis zum Aufleuchten der ersten Sterne in dem bis dahin sternenlosen, jungen Universum verging. Die Wissenschaftler mussten nach Auswertung der WMAP-Daten feststellen, dass die erste Sternengeneration schon viel früher als bisher angenommen das Dunkel des Weltalls erleuchtete, nämlich bereits rund 200 Millionen Jahre nach dem Urknall.

Auch zur Frage, wie hoch das Alter unseres Universums anzusiedeln sei, gibt es nun dank WMAP eine neue, von den Wissenschaftlern als sehr genau qualifizierte Angabe. Demnach kann man aus den in den letzten zwölf Monaten gesammelten Beobachtungsdaten ein Alter des Weltalls von 13,7 Milliarden Jahren ableiten. WMAP bestätigte weiterhin die letzten, auf Basis von ballon- und erdgestützten Experimenten gewonnenen Aussagen über die Geometrie des Universums: Wie leben in einem „flachen“, nicht-gekrümmten Universum – die alte Aussage aus der Schulmathematik, wonach sich zwei Parallelen nie schneiden, gilt demnach also nicht nur für Entfernungen unserer täglichen Lebenserfahrung, sondern auch über das gesamte Universum hinweg.
 
Und auch zur Frage, wie es in Zukunft mit der kosmischen Entwicklung weitergehen wird, glauben die an dieser Forschungsmission beteiligten Astronomen und Astrophysiker einen Beitrag liefern zu können: Demnach wird es wahrscheinlich bis in alle Ewigkeit expandieren, Anzeichen für eine zukünftige Kontraktion des Universums konnten aus den Beobachtungsdaten von WMAP nicht gewonnen werden. Eine weitere Aussage während der Ergebnispräsentation betraf die Zusammensetzung des Universums. Demnach legen die WMAP-Daten nahe, dass das Weltall nur zu rund 4 Prozent aus Atomen in Form aktiver, „regulärer“ kosmischer Objekte besteht, während sich 23 Prozent aus so genannter „Dunkler Materie“ und etwa Dreiviertel aus „Dunkler Energie“ zusammensetzen. Was genau es mit diesen Bezeichnungen auf sich hat, wie wir uns also die beiden wesentlichen Bestandteile des Kosmos vorzustellen haben, dass ist auch für Astronomen noch in vielerlei Hinsicht offen.
 
Die Mission WMAP ist für die beteiligten Wissenschaftler ein voller Erfolg gewesen, konnten doch dadurch bedeutende Indizien zur Beantwortung wichtiger Grundsatzfragen über den Charakter unseres Universums geliefert werden. Voraussichtlich im Jahr 2007 wird die europäische Raumsonde Planck starten und die Kosmische Mikrowellen-Hintergrundstrahlung mit noch einmal deutlich gesteigerter Empfindlichkeit beobachten. Sicherlich werden dadurch weitere Fragen über die Vergangenheit, aber auch die Zukunft des Weltalls beantwortet werden können – allen Antworten zum Trotz aber wird auch Planck wie jetzt WMAP Stoff genug für viele neue Fragen liefern…

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