Bilder aus dem Weltall

Die Überschrift mag einen weiteren Artikel über die faszinierenden Bilder des Hubble-Teleskops oder von ALMA der ESO nahelegen. Ganz im Gegenteil: Bilder spielen überhaupt keine Rolle. Es folgt ein Sprung 160 Jahre in die Vergangenheit.

Ein Beitrag von Christian Klempsmann. Quelle: privat.

Unzweifelhaft hat die Astronomie in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht. Die Entdeckungen und gänzlich neuen Ansätze, die das Hubble-Weltraumteleskop oder die bodengebundenen Teleskope des ESO (European Southern Observatory) und anderer Organisationen möglich gemacht haben, lassen sowohl Wissenschaftler als auch interessierten Laien einen anderen, tieferen Blick auf das Universum werfen.
Der Anblick der Sterne fasziniert den Menschen bereits seit Jahrtausenden und hat ihn angespornt, immer mehr über das Firmament und das Universum als Ganzes lernen zu wollen.

Aber wie weit sind wir dabei gekommen? Ein Vergleich anhand unserer Milchstraße macht den Fortschritt deutlich:

Nach heutigen Kenntnissen besteht die Milchstraße aus mindestens 100 Milliarden Sternen. Aber wie sah das vor 160 Jahren aus?

Privatarchiv
Titelblatt des Buches “Bilder aus dem Weltall” (1854)
(Bild: Privatarchiv)

Hier ein Auszug aus dem Buch „Bilder aus dem Weltall“ aus dem Jahre 1854:

„Wenden wir unseren Blick auf einen engeren Raum, auf die Milchstraße, in welcher sich an einer sternenleereren Stelle unser Sonnensystem bewegt, so steht soviel fest, daß die Milchstraße aus mehreren Ringen von Millionen Sonnen besteht, von denen man zwei Ringe recht wohl unterscheiden kann. Diese Ringe haben Verbindungsbrücken, hellere und dunklere Stellen und enthalten gegen 18 Millionen durch Fernröhre sichtbare Sonnen mit ihren natürlich unsichtbaren Planeten und Kometen.“
(Autor: Fr. Körner, Text ursprünglich erschienen in: Der praktische Schulmann. Archiv für Materialien zum Unterricht in der Real-, Bürger- und Volksschule. Leipzig 1852).
Auch bei der Größe der Milchstraße waren die Erkenntnisse vor 160 Jahren weit von dem entfernt, was wir heute wissen:

„Versucht man den Durchmesser des Milchstraßenringes zu berechnen, so erhält man mit Wahrscheinlichkeit die ungeheure Entfernung von 8000 Lichtjahren“. (Quelle: s.o.).

Heute glauben wir zu wissen, dass die Milchstraße einen Durchmesser von ungefähr 100.000 Lichtjahren hat. Das, was in den 1850ern noch mit hoher Wahrscheinlichkeit richtig war, ist aus heutiger Sicht weit von der Realität entfernt.

„[…] da unsere Sonne dem Mittelpunkt der Milchstraße nahesteht […]“(Quelle: s.o.): Ebenso eine überholte „Tatsache“, wie die Erkenntnisse davor.
Aber wir müssen nicht unbedingt soweit hinaus in die Tiefe des Weltalls schauen, um uns unsere Fortschritte im Bereich der Astronomie vor Augen zu führen. Wenden wir uns einmal unserem Nachbarn Mars zu.

Die Marsforschung hat in den letzten Jahren deutlich an Popularität dazu gewonnen, was letztlich auch an den Marsrover-Missionen wie Sojourner, Spirit und Opportunity sowie zuletzt Curiosity liegt. Die spektakulären Aufnahmen von der Marsoberfläche und die Ergebnisse der Bodenproben haben unseren Horizont deutlich erweitert. Dass früher Wasser in flüssiger Form auf dem Mars vorhanden und somit für typische Bodenerosionen verantwortlich war, kann zwischenzeitlich als gesichert angesehen werden. Auch in Zukunft werden wir vermutlich weitere neue Erkenntnisse über den Mars gewinnen.

Privatarchiv
Titelblatt des Buches “Das Sternenzelt” (1893)
(Bild: Privatarchiv)

Dabei waren die Marsforschungen gegen Ende des 19. Jahrhunderts als beinahe beendet angesehen worden:

„Nahezu zum Abschluß gebracht wurde die Marsforschung durch den schon erwähnten Schiaparelli, Direktor der Mailänder Sternware, der in den Jahren 1877 bis 1888 […] eine genaue Marskarte zeichnete […].“
(Quelle: Das Sternenzelt von Prof. Dr. Carl Titus, Verlag des Vereins der Bücherfreunde, Berlin 1893).
Nicht nur, dass der Mars sinnbildlich zu den Akten gelegt wurde; der Wissensstand, auf dem die Erforschung beendet sein sollte, ist aus unserer heutigen Sicht kaum nachvollziehbar. Wie oben erwähnt sind wir uns heute sicher, dass es auf dem Mars in der Vergangenheit flüssiges Wasser gegeben haben muss. Noch vor 120 Jahren war es eine Tatsache, dass es sich bei dunklen Flecken auf dem Mars um Meere handelt: „Und daß die Wassermassen, von der Erde aus gesehen, eine dunklere Färbung besitzen müssen, ist einleuchtend […]“
„Eigentümlich ist die Verteilung von Land und Wasser auf dem Mars gegenüber der Erde“. (Quelle: Das Sternenzelt, Seiten 222, 223). Dass es auf einem anderen Planten anders aussieht als auf der Erde, betrachten Forscher heute keineswegs mehr als eigentümlich.

Es ist nur ein kurzer Rückblick in eine Zeit, die gerade einmal 120 bzw. 160 Jahre her ist, aber er zeigt deutlich, wie sehr sich Tatsachen mit dem technischen Fortschritt verändern. Sicher dürfen wir gespannt sein, welche heutigen Tatsachen in der Zukunft widerlegt werden.

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