In den Vormittagsstunden des 15. Juli 2013 beginnt für die Raumsonde Cassini einen neuen Umlauf um den Planeten Saturn. Während der folgenden 21 Tage stehen erneut die Atmosphäre und das Ringsystem dieses Planeten im Fokus des wissenschaftlichen Interesses. Neben einen gesteuerten Titan-Vorbeiflug am 26. Juli soll zudem am 19. Juli auch unser Heimatplanet von der Saturnsonde abgebildet werden.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: CICLOPS, JPL, The Planetary Society.
Am 15. Juli 2013 wird die Raumsonde Cassini auf ihrer elliptischen Umlaufbahn um den Saturn um 8.15 Uhr MESZ erneut die Apoapsis, den Punkt ihrer größten Entfernung zum zweitgrößten Planeten innerhalb unseres Sonnensystems erreichen. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich die Raumsonde in einer Entfernung von rund 1,46 Millionen Kilometern zu der obersten Wolkenschicht des Saturn und beginnt damit zugleich ihren mittlerweile 196. Umlauf um den Ringplaneten. Aktuell weist die Flugbahn von Cassini eine Inklination von 56,7 Grad auf.
Für das aus einer Telekamera (NAC) und einer Weitwinkelkamera (WAC) bestehende ISS-Kameraexperiment, einem der 12 wissenschaftlichen Instrumenten an Bord von Cassini, sind während des 21 Tage andauernden Umlaufs – dieser trägt die Bezeichnung „Rev 195“ – insgesamt 36 Beobachtungskampagnen vorgesehen. Ein Großteil dieser Kampagnen wird erneut die Atmosphäre und das Ringsystem des Saturn zum Ziel haben. Den Höhepunkt dieses Umlaufs bildet jedoch ein am 26. Juli erfolgender gesteuerter Vorbeiflug an dem Mond Titan. Des weiteren sind für den 19. Juli Fotoaufnahmen des Ringsystems vorgesehen, auf denen auch unser Heimatplanet als kleiner blauer Punkt zu erkennen sein wird.
Während der ersten Tage des neuen Umlaufs wird die ISS-Kamera jedoch zunächst einmal im Rahmen mehrerer Beobachtungssequenzen die Atmosphären des Saturn und dessen größten Mondes, des 5.150 Kilometer durchmessenden Titan, abbilden. Mittels der dabei geplanten Aufnahmen, welche Bestandteil einer langfristig ausgelegten „Sturmbeobachtungskampagne“ sind, sollen erneut aktuelle Daten über das dortige Wettergeschehen gesammelt werden. Durch die Beobachtung von kleineren Sturmgebieten und markanten Wolkenformationen in den Atmosphären des Saturn und des Titan lassen sich zum Beispiel Aussagen über die dort gegenwärtig vorherrschenden Windrichtungen und Windgeschwindigkeiten tätigen.
Ringsystem und Erde im Gegenlicht der Sonne
Am 19. Juli steht schließlich eine ausgedehnte Beobachtung des Ringsystems des Saturn auf dem Arbeitsprogramm der Raumsonde. Cassini wird sich an diesem Tag für mehrere Stunden im Schatten des Saturn bewegen und soll diese Konstellation nutzen, um die verschiedene Bereiche des Ringsystems sowohl mit der NAC-Kamera als auch mit einem der Spektrometer, dem Visual and Infrared Mapping Spectrometer (VIMS), im Gegenlicht der Sonne abzubilden. Anhand solcher Aufnahmen können die an der Cassini-Mission beteiligten Wissenschaftler besonders gut die Dichte, die Struktur und die Zusammensetzung der einzelnen Saturnringe analysieren, welche in der Regel aus lediglich millimetergroßen Partikeln aus Eis und Staub bestehen. Auf zu früheren Zeitpunkten angefertigten Gegenlichtaufnahmen konnten die Wissenschaftler außerdem zuvor nicht bekannte Ringe entdecken.
Die am 19. Juli anzufertigenden Einzelbilder wollen die an der Mission beteiligten Wissenschaftler anschließend zu einer Mosaikaufnahme zusammensetzen. Auf diesem Mosaik wird dann zusätzlich auch unser Heimatplanet als ein kleiner, unscheinbarer blauer Punkt zu erkennen sein (Raumfahrer.net berichtete). Obwohl die Erde auf diesen Aufnahmen bestenfalls mehrere Pixel groß erscheinen wird dürften diese Aufnahmen ein spektakuläres Bild ergeben, welches neben seiner wissenschaftlichen Bedeutung auch über einen hohen ästhetischen Wert verfügt.
Anlässlich der geplanten Fotoaufnahmen durch Cassini werden für diesen Tag derzeit von Amateurastronomen weltweit verschiedene „Saturn-Beobachtungsabende“ vorbereitet. Weitere Informationen zu dieser „Wave at Saturn“-Kampagne finden Sie in englischer Sprache auf den entsprechenden Internetseiten des JPL oder bei den Astronomers without Borders. Und vielleicht ist ja auch in Ihrer Nähe für dieses Abend eine entsprechende Veranstaltung von einer Volkssternwarte oder einem astronomischen Verein geplant.
Weitere Saturnbeobachtungen durch Cassini
Auch in den folgenden Tagen wird die ISS-Kamera im Zusammenarbeit mit dem VIMS und einem weiterem Spektrometer, dem Ultraviolet Imaging Spectrometer (UVIS), mehrfach den Saturn abbilden. Jeder dieser Scans wird typischerweise bis zu 12 Stunden andauern. Neben der Dokumentation der Südpolregion des Ringplaneten – hierbei soll nach Anzeichen für dort auftretende Polarlichter gesucht werden – wird dabei auch die nördliche Saturnhemisphäre in das Blickfeld der Instrumente geraten. Das primäre Ziel dieser Aufnahmen besteht in der Abbildung des direkt über dem Nordpol gelegenen Nordpol-Hexagons.
Am 23. Juli wird Cassini um 7.40 MESZ die Periapsis, den Punkt der größten Annäherung an den Saturn während dieses Orbits Nummer 196, erreichen und den Planeten dabei in einer Entfernung von 867.010 Kilometern passieren.
Vorbeiflug am Titan
Drei Tage nach dem Passieren der Periapsis wird die Raumsonde Cassini schließlich am 26. Juli 2013 zum 94. mal den Saturnmond Titan im Rahmen eines zielgesteuerten Vorbeifluges passieren. Im Rahmen dieses als „T-93“ bezeichneten Vorbeifluges wird die Raumsonde die Oberfläche des Titan mit einer Geschwindigkeit von 5,8 Kilometern pro Sekunde in einer Höhe von 1.400 Kilometern überfliegen.
Während der Annäherungsphase an den Titan wird ein weiteres Instrument, das Composite Infrared Spectrometer (CIRS), dazu genutzt werden, um diverse Scans auf der Nachtseite des Titan durchzuführen. Das Ziel der Messungen besteht darin, die zu diesem Zeitpunkt in der Stratosphäre der Titanatmosphäre vorherrschenden Temperaturen zu ermitteln. Zusätzlich sollen hierbei durch Abtastungen, welche im mittleren und fernen Infrarotbereich erfolgen, die Verteilung von Aerosolen und verschiedener chemischer Verbindungen in den oberen Schichten der Titanatmosphäre bestimmt werden.
Im Anschluss an diese Messungen wird die ISS-Kamera Teilbereiche der Nordpolregion des Titan und von dessen nördlichen Hemisphäre abbilden und ein aus sieben Einzelaufnahmen bestehendes Mosaik erstellen. Diese Aufnahmen sollen diverse Details über die dort befindlichen Seen aus Kohlenwasserstoffverbindungen enthüllen, eine immer noch existierende größere Datenlücke in den bisherigen Titanaufnahmen der ISS-Kamera schließen und zudem hochaufgelöste Aufnahmen des Impaktbeckens Menrva liefern, welches sich bei etwa 25 Grad nördlicher Breite befindet.
Während der Phase der dichtesten Annäherung an den Titan wird schließlich das VIMS-Instrument von Cassini für etwa zwei Stunden die wissenschaftlichen Arbeiten der Raumsonde dominieren und dabei diverse Abbildungen der Oberfläche dieses Mondes erstellen. Neben verschiedenen Kohlenwasserstoffseen werden dabei auch ausgedehnte Dünenfelder in den Aufnahmebereich des VIMS-Spektrometers geraten. Durch den Abgleich mit früheren Beobachtungsresultaten sollen eventuell erfolgte Veränderungen auf der Titanoberfläche untersucht werden. Nach dem Passieren des Titan wird dann die ISS-Kamera weitere Aufnahmen anfertigen, mit denen in erste Linie eventuell zu diesem Zeitpunkt vorhandene Wolkenstrukturen in dessen Atmosphäre abgebildet werden sollen.
Für die folgenden Tagen sind dann erneut mehrere Saturnbeobachtungen vorgesehen, bei denen neben der ISS-Kamera auch erneut das UVIS-Spektrometer zum Einsatz kommen wird. Eine zusätzliche Beobachtungssequenz wird am 30. Juli den Titan zum Ziel haben, wobei aus einer Distanz von 1,44 Millionen Kilometern dessen Atmosphäre beobachtet werden soll.
Am 31. Juli wird sich die ISS-Kamera schließlich auf den kleinen, äußeren Saturnmond Paaliaq richten. Außer den Daten von dessen Umlaufbahn um den Saturn und seinem Durchmesser von rund 22 Kilometern ist über diesen Mond bisher nur sehr wenig bekannt. Die ISS-Kamera soll Paaliaq an diesem Tag über einen Zeitraum von mehreren Stunden aus einer Distanz von rund 10,7 Millionen Kilometern wiederholt abbilden. Frühere Beobachtungen mit der Raumsonde Cassini führten zu dem Ergebnis, dass die Rotationsperiode dieses erst im Jahr 2000 entdeckten Mondes zwischen 19 und 20,5 Stunden beträgt. Anhand der Variationen in der sich bei dieser Beobachtungssequenz ergebenden Lichtkurve und einem Abgleich mit vorherigen Beobachtungen sollen die Helligkeitsvariationen auf dessen Oberfläche und die sich daraus ergebende Rotationsperiode jetzt noch weiter eingegrenzt werden.
Am 5. August 2013 wird die Raumsonde Cassini schließlich um 18.38 MESZ in einer Entfernung von rund 2,1 Millionen Kilometern zum Saturn erneut die Apoapsis ihrer Umlaufbahn erreichen und damit auch diesen 196. Umlauf um den Ringplaneten beenden. Für den damit beginnenden Orbit Nummer 197 sind erneut diverse Beobachtungen des Ringsystems und der Atmosphäre des Saturn sowie verschiedener Saturnmonde vorgesehen.
Die Mission Cassini-Huygens ist ein Gemeinschaftsprojekt der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA, der europäischen Weltraumagentur ESA und der italienischen Weltraumagentur ASI. Das Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien, eine Abteilung des California Institute of Technology (Caltech), leitet die Mission im Auftrag des Direktorats für wissenschaftliche Missionen der NASA in Washington, DC. Nach dem derzeitigen Planungsstand soll Cassini den Saturn noch bis zum Jahr 2017 erkunden und am 15. September 2017 aufgrund des dann nahezu komplett aufgebrauchten Treibstoffvorrates kontrolliert in der Atmosphäre des Ringplaneten zum Absturz gebracht werden.
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