Das Magnetfeld des Planeten Merkur

Eine neue Studie kommt zu dem Ergebnis, dass das ungewöhnlich schwach ausfallende Magnetfeld des Planeten Merkur durch einen Rückkopplungsprozess mit dem Sonnenwind beeinflusst und dabei abgeschwächt wird.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: Max-Planck-Gesellschaft, Science. Vertont von Peter Rittinger.

JHU/APL
Die eingehende Untersuchung des Merkur-Magnetfeldes war nicht nur während der gegenwärtigen Phase der Mission, welche in einem Merkurorbit abläuft, sondern bereits während der drei zuvor erfolgten Merkur-Flybys eines der Hauptforschungsziele der Messenger-Mission.
(Bild: JHU/APL)

Der Merkur, der sonnennächste und mit einem Durchmesser von rund 4.880 Kilometern zugleich der kleinste der acht Planeten unseres Sonnensystems, gleicht von seinem äußeren Erscheinungsbild her eher dem irdischen Mond als unserem Heimatplaneten. Allerdings bestehen auch deutlich erkennbare Übereinstimmungen mit der Erde. So verfügt auch der Merkur im Gegensatz zu den beiden weiteren terrestrischen Planeten in unserem Sonnensystem, der Venus und dem Mars, wie auch die Erde über ein globales und somit den gesamten Planeten umfassendes Magnetfeld. Dieses den Merkur umgebende Magnetfeld fällt allerdings deutlich schwächer aus als das Magnetfeld unseres Heimatplaneten.

Planetare Magnetfelder werden durch konvektive Strömungen in den heißen, flüssigen Metallkernen der terrestrischen Planeten erzeugt. Die in den Jahren 1974 und 1975 durchgeführten Messungen der von der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA betriebenen Planetensonde Mariner 10 haben gezeigt, dass auch der Merkur über ein solches Magnetfeld und somit auch über einen flüssigen Kern verfügt.

Nach den aktuellen Standardmodellen der Planetenforschung sollte der Dynamoeffekt im flüssigen Kern des Merkur ähnliche Feldstärken erzeugen wie bei der Erde. Merkurs Magnetfeld fällt allerdings laut der aktuellen Messungen des ebenfalls von der NASA betriebenen Merkurorbiters Messenger, welcher sich seit dem 18. März 2011 in einem Merkurorbit befindet (Raumfahrer.net berichtete), etwa 150-mal schwächer aus als das Magnetfeld der Erde.

Wissenschaftler der Technischen Universität Braunschweig sowie des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung in Katlenburg-Lindau haben jetzt eine Erklärung für diesen ungewöhnlichen Vorgang gefunden, welche am gestrigen Donnerstag in der Fachzeitschrift „Science“ publiziert wurde. Demnach soll der vom Zentralgestirn unseres Sonnensystems ausgehende Sonnenwind dem inneren Dynamoprozess des Merkurs aktiv entgegenwirken und dabei dessen Magnetfeld abschwächen. Mit einer mittleren Entfernung von lediglich etwa 58 Millionen Kilometern, dies entspricht rund einem Drittel des Abstandes der Erde zu unserem Zentralgestirn, ist Merkur diesem Partikelstrom aus geladenen Teilchen besonders stark ausgesetzt.

NASA, JHU/APL
Seit dem Einschwenken in den Merkurorbit hat Messenger rund 70.000 Bilder der Planetenoberfläche angefertigt. Die hier gezeigte Aufnahme zeigt den 77 Kilometer durchmessenden Dickens-Krater. Die am 30. Mai 2011 angefertigte Aufnahme erreicht eine Auflösung von bis zu 211 Metern pro Pixel.
(Bild: NASA, JHU/APL)

„Wir müssen uns klarmachen, dass Merkur mit dem ihn umgebenden Sonnenwind eine enge Wechselwirkung eingeht“, so Daniel Heyner, der Erstautor der publizierten Studie und Doktorand an der „International Max Planck Research School“ in Katlenburg-Lindau. Dieser Effekt führt zu starken elektrischen Strömen in der Magnetosphäre des Merkur. Die Magnetfelder dieser Ströme aus geladenen Teilchen würden dabei dem inneren Dynamoprozess entgegenwirken. Die von dem Team um Daniel Heyner erstellten Computermodelle zeigen, dass ein auf diese Weise rückgekoppelter Dynamo in der Praxis tatsächlich möglich ist.

„Derartige Simulationen des Dynamoprozesses sind die einzige Möglichkeit, gewissermaßen in den Eisenkern [des Merkur] hineinzuschauen und Vorhersagen zur Stärke und Struktur des Magnetfelds zu treffen“, so Johannes Wicht vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung, der mit seinem Modell wesentlich zu den Ergebnissen der kürzlich publizierten Studie beigetragen hat. Die Ergebnisse der Simulation zeigen eindeutig, dass die Rückkopplung letztlich zu dem schwachen Magnetfeld führt. „Der Dynamoprozess im Merkurinnern wird durch die Wechselwirkung fast im Keim erstickt“, ergänzt Karl-Heinz Glaßmeier von der TU Braunschweig.

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