Das Thema Sicherheit an Bord der ISS

Die Sicherheit in der Station, Weltraumschrott, etliche Forschungprojekte, Umbau- und Wartungsaufgaben prägten den Arbeitsplan der sechs Besatzungsmitglieder in den letzten Tagen.

Ein Beitrag von Ralf Möllenbeck. Quelle: NASA, RN. Vertont von Peter Rittinger.

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Fjodor Jurtschichin, Shannon Walker und Doug Wheelock üben die Notbeatmung im ISS Mock-up Trainer
(Bild: NASA)

Nach Ankunft der drei Neuankömmlinge konnte die Besatzung der ISS etwas Freizeit genießen und ihren Schlafrhythmus wieder dem normalen Stationsablauf anpassen. Fjodor Jurtschichin, Shannon Walker und Doug Wheelock verbringen zwei Wochen täglich eine Stunde damit, sich an das Leben im All zu gewöhnen und mit der Station vertraut zu werden. In dieser Zeit sind sie von den normalen Stationsaufgaben entbunden.

Die erste gemeinsame Woche der Langzeitbesatzung 24 startete wie üblich mit der zweistündigen Sicherheitseinweisung der Mannschaft. Kommandant Alexander Skworzow ging mit der Besatzung die Verfahren und Fluchtwege im Notfall durch. Er hatte dabei die Unterstützung eines Fachmanns am Boden. Weiterhin wurden die Rollen bei einem Unfall zwischen alten und neuen Besatzungsmitgliedern besprochen, die auch in den Bodentrainings geübt wurden.

Sicherheit ist von primärer Bedeutung an Bord. Dabei werden zehn Kategorien unterschieden, für die es extra Regeln und Abläufe gibt und auf welche während der Einweisung eingegangen wird. Zu Beginn haben wir für die vier Gefahrengebiete (Druckverlust, Feuer, Ammoniak-Austritt und der Austritt anderer toxischer Stoffe) die Notfallhandlungen, die Ausrüstung und individuelle Aufgaben mit Verantwortungen der Mannschaft. Weitere Kategorien sind Dockingvorgänge, die Evakuierungs-Raumschiffe, Status der Lebenserhaltungssysteme, Computer, Kommunikation, medizinische Ausrüstung & Bestimmungen, Stauraum, Gefahren bei Weltraumausstiegen (scharfe Ränder, Vorsprünge, Temperaturen) und der gegenwärtige Hardware-Status.

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Tracy Caldwell-Dyson arbeitet an der MSG (Microgravity Science Glovebox) in Columbus
(Bild: NASA)

Duog Wheelock machte sich, unterstützt von Shannon Walker, mit dem „Crew Medical Restraint System“ in seiner Funktion als medizinischer Offizier an Bord vertraut. Dies ist eine Vorrichtung, auf der Patienten für Behandlungen, Defibrillationen und andere Notfälle in der Schwerelosigkeit befestigt werden können. Das CMRS kann in zwei Minuten an der ISS-Struktur befestigt werden und dient auch als Transportmittel von Patienten zwischen Station und Shuttle.

Zum Thema Sicherheit passt auch eine Meldung vom Abend des 20. Juni. Nachdem sich an diesem Tage schon drei Teile Weltraumschrott der Station genähert hatten, wurden die Flugkontrolleure von einer neuen Kollisionswarnung überrascht. Die Zeit der größten Annäherung von Objekt 81.875 (Herkunft unbekannt) war um 20:38 Uhr MESZ und ein Ausweichen der ISS wäre in der Kürze der Zeit nicht möglich gewesen. Es wurde erwogen, die Besatzungen zur Sicherheit in ihre Sojus-Raumschiffe zu schicken. Nach einer eingehenden Prüfung und Beobachtung des Objektes wurde Entwarnung von der Bodenstation gegeben.

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Koichi Wakata (Expedition 20) mit dem IM Mass measurement Devise
(Bild: NASA)

Die Betreuung der Experimente und etliche Forschungsaufgaben wurden fortgesetzt. So zum Beispiel machte ISS-Kommandant Alexander Skworzow 30 Minuten lang Fotos für das russische Ozean-Beobachtungsprogramm SEINER, Tracy Caldwell-Dyson betreute das CSLM-2-Experiment zur Erforschung von Fest-Flüssig-Mischungen für die Herstellung von Metalllegierungen auf der Erde im europäischen Raumlabor Columbus. Weiterhin begann sie mit der dritten Reihe des Experimentes zur Untersuchung der Sauerstoffaufnahme des Menschen während Langzeitaufenthalten im Weltall, während sich Michael Kornijenko in russischen Segment mit RUSALKA beschäftigte, einem Experiment zur Ermittlung des Methan- und Kohlendioxidgehaltes der Erde aus der Ferne. Fjodor Jurtschichin arbeitete an dem laufenden Experiment PILOT-M, welches die Fähigkeit eines Besatzungsmitgliedes, unter Stress im All ein Raumfahrzeug zu steuern, untersucht.

Die sechs Besatzungsmitglieder nahmen zum Wochenanfang an der routinemäßigen Messung der Körpermasse in der Schwerelosigkeit teil. Um Körpermasse bei Null g zu bestimmen, wo Dinge schwerelos aber nicht masselos sind, misst eine spezielle russische Vorrichtung die Trägheitskräfte, die während der Schwingungsbewegung einer Masse entstehen. Den Zeitabschnitt jeder Schwingung der unbekannten Masse (Besatzungsmitglied) messend und es mit der Periode einer bekannten Masse vergleichend, wird die Masse des Besatzungsmitgliedes durch den Computer berechnet und angezeigt. Flugingenieur Michail Kornijenko baute die „IM Mass measurement Devise“ genannte Vorrichtung im Swesda-Modul auf und demontierte sie nach Abschluss der Messreihe.

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Naoko Yamazaki während STS 131 mit WORF im MPLM Leonardo
(Bild: NASA)

In der Mitte der Woche begannen Douglas Wheelock und Shannon Walker mit dem Einbau von WORF (Windows Orbital Research Facility), einer kastenartigen Vorrichtung zur Erdbeobachtung durch das erdzugewandte 20-Zoll-Fenster von Destiny. Sie verbrachten 6,5 Stunden damit, die von STS 131 gelieferte Forschungseinrichtung zu installieren. In WORF können diverse Kameras und multispektrale Scanner befestigt werden, wobei gleichzeitig Strom- und Datenverbindungen zur Verfügung stehen. Es wurde so entworfen, dass schnelle Änderungen der Ausrüstung durch die Mannschaft erfolgen können. Die Vorrichtung bietet Haltemöglichkeiten für 35-mm- und 70-mm-Kameras, Camcorder, etliche andere Geräte und schirmt diese vor Lichteinflüssen aus dem Inneren der Station ab. Gestern wurde noch ein Laptop an WORF installiert und eine Überprüfung der Funktionen via S-Band erfolgte durch die Bodenstation der NASA.

Da sich die Umlaufbahn der ISS zur Zeit ständig im Sonnenlicht (High Solar Beta Angle) befindet, wird es Beschränkungen bei der Stromerzeugung aus thermischen Gründen geben. Zu diesem Zweck wurde der Backbord Solarzellenausleger durch die Drehvorrichtung (SARJ) in einen anderen Winkel zur Sonne gestellt. Die dadurch verringerte Energieerzeugung erfordert ein sorgfältig geplantes Energie-Management durch die ISS-Partner innerhalb ihres zugewiesenen Energieniveaus. Es gibt einen vereinbarten „Powerdown“-Plan für Bordsysteme, welcher am 23. Juni in Kraft trat und am 29. Juni enden wird. Besondere Anlässe wie die Überprüfung der Triebwerke von Sojus-TMA 19, das Umsetzen von Sojus-TMA 19 und die Ankunft von Progress-M 06M können zusätzliche Energie-Planungen erfordern.

Weiter wurde der amerikanische Anteil Fracht aus Sojus-TMA 19 entladen, die russischen Besatzungsmitglieder testeten das TORU-Andockkontrollsystem im Swesda-Modul für das Umsetzen von Sojus-TMA 19, es wurden einige private medizinische Konferenzen mit der Bodenstation abgehalten, die Station wurde gereinigt und das tägliche zweistündige Training wurde absolviert.

Mittlere Bahnhöhe der ISS am 24.06.2010:353,2 km bei einem Höhenverlust von 35 Metern in den letzten 24 Stunden

Zukünftige Ereignisse:

  • 28. Juni, Umsetzen Sojus-TMA 19 von Swesda nach Rasswjet (Walker, Wheelock, Jurtschichin)
  • 30. Juni, Start von Progress-M 06M
  • 02. Juli, Ankunft von Progress-M 06M

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