Eine am heutigen Tag von der Europäischen Südsternwarte veröffentlichte Aufnahme zeigt den offenen Sternhaufen NGC 3293. Die dort konzentrierten Sterne haben sich erst vor etwa zehn Millionen Jahren gebildet. Offene Sternhaufen stellen für Astronomen ein Feldlabor zur Überprüfung der Sternentstehungstheorien dar.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: ESO.
Einige der in unserer Heimatgalaxie befindlichen Sterne sind mit einem Alter von über 13 Milliarden Jahren nur wenige hundert Millionen Jahre jünger als das Universum, dessen Alter von den Astronomen auf etwa 13,8 Milliarden Jahre geschätzt wird. Mit einem Alter von ‚lediglich‘ rund 4,6 Milliarden Jahren handelt es sich bei dem Zentralgestirn unseres Sonnensystems somit um einen noch verhältnismäßig jungen Stern, welcher gerade einmal die mittlere Phase seines Lebens erreicht hat. Andere Sterne der Milchstraße verfügen jedoch über ein noch deutlich geringeres Alter von lediglich wenigen Millionen Jahren.
Diese Sterne haben sich – in astronomischen Zeiträumen betrachtet – erst vor kurzer Zeit in sogenannten Sternentstehungsgebieten entwickelt. Aus so einer H-II-Region geht in der Regel jedoch nicht nur ein einzelner, isolierter Stern hervor. Vielmehr reicht die Anzahl der sich zeitgleich in einem H-II-Gebiet bildenden Sterne von einigen Dutzend bis hin zu mehreren Tausend Sternen, welche nach dem Abschluss der Sternentstehungsphase in dieser Region des Weltalls zunächst einen offenen Sternhaufen bilden.
Der offene Sternhaufen NGC 3293
Bei einem der mehr als 1.000 offenen Sternhaufen, die den Astronomen derzeit in unserer Heimatgalaxie bekannt sind, handelt es sich um den im Sternbild Carina (zu deutsch „Schiffskiel“) gelegenen Haufen NGC 3293. Entdeckt wurde NGC 3293 bereits im Jahr 1751 von dem französischen Astronomen Nicolas Louis de Lacaille. Bei einer Ausdehnung von sechs Bogenminuten erreicht der rund 8.000 Lichtjahre von unserem Sonnensystem entfernt gelegenen Sternhaufen eine scheinbare Helligkeit von 4,7 mag und kann somit als einer der hellsten Sternhaufen des südlichen Himmels unter guten Beobachtungsbedingungen bereits mit dem bloßem Auge betrachtet werden.
Eine am heutigen Tag von der Europäischen Südsternwarte (ESO) veröffentlichte Aufnahme zeigt diesen Sternhaufen in seiner ganzen Pracht. Die Sterne von NGC 3293 konzentrieren sich dabei vor einem Hintergrund aus Wolken leuchtenden Gases und ‚Schneisen‘ von interstellarem Staub. Die Aufnahme wurde mit dem Wide Field Imager (WFI) des MPG/ESO-2,2-Meter-Teleskops am La Silla-Observatorium der ESO in den nordchilenischen Anden angefertigt. Der hohe Anteil an sehr hellen und bläulich leuchtenden jungen Sternen, der auf diesem Foto zu erkennen ist, ist in offenen Sternhaufen wie NGC 3293 üblich.
Trotz einiger Hinweise, welche darauf hindeuten, dass im Bereich von NGC 3293 auch in der Gegenwart noch eine aktive Sternentstehung stattfinden könnte, gehen die Astronomen davon aus, dass die meisten – wenn nicht sogar alle – der rund fünfzig Sterne in diesem Sternhaufen in etwa zur gleichen Zeit entstanden sind. Das Alter von NGC 3293 wird dabei mit rund zehn Millionen Jahren angegeben.
Offene Sternhaufen – Ein Feldlabor zur Überprüfung der Sternentstehungstheorien
Offene Sternhaufen stellen aufgrund der Art und Weise ihrer Entstehung – alle Sterne bildeten sich ursprünglich zur selben Zeit aus der gleichen Materiewolke, weshalb sie auch über die gleiche chemischen Zusammensetzung verfügen – perfekte Beobachtungsziele für Astronomen dar, um die verschiedenen Theorien zur Entstehung und Entwicklung von Sternen zu überprüfen. Obwohl diese Sterne in etwa gleich alt sind, scheinen sie sich zum Beispiel in unterschiedlichen Phasen ihres Daseins zu befinden. Einige der Mitglieder von NGC 3293 erscheinen deutlich älter als die meisten ihrer ‚Geschwister‘. Hierdurch erhalten die Astronomen die Möglichkeit, zu untersuchen wie und warum Sterne sich mit unterschiedlicher Geschwindigkeit entwickeln.
Ein entscheidender Faktor für das Tempo der Weiterentwicklung von Sternen ist die Ausgangsmasse, über welche ein Stern bei seiner ‚Geburt‘ verfügt. Je höher diese Masse ausfällt, desto schneller wird in der Folgezeit in dessen Innerem durch den Kernfusionsprozess Wasserstoff in Helium umgewandelt und desto schneller geht dieses Material dann letztendlich auch zur Neige. Dies hat wiederum zur Folge, dass massereiche Sterne das Ende ihres Daseins bereits erreichen, während zeitgleich entstandene masseärmere Sterne sich immer noch in der Hauptreihenphase – dem Zeitraum der langen, stabilen, mittleren Periode im Leben eines Sterns – befinden.
Ein gutes Beispiel hierfür ist der helle orangefarbene Stern unten rechts in dem Sternhaufen. Hierbei handelt es sich um einen Roten Riesen, der zu den massereichsten und leuchtkräftigsten Sternen des Haufens gehört. Als der Stern nach nur wenigen Jahrmillionen den für die Kernfusion notwendigen Brennstoff in seinem Inneren aufgebraucht hatte, veränderte sich auch seine interne Dynamik. Er begann sich abzukühlen und blähte sich zu dem Roten Riesen auf, als der er heute zu beobachten ist. Einige seiner ‚Schwestersterne‘ befinden sich dagegen immer noch in der Vor-Hauptreihenphase. Auf der ESO-Aufnahme erkennt man diese Sterne als hell leuchtende Objekte vor einem rötlichen und staubigen Hintergrund.
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