Die amerikanische Raumstation Skylab

Die erste amerikanische Raumstation lieferte trotz anfänglicher Probleme noch viele wertvolle Erkenntnisse für Raumfahrt und Wissenschaft.

Autor: Michael Stein.

Die Raumstation Skylab im Erdorbit.
(Foto: NASA)

Einleitung
Am 4. Januar 1970 gab die NASA die Streichung von Apollo 20 aus finanziellen Gründen bekannt. Gleichzeitig wurde verkündet, dass die für diese Mission vorgesehene Saturn V-Rakete im Jahr 1972 die erste amerikanische Raumstation in eine Umlaufbahn um die Erde transportieren sollte. Tatsächlich ist es nicht nur bei der Streichung von Apollo 20 geblieben, und der Start der auf den Namen Skylab getauften Raumstation erfolgte dann im Mai 1973 fünf Monate nach dem letzten Flug zum Mond von Apollo 17.
 
Die USA verfolgten mit Skylab hauptsächlich zwei Ziele: Zum einen sollte die Station den Nachweis erbringen, dass Menschen auch über längere Zeiträume im Weltall leben und arbeiten können; zum anderen sollte Skylab der Sonnenforschung dienen, und zu diesem Zweck war die Station mit einem Sonnenobservatorium ausgestattet.
 
Aufbau der Station
Skylab bestand im Wesentlichen aus einer umgebauten dritten Saturn V-Raketenstufe. Der umgebaute Raketentank bildete das Rückrat der Station, den so genannten Workshop. Die Ausmaße dieses zylindrischen Lebens- und Arbeitsbereiches waren mit einer Länge von 14,6 Meter und einem Durchmesser von 6,7 Meter beeindruckend. (Zum Vergleich: Das amerikanische Labormodul Destiny der Internationalen Raumstation (ISS) ist 8,5 Meter lang und hat einen Durchmesser von 4,3 Meter.) Der Workshop war durch eine Gitterebene in einen Wohn- und einen Arbeitsbereich unterteilt. Der Wohnbereich – „unter“ dem sich noch Stauräume für feste und flüssige Abfälle befanden – bot hygienische Einrichtungen sowie Gelegenheiten zum Schlafen, Essen und Ausruhen für die Besatzung. Im „oberen“ Arbeitsbereich befanden sich Wassertanks, Kühlschränke, Vorratsbehälter für Filme sowie verschiedene wissenschaftliche Experimente. An der Außenseite des Workshops waren zwei Solarpaneele sowie Steuerdüsen für kleinere Lagekontrollmanöver angebracht.

Hitzeschäden an der Außenhaut von Skylab aufgrund des fehlenden Meteoriten- und Wärmeschutzschildes.
(Foto: NASA)

Unmittelbar an den Workshop schloss sich eine Luftschleuse an, die von den Skylab-Besatzungen für Außeneinsätze genutzt wurde und auch die zentralen Lebenserhaltungs- und Kommunikationssysteme beherbergte. Das dann folgende Andockmodul schließlich diente zur Verbindung der Raumstation mit den Apollo-Kommandokapseln, die für die Flüge von und zur Raumstation genutzt wurden. Es beherbergte zwei Andockstutzen, von denen einer im rechten Winkel zur Längsachse der Station angebracht und für Notfälle vorgesehen war. Hier befanden sich auch die Kontrollgeräte für die Sonnen- und Erdbeobachtung sowie für Materialexperimente. An dem Andockmodul war in einem rechten Winkel das Sonnenobservatorium von Skylab montiert, das zur Energieversorgung mit vier eigenen Solarpaneelen ausgestattet war. Die Aufnahmen des Observatoriums wurden auf Filmkassetten gebannt, die im Rahmen von Außeneinsatzen regelmäßig durch die Skylab-Besatzungen ausgetauscht wurden. Innerhalb der Raumstation gab es 13 Sprechstellen, von denen aus sich die Besatzungsmitglieder sowohl untereinander als auch mit der Bodenstation unterhalten konnten. Immerhin war Skylab so groß, dass die Besatzungsmitglieder der Station sich aufgrund der Stationsgröße und wegen des geringen Luftdrucks, der eine schlechte Schalleitfähigkeit zur Folge hatte, ohne dieses Kommunikationssystem nur schwer über größere Abstände hinweg unterhalten konnten.
 
Verlauf der Mission
Der Beginn der Mission stand unter keinem guten Stern. Eine Minute nach dem Start am 14. Mai 1973 – übrigens gleichzeitig der letzte Start einer Saturn V-Rakete – löste sich aufgrund von Vibrationen ein Mikrometeoritenschild und riss dabei eines von zwei Solarpaneelen mit sich und beschädigte das andere. Nach Erreichen des ca. 435 Kilometer hohen Orbits öffnete sich das beschädigte Solarpaneel nur teilweise, und da das herabgerissene Meteoritenschild gleichzeitig auch als Hitzeschild fungierte, begann die Station sich dramatisch aufzuheizen. Der eigentlich für den nächsten Tag geplante Start der ersten Skylab-Besatzung wurde um zehn Tage verschoben, um die Station in einen sicheren Zustand bringen und die genauen Schäden feststellen zu können. Um eine Überhitzung zu vermeiden wurde die Raumstation so gedreht, dass die direkte Sonneneinstrahlung auf den Workshop reduziert, gleichzeitig aber mit Hilfe der Solarzellen des Sonnenobservatoriums immer noch ausreichend Energie für die Kontrolle der Station produziert wurde – dennoch heizte sich das Stationsinnere auf über 50° C auf!

Schematische Darstellung der Struktur von Skylab.
(Grafik: NASA)

Die erste Besatzung startete am 25. Mai 1973, und nach der Ankunft bei Skylab konnten Charles Conrad (der dritte Mann auf dem Mond), Paul Weitz und Joseph Kerwin sehen, dass das verbleibende Solarpaneel am Workshop tatsächlich durch ein Teil des beim Start weggerissenen Meteoritenschildes am vollständigen Ausfahren gehindert wurde. In einem ersten Reparaturversuch versiegelten die drei Astronauten ihre Raumanzüge, öffneten die Luke ihrer Apollo-Kommandokapsel, und schließlich lehnte sich Pilot Paul Weitz aus der Luke – an den Füßen von Joseph Kerwin festgehalten – und versuchte mit einem drei Meter langen Stab, das Bruchstück aus dem Solarpaneel zu entfernen. Dieser erste Versuch hatte keinen Erfolg, vielmehr musste Kommandant Charles Conrad ständig manövrieren, um einen Zusammenstoß der Kommandokapsel mit Skylab aufgrund der durch Weitz erzeugten Bewegungen zu vermeiden.
 
Am nächsten Tag betraten die Astronauten die Station und setzten sie in Gang. Eine der ersten Aufgaben war die Ausbringung eines „Sonnenschirms“ durch eine kleine Schleuse, mit der Materialproben im Rahmen von Experimenten nach Außen befördert werden konnten. Dort entfaltete sich die trapezförmige Folie, so dass die Temperatur im Inneren der Station schnell sank. Nach dieser Aktion konnte die Bodenstation Skylab wieder mehr in Richtung Sonne drehen, wodurch die Energieproduktion der Solarpaneele auf ein Niveau anstieg, das den Betrieb der Station endgültig ermöglichte. Am 7. Juni entfernten zwei Besatzungsmitglieder während des ersten Außeneinsatzes von Skylab aus das Bruchstück des Meteoritenschildes aus dem teilweise geöffneten Solarpaneel am Workshop, woraufhin sich dieses vollständig entfaltete und die Energieproduktion von 4.000 auf 7.000 Watt anstieg. Die erste Crew blieb 28 Tage an Bord von Skylab und überbot damit den bis dahin von Soyuz 9 mit 18 Tagen gehaltenen Rekord des längsten Aufenthalts im Weltall deutlich. Bis zur Abreise am 22. Juni 1973 machten sie mehr als 25.000 Aufnahmen von der Sonne und über 7.500 Erdaufnahmen, daneben führten sie viele weitere Experimente durch.

Blick durch den so genannten „Workshop“ in Richtung der Abfalltanks. (Foto: NASA)

Die zweite Skylab-Besatzung bestand aus den Astronauten Alan Bean, Jack Lousma und Owen Garriott und startete am 28. Juli 1973, gut einen Monat nach Rückkehr ihrer Vorgänger. Während der Annäherung an die Raumstation fielen zwei von vier Steuertriebwerkseinheiten der Apollo-Kommandoeinheit aus, so dass die NASA kurzzeitig schon den vorzeitigen Abbruch der Mission und sogar den Heimflug der drei Astronauten in einem für Notfälle bereitstehenden Rettungsraumschiff in Erwägung zog. Dabei handelte es sich um eine umgebaute Apollo-Kapsel, die mit zwei Mann Besatzung gestartet wäre und Platz für die Aufnahme von drei weiteren Astronauten für die Rückkehr zur Erde bot. Da die beiden anderen Triebwerkseinheiten jedoch problemlos funktionierten, wurde die Mission schließlich fortgesetzt. Die drei Astronauten installierten neun Tage nach ihrer Ankunft einen weiteren Sonnenschutz und führten eine Vielzahl von medizinischen und anderen Experimenten, Erd- und Sonnenbeobachtungen durch. Das geplante wissenschaftliche Arbeitspensum wurde weit übertroffen. Nach 59 Tagen flogen sie zurück zur Erde.
 
Das dritte Team war die letzte Besatzung von Skylab. Es startete am 16. November 1973 zur Raumstation und setzte sich aus Gerald Carr, William Pogue und Edward Gibson zusammen, die alle drei vorher noch nie im All waren. Aufgrund der guten Erfahrungen mit den ersten beiden Skylab-Missionen wurde ihre geplante Einsatzdauer schon vor dem Start auf 84 Tage verlängert, so dass die drei Astronauten bis zum 8. Februar 1974 an Bord der Station blieben. Sie machten unter anderem Aufnahmen des Kometen Kohoutek, der am 28. Dezember 1973 den Punkt der größten Sonnennähe erreichte. Auch diese Mission verlief problemlos und sehr erfolgreich.
 
Insgesamt verbrachten die drei Skylab-Mannschaften über 171 Tage im Orbit und waren bei zehn Außeneinsätzen über 41 Stunden beschäftigt. Während ihrer Einsätze wurden insgesamt mehr als 182.000 Sonnenaufnahmen und über 40.000 Erdaufnahmen gemacht und hunderte von Experimenten durchgeführt; die wissenschaftliche Ausbeute von Skylab war enorm.
 
Nachdem die letzte Crew die Station verlassen hatte wurden noch verschiedene Tests mit der Station durchgeführt, mit denen die Ursachen aufgetretener Fehler ermittelt und Alterungserscheinungen aufgrund der extremen Bedingungen im Weltall untersucht werden sollten. Danach wurde Skylab in eine stabile Lage gebracht und abgeschaltet. Man ging davon aus, dass die Raumstation noch acht bis zehn Jahre im Orbit bleiben würde. Aufgrund erhöhter Sonnenaktivität verkürzte sich dieser Zeitraum allerdings deutlich, bis Skylab schließlich am 11. Juli 1979 unkontrolliert in die Erdatmosphäre eintauchte und verglühte. Einzelne Trümmer der Station gingen im Indischen Ozean sowie in einem dünn besiedelten Teil West-Australiens nieder.
 

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