Die Atmosphären von Exoplaneten – Teil 1

1995 wurde der erste Exoplanet zweifelsfrei nachgewiesen. Zwar hatte man schon vorher drei Planeten eines Pulsars ermittelt, aber die Messungen von Michel Mayor und Didier Queloz ergaben als erste einen Planeten, der einen Stern ähnlich der Sonne umkreist (51 Pegasi b). Damit waren die Astronomen und Astrophysiker in die Welt der Exoplaneten vorgestoßen, und aus dieser Entdeckung entwickelte sich recht schnell ein wichtiges Forschungsgebiet der Astronomie.

Ein Beitrag von Hans Lammersen. Quelle: ESA, Autor.

David A. Aguilar/Harvard Smithsonian Center for Astrophysics
Zukünftige Sonden werden die Atmosphären von Exoplaneten und ihren Monden untersuchen.
(Bild: David A. Aguilar/Harvard Smithsonian Center for Astrophysics)

Inzwischen sind über 800 Exoplaneten bekannt und die Raumsonde Kepler hat noch über 2.700 Kandidaten detektiert (Stand: 27.02.2013). Die Entdeckung von Exoplaneten hat den Reiz des Neuen weitgehend eingebüßt. Mediale Aufmerksamkeit wird nur noch Entdeckungen geschenkt, bei denen die Vermutung im Raum steht, es handele sich um einen Gesteinsplaneten, weil damit implizit die Frage nach der Existenz von Leben verbunden ist.

Mit immer genaueren Messmöglichkeiten geht es nun darum, die Massengrenze der Planeten, die man entdeckt, nach unten zu drücken und natürlich auch darum, sie auf ihr Potenzial für Leben zu überprüfen. Während man am Anfang der Erforschung fremder Sonnensysteme aufgrund der Messmethoden nur große Planeten finden konnte, entdeckt man nun auch kleinere und solche, die in habitablen Zonen ihre Sterne umkreisen, also in Entfernungen vom Muttergestirn, welche die Existenz flüssigen Wassers erlauben, was als notwendige Voraussetzung für Leben gilt. Die Zeit ist also reif für den nächsten Schritt in diesem Gebiet und der heißt: Erforschung der planetaren Atmosphären, um etwas über die klimatischen Bedingungen auf Exoplaneten zu erfahren. Erst wenn in dieser Richtung Daten gesammelt werden, kann man in einem weiteren Schritt versuchen, Aussagen darüber zu machen, ob Leben auf diesen Planeten möglich ist.

Die Wissenschaftler setzen dabei ihre Hoffnungen u.a. auf zwei zukünftige Sonden, die mit Hilfe spektroskopischer Messungen über einen längeren Zeitraum hinweg Daten zur Chemie und Dynamik exoplanetarer Atmosphären sammeln sollen. Es handelt sich dabei um die ESA-Sonde EchO und die US-amerikanische Sonde FINESSE.

Beide Sonden bedienen sich der Transitmethode, um mehr über die exoplanetaren Atmosphären herauszufinden. Liegt die Bahnebene eines Exoplaneten genau in unserer Blickrichtung, dann kommt es zu Sternbedeckungen durch den Planeten, wenn dieser vor seinem Stern herzieht (primäre Bedeckung) oder zu Bedeckungen des Planeten, wenn er hinter seinem Stern herzieht (sekundäre Bedeckung). Dementsprechend wird die Gesamtlichtmenge, die man beobachten kann, abgesenkt. Die Absenkung kann gemessen werden, wobei der Effekt bei der primären Bedeckung stärker auftritt.

In beiden Fällen, also sowohl bei der primären als auch bei der sekundären Bedeckung, lassen sich auf spektroskopischem Wege weiter gehende Erkenntnisse gewinnen, z.B. bezüglich der Gashüllen der Exoplaneten. Wird der Stern durch einen Planeten bedeckt, durchquert seine Strahlung die planetare Atmosphäre. Es kommt zur Absorption, die je nach Wellenlänge verschiedene Stärken haben kann. Untersuchungen der Spektren zu diesem Zeitpunkt können Erkenntnisse über die Temperatur, die chemische Zusammensetzung und die Häufigkeiten der Elemente zutage fördern. Zieht der Planet hinter seinem Stern her, so ist für diesen Zeitraum nur das Sternenspektrum sichtbar. Zieht man dieses vom Gesamtspektrum des Systems ab, bleibt das Planetenspektrum übrig, welches dann genauer analysiert werden kann. Nachfolgend sollen beide Projekte nach dem derzeitigen Informationsstand vorgestellt werden.

EChO


(Bild: ESA)

Die Abkürzung EChO steht für Exoplanet Characterisation Observatory. Die Sonde ist der Erforschung exoplanetarer Atmosphären gewidmet, wobei die Frage nach der Möglichkeit von Leben im Mittelpunkt steht.
Zur Erforschung der exoplanetaren Atmosphären sollen auf der Sonde hochauflösende, spektroskopische Instrumente installiert werden, die ihre Beobachtungen in einer großen Breite von Wellenlängen absolvieren können. Dabei geht es um die atmosphärische Zusammensetzung, die Temperatur und den Albedo einer repräsentativen Auswahl bereits bekannter und bestätigter Exoplaneten. Die exemplarischen Planeten sind so ausgewählt, dass Sterne verschiedener Spektralklassen (F, G, K und M) berücksichtigt werden, ebenso wie Planeten in Zonen weit entfernt und nah zu ihren Muttersternen sowie in habitablen Zonen. Außerdem sind die Instrumente in der Lage die Atmosphären von Planeten bis hinunter zum Durchmesser von etwa 1,5 Erdradien zu messen.

Weiterhin soll die Mission dabei helfen, Modelle der inneren Strukturen dieser Exoplaneten zu erstellen um unser Verständnis der Bildung und Entwicklung von Planeten zu vertiefen. Die Sonde wird also keine Massenbeobachtung durchführen, wie die Kepler-Sonde, sondern ausgewählte, bereits bekannte Exoplaneten genauer untersuchen. Die Instrumente sitzen auf einer stabilen Plattform, die lang andauernde Aufnahmen ermöglicht. Die Instrumente können passiv heruntergekühlt werden, enthalten nur wenige bewegliche Teile, so dass die Messungen über einen langen Zeitraum ohne weitergehende technische Probleme ablaufen können.

Sie wird am Lagrange-Punkt 2 platziert, etwa 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt auf der sonnenfernen Seite der Erde. Der Start der Sonde ist für einen Zeitraum zwischen 2020 und 2022 vorgesehen.

Die mit Hilfe der Sonde zu beantwortenden Grundfragen sind:

  • Unter welchen Bedingungen bilden sich Planeten und wie bildet sich Leben heraus?
  • Sind Systeme wie unser Sonnensystem selten oder üblich im Universum?

Die wissenschaftlichen Ziele der Mission im Einzelnen

ESA
Die ESA-Sonde EChO
(Bild: ESA)
  • Die Mission soll die klimatischen Bedingungen in den exoplanetaren Atmosphären messen. Die klimatischen Bedingungen von Planeten hängen ab von der Zusammensetzung der Atmosphäre, der Albedo und der Spektralklasse des Muttersterns. Daher soll die Sonde die Zusammensetzungen der exoplanetaren Atmosphären, ihre Temperatur und Albedo messen bzw. analysieren. Dabei werden u.a. die folgenden Bestandteile der planetaren Atmosphären gemessen: Wasser, Kohlenmonoxid, Kohlendioxid, Methan, Ammoniak, Helium, Kalium, Ozon, Wasserstoff und verschiedene weitere Kohlenwasserstoffe. Weiterhin erfolgen Messungen der Reflexionsrate des Planeten im Zusammenhang mit der Temperatur im infraroten Bereich, weil dadurch der Prozess der Verteilung der Energie in der planetaren Atmosphäre besser verstanden werden kann. Kennt man den Albedo-Wert, können daraus auch Rückschlüsse auf die Gegenwart von Kondenswasser und Dunst in der Atmosphäre gezogen werden.
  • Ein weiteres Ziel ist die Messung der räumlichen und zeitlichen Variabilität der thermischen und chemischen Struktur von jupiterähnlichen Planeten und Super-Erden entlang der Längengrade. Dies ist wichtig, um die Temperaturverteilung in den Atmosphären zu verstehen, insbesondere bei Exoplaneten, die ihren Muttersternen so nah stehen, dass sie ihnen immer die gleiche Seite zuwenden. Dadurch kommt es zu einer sehr inhomogenen Temperaturverteilung, da große Unterschiede zwischen der Tag- und der Nachtseite vorliegen. Würde es mit den Instrumenten der Sonde EChO gelingen, die Helligkeitsunterschiede der planetaren Atmosphären entlang der Längenkreise zu messen bzw. Karten dazu zu erstellen, wäre dies ein bedeutender Fortschritt hin zu einem Verständnis der atmosphärischen Dynamik.
  • Weiterhin sollen natürlich auch die Muttersterne der Exoplaneten genau beobachtet und analysiert werden, da sie die wichtige Enegiequelle für die Planeten und ihre Atmosphären sind. Außerdem kann die genaue Untersuchung des Muttersterns dabei helfen, Interpretationsfehler bei den Planetendaten auszuschließen.
  • EChO wird ebenfalls Aussagen über das Planeteninnere zulassen. Die genaue Analyse der planetaren Atmosphären ermöglicht Rückschlüsse auf ihre innere Struktur.
  • Aus den Messungen EChO´s lassen sich natürlich auch neue Erkenntnisse zur Bildung von Planetensystemen gewinnen bis hin zur Struktur der protoplanetaren Scheiben.
  • Mit EChO können die Wissenschaftler weiterhin nach Exomonden Ausschau halten. Dabei geht man davon aus, dass die Instrumente der Sonde noch Körper bis hinab zu 0,33 Erdradien detektieren kann. So können auch diese, erst kürzlich in den Fokus gerückten Mitglieder von Planetensystemen genauer untersucht werden.
  • Auch kann man mit der Sonde nach Biosignaturen in planetaren Atmosphären von sogenannten Super-Erden suchen. Die Anwesenheit von Leben auf einem Planeten verändert die atmosphärische Zusammensetzung, was durch die Analyse der Atmosphären festgestellt werden kann.

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