Die letzten gemeinsamen Tage auf der ISS

Die Langzeitbesatzung 27 neigt sich ihrem Ende entgegen. Die Tage vor der Abreise von Sojus-TMA 20 könnten in der Station nochmals sehr ereignisreich werden, wenn die Endeavour am 16. Mai zu ihrer letzten Mission starten kann. (Newsbild: Catherine Coleman arbeitet am Kobairo-Rack in Kibo)

Ein Beitrag von Ralf Möllenbeck. Quelle: NASA, Raumfahrer.net. Vertont von Peter Rittinger.

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Alexander Samokutjajew arbeitet am Bioemulsion-Experiment
(Bild: NASA)

Nach einem ruhigen Wochenende mit verminderten Arbeitsaufgaben begannen die Bewohner der ISS ihre 8. Woche der Langzeitbesatzung 27. Die russischen Besatzungsmitglieder Alexander Samokutjajew und Andreij Borisjenko betreuten das Bioemulsion-Experiment im Docking- und Schleusenmodul Pirs. Dabei werden in einem Handschuhkasten (Glovebox) die Biomasse von Mikroorganismen und biologisch aktiven Substanzen ermittelt. Wissenschaftler erhoffen sich von den Ergebnissen, auf der Erde schnellere Technologien zu entwickeln, um Mikroorganismen-Biomasse und biologisch aktive Substanzen zu erhalten. Dabei geht es darum, hocheffiziente umweltmäßig reine Bakterien, Enzyme und medizinische/pharmazeutische Vorbereitungen zu schaffen.

Im Vorfeld ihrer Rückkehr zur Erde mit Sojus-TMA 20 begannen Dmitri Kondratjew, Paolo Nespoli und Catherine Coleman sich darauf vorzubereiten. Dafür verpackten sie Fracht und Gegenstände, welche in der Rückkehreinheit transportiert werden sollen. Das beinhaltete 13 amerikanische und rund 60 russische Artikel. Die Rückkehr ist für den 24. Mai mit der Landung um 04:26 Uhr MESZ geplant. Kurz vor der Nachtruhe, verbrachte Kommandant Dmitri Kondratjew etwas Zeit mit dem russischen SONOCARD-Experiment, dass physiologische Funktionen eines Besatzungsmitgliedes während des Schlafes ohne direkten Kontakt auf der Haut registriert. Für seine 13. Experiment-Sitzung legte er ein Sporthemd mit entsprechenden Sensoren und eine Gerätetasche zur Erfassung der Daten an. Diese werden auf der Erde ausgewertet und könnten als Basis dienen, die Anpassungsfähigkeit des menschlichen Körpers bei Langzeitflügen zu bewerten und vorauszusagen.

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Catherine Coleman bei Arbeiten in Leonardo
(Bild: NASA)

In der Wochenmitte verbrachte Andreij Borisjenko annähernd fünf Stunden mit Wartungsarbeiten der Rauchmelder im Sarja-Modul. Die zehn zum russischen SPOPT (Feuermelde- und Löschsystem) gehörenden Sensoren IDZ-2 wurden demontiert, gereinigt und wieder eingebaut. Weiterhin prüfte er benachbarte Bereiche der Sensoren und reinigte die Einlassöffnungen mit antibakteriellen Tüchern. Ebenso betreute er das laufende Experiment TEKh-22 Identifikatsija im Rasswjet-Modul. Dabei werden strukturelle Daten der Station durch einen Mikrobeschleunigungssensor gemessen, auf einem Laptop erfasst und zur Bodenstation übermittelt. Das stillgelegte Laufband TVIS im russischen Swesda-Modul bleibt weiterhin außer Funktion. Die Fachleute am Boden analysieren weiter die aufgezeichneten Geräuschdaten, eine größere Inspektion könnte nötig werden. Probleme gab es außerdem mit TOCA (Total Organic Carbon Analyzer), einem Gerät zur Prüfung der Reinheit des Wassers der Wasser-Recycling-Anlage (WPA) im amerikanischen Stationsteil.

Um sich körperlich auf die Rückkehr in die Erdschwere vorzubereiten, hatte Dmitri Kondratjew in dieser Woche seine zweite Trainingseinheit mit der Tschibis-Anzughose. Hier wirkt ein Unterdruck auf den unteren Teil des Körpers, um bei den Beinmuskeln die Wirkung der Schwerkraft zu simulieren. Dabei nutzte er, von Alexander Samokutjajew als medizinischer Offizier der ISS überwacht, das amerikanische Laufband T2/Colbert. Ronald Garan, Paolo Nespoli und Catherine Coleman befassten sich etliche Stunden mit Transfer und Verpackungsarbeiten. Es wurde im Leonardo-Modul aufgeräumt und zwei nicht mehr benötigte RFTAs (Recycle Filter Tank Assemblies) im ATV 2 verstaut. Dort angekommen, wurden etliche temporär in JoKe gestaute und nicht mehr benötigte Sachen verpackt und in dem Frachter entsprechend festgezurrt.

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MERLIN-Unit beim Transport im Shuttle zur ISS
(Bild: NASA)

In der zweiten Wochenhälfte sammelten Catherine Coleman und Ronald Garan biologische Proben für die Lagerung in einem Gefrierschrank, welcher Teil des Human Research Facility Racks in Columbus ist. Zwei Stunden ihrer Arbeitszeit verwendete Catherine Coleman im Destiny-Modul für den Umbau der MERLIN-2-Gerätschaft (Microgravity Experiment Research Locker/Incubator 2) vom Express-Rack 8 in das Express-Rack 6. Zuvor installierte sie eine Kamera zur Videodokumentation der Tätigkeiten. Sie versetzte dann die Hardware, verband diese mit entsprechenden Verkabelungen, installierte Sensoren plus Antikondensationsbeutel und konfigurierte die Schalter von MERLIN. Später am Tag prüfte sie den Status des Gerätes und fertigte einige Fotos zur Dokumentation an. MERLIN ist einer von mehreren Gefrierschränken auf der ISS. Neben den Gefriereinheiten MELFI (Minus Eighty-degree Laboratory Freezer for ISS) und GLACIER (General Laboratory Active Cryogenic ISS Experiment Refrigerator) können in MERLIN biologische Proben bei verschiedenen Temperaturen aufbewahrt werden.

Zusätzlich zu den Vorbereitungen auf ihre Abreise verbrachte Catherine Coleman etwas Zeit mit dem Bildungsexperiment „Kids in Micro-g“. In dieser Sitzung führte sie eine Auftriebs-Demonstration durch, welche von Schülern der Gate of Heaven School in Dallas entworfen wurde. Paolo Nespoli zeichnete die Ergebnisse per Videodokumentation auf. Ronald Garan begann währenddessen mit der Umsetzung des Major Constituent Analyzer Data and Control Assembly vom Tranquility-Modul in das Destiny-Labor. Dieses Gerät ist ein Massenspektrometer-System, dass die Stationsatmosphäre auf schädliche Verseuchungen analysiert.

Mittlere Bahnhöhe der ISS am 14.05.2011: 344,7 km bei einem Höhenverlust von 131 Metern in den letzten 24 Stunden

Zukünftige Ereignisse:

  • 16. Mai, Test der Triebwerke von Sojus-TMA 20
  • 18. Mai, geplante Ankunft der Endeavour an der ISS
  • 24. Mai, geplante Abreise von Sojus-TMA 20
  • 30. Mai, geplante Abreise der Endeavour von der ISS
  • 02. Juni, Bahnanhebung durch ATV-2

Raumcon:

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