18 Millionen Quadratkilometer – noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen waren die Ausmaße des Ozonlochs über dem Südpol im Dezember so groß. Trotz Sommerbeginn in der Antarktis blieb der Wechsel von Westwind auf Ostwind lange aus. Ein Wetterphänomen im Pazifik könnte dazu beitragen. Eine Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).
Quelle: DLR.
Das Ozonloch über der Antarktis war Anfang Dezember so groß wie noch nie zu dieser Zeit. Es nahm eine Fläche von etwa 18 Millionen Quadratkilometern ein. Damit überragte es die Landfläche der gesamten Antarktis (etwa 14 Millionen Quadratkilometer) erheblich. Es handelt sich um das extremste Ausmaß für diese Jahreszeit in den letzten 41 Jahren. Seitdem erfassen die Atmosphärenforscher im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) die Daten. Eigentlich sollte das Ozonloch über der Südhalbkugel im Dezember schon so gut wie verschwunden sein. Denn in der Antarktis beginnt der Sommer: Mit dem Sonnenschein am Polartag ändern sich normalerweise die Druck- und Windverhältnisse, die das Ozonloch spätestens Anfang November in sich zusammenfallen lassen.
Aber nicht in diesem Jahr, wie die Wissenschaftler im Deutschen Fernerkundungsdatenzentrum (DFD) des DLR festgestellt haben. Die Ausprägung des Ozonlochs über dem Südpol wird durch einen polaren Wirbel bestimmt, der vom Boden aus 50 Kilometer hoch in die Stratosphäre reicht. „Man kann sich diesen Wirbel als ein großes Tiefdruckgebiet in der Stratosphäre vorstellen“, erklärt Lisa Küchelbacher vom DFD. „Ein sehr starker Westwind am Rand des polaren Wirbels verhindert in der Kälte der Polarnacht größtenteils den Luftmassenaustausch zwischen Äquator und Pol.“ Wenn im Frühling am Südpol langsam die Sonne aufgeht und Energie liefert, beginnt der Ozonabbau im polaren Wirbel durch eine chemische Reaktion. Mit zunehmender Wärme lässt der Westwind nach. Letztlich kehren sich die Windverhältnisse um und das Ozonloch wird kleiner. „Die Umstellung von West- auf Ostwindsystem hat erst sehr spät stattgefunden“, sagt Lisa Küchelbacher. „Möglicherweise lag dies an der diesmal ungewöhnlich starken Ausbildung des polaren Wirbels auf der Südhalbkugel.“
Planetare Wellen zu schwach
Die Ursache dafür ist wiederum eine Schwäche der sogenannten planetaren Wellen. Diese sorgen in der Stratosphäre für den Luftaustausch zwischen den Polargebieten und den mittleren Breiten. Sie lassen den polaren Wirbel schwanken und beeinflussen den Wind. Wegen der geringen Aktivität der Wellen blieb der polare Wirbel aber kreisrund über dem Südpol. Erst ab dem 5. Dezember nahm die Aktivität der Wellen zu, was nun einen Wechsel auf die südpolaren Sommerbedingungen eingeleitet hat.
Was hat der Pazifik mit dem Ozonloch zu tun?
Möglicherweise beeinträchtigt eine besondere Situation im Pazifik die planetaren Wellen: In Äquatornähe spielt sich die El-Niño-Southern-Oscillation (ENSO) ab, die alle drei bis sieben Jahre weltweit die Dynamik beeinflusst. Der Mechanismus ist zurückzuführen auf eine Kopplung zwischen Ozean und Atmosphäre. Die Oberfläche des Pazifiks ist vor der Westküste Lateinamerikas gerade besonders kalt. Das heißt, der Ozean liefert wenig Energie für die planetaren Wellen. „Es könnte also sein, dass der polare Wirbel in der südhemisphärischen Stratosphäre auch durch den Einfluss von ENSO so stabil war. Das kann die Ausbildung des Ozonlochs besonders begünstigt haben“, erklärt Lisa Küchelbacher.
Im Frühjahr 2020 gab es auf der Nordhalbkugel ebenfalls einen außergewöhnlich starken und stabilen Polarwirbel: Auch im März wurden Rekordwerte gemessen. Ob ein Zusammenhang mit den aktuellen Werten über der Antarktis besteht, ist noch unklar.
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