Ab 2017 wird die US-amerikanische Luft- und Raumfahrtagentur (NASA) vielleicht wieder auf brauchbare Mengen von Plutonium 238 zur Energieversorgung bestimmter Planetenmissionen und Raumsonden zurückgreifen können.
Ein Beitrag von Thomas Weyrauch. Quelle: NASA, raumfahrer.net, space.com.
Seit Ende der achtziger Jahre steht die Plutonium-238-Herstellung in den Vereinigten Staaten von Amerika, und vorhandene Vorräte haben aus Sicht von Planetenwissenschaftlern, die das radioaktive Isotop seit fünf Jahrzehnten zur Energieerzeugung an Bord von Sonden, Landern und Rovern einsetzen, besorgniserregend abgenommen.
Das US-amerikanische Energieministerium (Department of Energy, DOE) als Plutonium-Lieferant der NASA arbeitet an eine Wiederaufnahme der Produktion. Im März 2012 teilte Wade Carroll, stellvertretender DOE-Direktor des Bereichs für Energieversorgungsysteme für Militär und Raumfahrt, anlässlich einer Konferenz im texanischen The Woodlands mit, man habe mit den Vorbereitungen zur Realisierungen einer eigenen neuen Plutonium-Herstellung begonnen.
Nach Angaben von Carroll wird es fünf oder sechs Jahre dauern, bis neu produziertes Plutonium 238 zur Verfügung steht. Im Gegensatz zu Plutonium 239 wird es üblicherweise nicht zum Bau von Waffen eingesetzt. Die von Plutonium 238 abgestrahlte Wärme aus dem spontanen Zerfall von Plutoniumkernen kann in Radioisotopengeneratoren (Radioisotope Thermoelectric Generator, RTG) zur Erzeugung von elektrischer Energie verwendet werden.
Radioisotopengeneratoren besorgten und besorgen die Stromversorgung zahlreicher NASA-Missionen in den Tiefen des Alls. Jüngste Beispiele sind die Sonde New Horizons, die im Jahr 2008 zum Pluto aufbrach, um ihn im Jahr 2015 während eines Vorbeiflugs intensiv zu untersuchen, und der Rover Curiosity, der seit 2011 Richtung Mars fliegt und dort ab Herbst 2012 der Erforschung des roten Planeten eine neue Qualität geben soll.
Das DOE gab bezüglich der derzeitigen Menge an vorrätigem Plutonium 238 bisher keine öffentlichen Erklärungen heraus, doch glauben einige Planetenforscher, dass die Bestände seit der Ausrüstung von Curiosity mit 4,8 Kilogramm Plutoniumdioxid mehr oder weniger erschöpft sind.
Laut Alan Stern, leitender Wissenschaftler bei New Horizons, reicht das aktuell verbliebene Plutonium 238 für höchstens eine weitere Mission. Stern hält es für unverantwortlich, dass eine derartige Knappheit zugelassen wurde. Offizielle Verlautbarungen der NASA sagen, dass man über ausreichend Plutonium 238 für die Ausrüstung aller geplanten Missionen bis etwa 2020 verfüge.
Weil die Erzeugung von Plutonium 238 einen gewissen Aufwand bedeutet und recht langwierig ist, setzt sich Stern mit Kollegen intensiv für eine baldige Produktionsaufnahme ein. Dabei gilt es, zunächst in Kernreaktoren aus Uran 235 Neptunium 237 herzustellen, dass sich nach der Trennung vom Reaktorbrennstoff durch anschließende Bestrahlung verpackt in speziellen Brennstäben in einem Kernreaktor in Plutonium 238 umwandeln lässt.
In den vergangenen Jahren haben DOE und NASA um die erforderlichen finanziellen Mittel für eine neuerliche Plutonium-238-Produktion gebeten. Die Institutionen vermuten Kosten zwischen 75 und 90 Millionen US-Dollar in einem Zeitraum von fünf Jahren. Die Kosten wollen DOE und NASA unter sich aufteilen. Der NASA wurden vom US-Kongress für 2012 und 2013 jeweils 10 Millionen US-Dollar genehmigt, Mittelanfragen des DOE für die Plutonium-238-Produktion wurden in den letzten drei Jahren regelmäßig abschlägig beschieden.
Trotz fehlender Finanzierungszusagen hat das DOE laut Wade Carroll bereits einige Planungs- und Entwicklungsarbeiten vornehmen können. Die insgesamt 20 Millionen US-Dollar der NASA plant man dem DOE zur Verfügung zu stellen, berichtete Leonard Dudzinski, der sich bei der NASA als Programmmanager mit Radioisotopengeneratoren beschäftigt, auf der Konferenz in Texas. Dudzinski ist zuversichtlich, dass es schließlich wieder möglich sein wird, jährlich einige Kilogramm Plutonium 238 zu erzeugen. Vorgenommen habe man sich, pro Jahr zwischen 1,5 und 2 Kilogramm zu gewinnen, was ausreichend für die Versorgung der anstehenden Planetenmissionen der NASA sein sollte.
Wollten künftige bemannte Raumfahrtmissionen auf Radioisotopengeneratoren zurückgreifen, ist eine höhere Jahresproduktion erforderlich. Derzeit liegen jedoch keinerlei verbindliche Planungen vor, die besagen, wo und wie US-amerikanische Raumfahrer noch einmal den Erdorbit verlassen werden. Auf dem Mond kamen im Rahmen des Apollo-Programms Radioisotopengeneratoren zum Einsatz, um eine Phalanx von Messgeräten und Instrumenten jeweils über einen längeren Zeitraum mit Strom zu versorgen.