Erneute Jagd auf X-37B (OTV-1)

Nachdem Hobby-Satellitenbeobachter die X-37B zuletzt am 29. Juli 2010 gegen 02:46 Uhr UTC sichten und ihren Orbit bestimmen konnten, schlug eine erneute Beobachtung am 14. August 2010 gegen 20:52 Uhr UTC fehl. Eine weitere, spannende „Jagd“ begann …

Ein Beitrag von Thomas Wehr. Quelle: Ted Molczan – satobs. Vertont von Peter Rittinger.

US Airforce
X-37 (Bild: US Airforce)

Die X-37B wurde erstmals am 20. Mai 2010 (UTC) von Kevin Fetter und Greg Roberts unabhängig voneinander beobachtet und als X-37B oder auch OTV-1 (2010-015A/36.514) identifiziert. Zu diesem Zeitpunkt befand sie sich in einem 40 Grad inklinierten 401-mal-422-km-Orbit.

Die Helligkeit von OTV-1 wurde mit MAG 5 bis MAG 2,5 angegeben. Zum Vergleich: Der momentan in Deutschland am Nachthimmel sichtbare Jupiter bringt es auf eine scheinbare Helligkeit von MAG -2,7, der Mars auf MAG 1,5 (wobei die Helligkeit mit kleiner werdender Zahl zunimmt). Die X-37B ist also lichtschwächer als der Mars, gehört aber, je nach Orbit, zu den ca. 100 lichtstärksten, künstlichen Objekten am Nachthimmel.

Nachdem die Weltöffentlichkeit über das Internet live am Startgeschehen teilnehmen konnte, wurde die weitere Mission kurz nach dem Start am 22. April 2010 UTC unter Geheimhaltung gestellt.

Ein Auffinden des Flugkörpers im Orbit konnte somit nur aufgrund bestimmter Annahmen gelingen: Luftverkehrswarnungen zur Startzeit, dem sich daraus ergebenen Flugkorridor bzw. der Inklination. Außerdem war eine systematische Suche erforderlich, berichtete Ted Molczan, Mitglied der Amateur-Beobachter-Gruppe.

Am 20. Mai wurde von Kevin Fetter ein Video veröffentlicht, in dem ein unbekannter Satellit dokumentiert wurde – eine Aufzeichnung, welche sich als erste öffentliche videodokumentierte Sichtung der X-37B herausstellen sollte.

Seitdem beobachtet die Gruppe das Verhalten der X-37B. Am 29. Mai berichtete Ted Molczan von Abweichungen zu vorausberechneten Positionsdaten – allerdings nahmen zu diesem Zeitpunkt die geomagnetischen Aktivitäten, beeinflusst durch den Sonnenwind, zu, welche entsprechende Orbitmanöver zur Orbiterhaltung nach sich ziehen. Insgesamt sei aber der Orbit weitestgehend konstant und bewege sich zwischen 401 und 404 km in der Erdnähe (Perigäum) sowie 419 und 422 km in der Erdferne (Apogäum).

Am 29. Juli gegen 02:46 Uhr UTC berichtete Brad Young eine Sichtung von OTV-1 in einem Orbit von 403 km mal 420 km. Als die X-37B am 14. August gegen 20:52 Uhr UTC nicht mehr an der vorausberechneten Position gefunden wurde, begann die Jagd aufs Neue.

Laut Herstellerangaben soll die X-37B die Erde in einem zirkularen Orbit von bis zu 900 km Höhe bis zu 270 Tage umkreisen und danach wie das Space Shuttle landen können. Welche Reserven die X-37B besitzt, welche Nutzlast an Bord ist, dazu bewahrt die US-Luftwaffe weiterhin Stillschweigen.

Da während des Zeitraumes vom 22. April bis zum 29. Juli nur kleine Orbitanpassungsmanöver durchgeführt wurden, vermutete die Gruppe um Ted Molczan noch volle Treibstofftanks, welche Orbitanhebungen von 500 km und mehr innerhalb der 16 Tage, in denen eine Beobachtung nicht gelang, durchaus als realistisch erscheinen ließen. Alles Fakten, welche die Jagd auf die X-37B nicht gerade vereinfachten.

Thomas Wehr
Position und Orbit von OTV-1 X-37B (Bild: Thomas Wehr)

Also machte sich Greg Roberts daran, die Bahnebene abzusuchen. Das Wetter spielte mit und so war er in der glücklichen Lage, ein 89 Minuten langes Zeitfenster innerhalb der Bahnebene ausnutzen zu können, um die Suche durchzuführen. Da 89 Minuten ungefähr der Zeit entsprechen, die die X-37B laut der letzten Beobachtungen benötigte, um eine Erdumkreisung zu vollziehen, war es relativ wahrscheinlich die OTV-1 zu finden.

Am 19. August gegen 17:53 Uhr war es dann soweit – Greg, beheimatet in der Nähe von Kapstadt, fand OTV-1 in einem Orbit von ca. 427 km mal 444 km. Erste Annahmen von Ted Molczan gingen davon aus, dass es um den 8. August, wenige Stunden um 06:00 Uhr UTC herum, einige Manöver gegeben haben muss, mit denen der Orbit der X-37B um rund 24 km angehoben wurde.

Allerdings schienen die Daten noch nicht ganz stimmig, da Greg den nächsten Überflug ca. 5 Minuten früher als erwartet beobachtete. In der Tat schien die X-37B höher gestiegen zu sein und überlappte somit ihren früheren Orbit.

Weitere Beobachtungen von Alberto Rango, Greg Roberts, Brad Young, Ted Molczan und anderen waren nötig, um die Exentrizität des neuen Orbits zu bestimmen. Aus diesen und den gestrigen Beobachtungen ermittelte Ted Molczan folgenden vorläufigen Elementsatz:

   OTV-1                                                    432 X 445 km
1 36514U 10015A 10234.41568278 .00000000 00000-0 00000-0 0 00
2 36514 39.9851 330.8303 0009906 0.5042 359.5775 15.43358374 05
Arc 20100819.75-0822.43 WRMS resid 0.043 totl 0.012 xtrk

Demnach umkreist die X-37B die Erde in einer Höhe von rund 432 km mal 445 km in ca. 93 Minuten.

Man gehe jetzt davon aus, so Molczan, dass aufgrund der neueren Beobachtungen und Messungen die Orbitanhebungsmanöver am 9. August 2010 zwischen 17:00 und 21:00 Uhr UTC stattgefunden haben.

Gemessen an den Fähigkeiten der X-37B war dies nur eine kleine Orbitänderung. Allerdings scheint sich dieser Orbit alle sechs Tage zu wiederholen, gegenüber einem Zyklus von 4 Tagen im alten Orbit. Ob dies ein Test des Orbit-Manöversystems war, oder man damit Anforderungen der unbekannten Nutzlast entgegenkommen wollte, bleibt reine Spekulation.

Raumcon:

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