ESA und Roskosmos kooperieren bei der Mission ExoMars

Die Europäische Weltraumorganisation ESA und die russische Raumfahrtagentur Roskosmos haben am 14. März 2013 in Paris eine Vereinbarung bezüglich ihrer zukünftigen Kooperation bei der Mission ExoMars unterzeichnet. Das Ziel dieser aus einem Orbiter und einem Rover bestehenden Mission besteht in der Suche nach Spuren von früherem oder gegenwärtigen Leben auf dem Mars.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: ESA.

Jean-Jacques Dordain, der Generaldirektor der ESA (rechts im Bild), und Wladimir Popowkin, der Leiter von Roskosmos, unterzeichneten am 14. März 2013 einen Vertrag zur Kooperation bei der Durchführung der Mission ExoMars.
(Bild: ESA)
Jean-Jacques Dordain, der Generaldirektor der ESA (rechts im Bild), und Wladimir Popowkin, der Leiter von Roskosmos, unterzeichneten am 14. März 2013 einen Vertrag zur Kooperation bei der Durchführung der Mission ExoMars.
(Bild: ESA)

Die Beantwortung der Frage, ob sich auf dem Mars jemals Leben entwickelt hat oder ob dieses eventuell sogar noch in der Gegenwart auf unserem Nachbarplaneten existiert, gehört zu den großen wissenschaftlichen Unterfangen unserer Zeit. Aus diesem Grund plant die Europäische Weltraumorganisation ESA seit dem Jahr 2004 die unbemannte Marsmission ExoMars, deren wissenschaftlichen Ziele sich ganz im Rahmen dieser Fragestellung bewegen.

Nachdem die US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA im September 2011 aufgrund von Budgetproblemen ihren Rückzug an einer zuvor zugesagten Beteiligung an der ExoMars-Mission erklärte, nahm die ESA Verhandlungen mit der russischen Weltraumagentur Roskosmos auf. Bereits im vergangenen Jahr einigten sich beide Seiten auf einen Kooperationsvertrag, welcher jetzt am vergangenen Donnerstag von Jean-Jacques Dordain, dem Generaldirektor der ESA, und von Wladimir Popowkin, dem Leiter von Roskosmos, in der ESA-Hauptverwaltung in Paris unterzeichnet wurde.

Entsprechend den ursprünglichen Planungen wird sich die Mission aus zwei Teilen zusammensetzten: Einem Orbiter, dem im Jahr 2016 zu startenden Trace Gas Orbiter (kurz “TGO”), und einem Rover, welcher zwei Jahre später zum Mars aufbrechen und diesen nach seiner Landung über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten erkunden soll.

Eine künstlerische Darstellung des zukünftigen Marsrovers ExoMars.
(Bild: ESA)
Eine künstlerische Darstellung des zukünftigen Marsrovers ExoMars.
(Bild: ESA)

“Dies ist ein bedeutsames Ereignis für das ExoMars-Programm. Ab jetzt werden europäische und russische Industriepartner und Wissenschaftler zusammenarbeiten, um diese beiden außergewöhnlich interessanten Missionen zu verwirklichen. Hierdurch wird zugleich auch die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie demonstriert. Dies stellt zudem auch einen wichtigen Schritt zur Vorbereitung einer Teilnahme der ESA an künftigen internationalen Forschungsmissionen dar, in deren Rahmen neue Antworten auf die zentrale Frage gesucht werden, ob es jemals Leben auf dem Mars gegeben hat”, so Jean-Jacques Dordain.

“Bis hierhin war es ein langer Weg und wir haben bereits viel gemeinsam geleistet. ExoMars wird vom Umfang her nach dem Programm für die Sojus-Startanlagen in Kourou an zweiter Stelle stehen. Dies bestätigt erneut, dass Vorhaben von so riesigem Ausmaß im Rahmen einer internationalen Zusammenarbeit bewerkstelligt werden müssen. Die wissenschaftlichen Daten, die wir von den geplanten Missionen erwarten, werden für die ganze Welt von Bedeutung sein”, so Wladimir Popowkin.

Im Rahmen des jetzt unterzeichneten Vertrages haben sich beide Partner auf eine ausgeglichene Verteilung ihrer jeweiligen Verantwortlichkeiten für die verschiedenen Bestandteile der Missionen geeinigt. Die ESA wird für die im Jahr 2016 startende Mission den Orbiter und ein Eintritts-, Abstiegs- und Landedemonstrationsmodul (kurz “EDL”) sowie für die Mission 2018 den Modulträger und den Rover bereitstellen. Roskosmos liefert dagegen das Abstiegsmodul für den Marsrover und dessen Landeplattform und stellt außerdem die Trägerraketen für beide Missionen zur Verfügung. Darüber hinaus werden beide Vertragspartner verschiedene wissenschaftliche Instrumente für die Missionen entwickeln und zudem eng bei der Auswertung der gesammelten Daten zusammenarbeiten.

Eine künstlerische Darstellung des Trace Gas Orbiters.
(Bild: ESA)
Eine künstlerische Darstellung des Trace Gas Orbiters.
(Bild: ESA)

Der Trace Gas Orbiter

Das wissenschaftliche Hauptziel des Trace Gas Orbiters besteht in der Untersuchung der Marsatmosphäre. Der TGO soll hierzu speziell nach Methan und anderen Spurengasen suchen, welche den Exobiologen und Geologen Rückschlüsse auf gegenwärtig ablaufende biologische oder geologische Prozesse auf der Marsoberfläche ermöglichen könnten. Hierbei soll auch ermittelt werden, über welchen Bereichen der Marsoberfläche und zu welchen Jahreszeiten diese Gase freigesetzt werden.

Das Infrarot- und UV-Spektrometer NOMAD (kurz für “Nadir and Occultation for Mars Discovery”) dient dabei der Identifikation der chemischen Komponenten, aus denen sich die Marsatmosphäre zusammensetzt, und der Ermittlung der jeweiligen Mengenanteile. Das aus drei Infrarotinstrumenten bestehende ACS (“Atmospheric Chemistry Suite”) ergänzt die Messungen von NOMAD und dient speziell der Untersuchung der chemischen Zusammensetzung und Struktur der Marsatmosphäre.

Oberflächenuntersuchungen erfolgen durch den Neutronendetektor FREND. Mit diesem Instrument soll in erster Linie die Verteilung von wasserstoffhaltigen Mineralen und Ablagerungen von Wassereis unmittelbar unter der Marsoberfläche bestimmt werden. Die kosmische Strahlung, welcher der Mars ausgesetzt ist, setzt im Marsboden hochenergetische Neutronen frei. Diese Neutronen kollidieren in der obersten Schicht des Bodens mit hoher Geschwindigkeit mit den dort befindlichen Atomkernen der verschiedenen chemischen Elemente und werden dabei auf eine charakteristische Art und Weise abgebremst und anschließend reflektiert.

Bei der Kollision mit den Protonen in Wasserstoffatom-Kernen werden die Neutronen sehr stark verlangsamt und deshalb als “thermische Neutronen” bezeichnet. Bei Kollisionen mit anderen Atomkernen erfolgt dagegen eine geringere Verlangsamung (epithermische Neutronen). Durch die Messung dieser von der Marsoberfläche ausgehenden Strahlung ist es möglich, die Menge und Verteilung verschiedener chemischer Elemente auf dem Mars zu ermitteln.

Das Kamerasystem CaSSIS wird die Marsoberfläche mit seinen Stereoaufnahmen in hoher Auflösung abbilden.
(Bild: Universität Bern)
Das Kamerasystem CaSSIS wird die Marsoberfläche mit seinen Stereoaufnahmen in hoher Auflösung abbilden.
(Bild: Universität Bern)

Bei dem Kamerasystem CaSSIS handelt es sich um eine hochauflösende Farb-Stereokamera, welche Strukuren auf der Marsoberfläche mit einer Auflösung von bis zu fünf Metern pro Pixel abbilden soll. Die mit CaSSIS zu erstellenden Aufnahmen sollen unter anderem dazu genutzt werden, um die zuvor von NOMAD und ACS aufgespürten “Quellgebiete” von Spurengase in einen geologischen Kontext zu versetzen.

Außerdem ist geplant, den Trace Gas Orbiter als Relaisstation für die Kommunikation mit dem zwei Jahre später auf dem Mars landenden ExoMars-Rover zu nutzen. Das hierfür benötigte Electra-UHF-Kommunikationssystem wird von der NASA bereitgestellt, welche die ExoMars-Mission zudem mit ihrem Deep Space Network unterstützen wird.

Bei dem EDL handelt es sich um einen Technologiedemonstrator, mit dem in erster Linie die Funktionalität von verschiedenen bei der zwei Jahre später erfolgenden Landung des Rovers benötigten Schlüsseltechnologien unter Beweis gestellt werden soll. Während des Landevorganges sollen zudem Daten über die vorherrschenden atmosphärischen Bedingungen gesammelt werden. Die dabei gewonnenen Messwerte über Windgeschwindigkeiten und Dichte der Atmosphäre in verschiedenen Höhen über der Oberfläche sollen anschließend genutzt werden, um die bisherigen Modelle über den Aufbau der Marsatmosphäre noch weiter zu verfeinern.

Nach der Landung des EDL soll eine mit verschiedenen Sensoren ausgestattete Wetterstation Daten über die Oberflächentemperatur, die Windgeschwindigkeiten, die Windrichtungen, den Luftdruck und die Luftfeuchtigkeit im Bereich des Landegebietes sammeln. Allerdings verfügt das EDL über keine eigene Energieversorgung – die primäre Aufgabe besteht in einer erfolgreichen Landung und nicht im Sammeln von wissenschaftlichen Daten – sondern bezieht die benötigte Energie aus Batterien. Deshalb wird DREAMS, so der Name dieses Instrumentenpakets, die entsprechenden Daten lediglich über einen Zeitraum von etwa zwei bis acht Tagen sammeln und zur Erde übermitteln können.

Mit seinem Bohrer wird der ExoMars-Rover Bodenproben aus einer Tiefe von bis zu zwei Metern entnehmen, welche anschließend durch die Instrumente im Detail untersucht werden können.
(Bild: ESA)
Mit seinem Bohrer wird der ExoMars-Rover Bodenproben aus einer Tiefe von bis zu zwei Metern entnehmen, welche anschließend durch die Instrumente im Detail untersucht werden können.
(Bild: ESA)

Der ExoMars-Rover

Der ExoMars-Rover und dessen ebenfalls mit verschiedenen wissenschaftlichen Instrumenten ausgestattete Landeplattform sollen mit einem russischen Abstiegsmodul auf die Marsoberfläche befördert werden. Das wissenschaftliche Ziel des Rovers besteht in der gezielten Suche nach Spuren von früheren oder sogar noch gegenwärtig existierenden Lebensformen auf dem Mars. Hierzu wird der Rover mit einem Bohrmechanismus ausgestattet sein, welcher bis zu zwei Meter tiefe Bohrungen durchführen kann. Das dabei zutage geförderte Material kann anschließend mit einem speziellen Instrumentenset analysiert werden.

Direkt auf der Marsoberfläche führen die dort auftretenden extremen Bedingungen dazu, dass dort eventuell vorhandene organische Verbindungen relativ leicht und schnell zersetzt werden. In einer Tiefe von den angepeilten zwei Metern wäre eventuell vorhandenes organisches Material dagegen weitgehend vor der auf die Marsoberfläche einfallenden kosmischen Strahlung und den dort verbreitet auftretenden oxidierende Substanzen geschützt und sollte sich im Rahmen einer Analyse von entsprechend tief entnommenen Proben nachweisen lassen.

Der Rover wird nach dem derzeitigen Planungsstand über folgende Instrumente verfügen:

  • PanCam – ein hochauflösendes Weitwinkelkamerasystem
  • CLUPI – eine Kamera für Nahaufnahmen von der Planetenoberfläche
  • WISDOM – ein Radar für Bodensondierungen
  • Ma_MISS – ein in den Bohrer integriertes miniaturisiertes Infrarot-Spektrometer für Bodenuntersuchungen
  • MicrOmega – ein abbildendes Spektrometer für sichtbares und Infrarotlicht
  • RLS – ein Raman-Spektrometer
  • MOMA – ein neu entwickelter Detektor für den Nachweis organischer Moleküle

Ein enger Zeitplan

Die am vergangenen Donnerstag erfolgte Unterzeichnung des Vertrages zwischen der ESA und Roskosmos ist die Grundlage für den Beginn einer umfassenden Zusammenarbeit zwischen den an den Missionen beteiligten Unternehmen und wissenschaftlichen Instituten. Im Rahmen der ExoMars-Mission werden zudem in den kommenden Jahren auch wichtige, von verschiedenen europäischen Unternehmen und Instituten entwickelte Technologien in der Praxis erprobt, welche einen bedeutenden Schritt hin zur nächsten großen Etappe in der robotischen Exploration des Mars darstellen – nämlich der Rückführung einer auf dem Mars entnommenen Bodenprobe zur Erde, wo diese dann im Detail untersucht werden kann.

Zuvor gilt es jedoch, einen extrem ehrgeizigen Zeitplan zu erfüllen. Der Start des Trace Gas Orbiters soll bereits im Januar 2016 erfolgen. In Anbetracht der erst kürzlich erfolgten und nahezu vollständigen Neukonzeption der wissenschaftlichen Nutzlast des Orbiters dürften die an der Verwirklichung der Mission beteiligten Wissenschaftler und Ingenieure derzeit vor nicht zu unterschätzende technischen und zeitlichen Herausforderungen stehen. Das gleiche gilt auch für den ExoMars-Rover, welcher voraussichtlich im Frühjahr 2018 zum Mars starten wird.

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