Astrophysiker aus unterschiedlichen Nationen haben in einem großen Forschungsprojekt mit dem Hubble-Teleskop neue Einblicke in die Kinderstube der Galaxien gewonnen. Demnach gab es die heutigen Galaxientypen schon zwei Milliarden Jahre früher als bisher angenommen.
Geschrieben von Hans Lammersen. Welt der Physik, Welt.de. Vertont von Peter Rittinger.
Eines der wichtigsten Forschungsfelder des Hubble-Teleskops ist die Abbildung von Galaxien im frühen und ganz frühen Universum. Gerade hier hat das Weltraumteleskop durch seine tiefen, langbelichteten Bilder („Deep Fields“) völlig neue Einblicke in die Entwicklung des Kosmos und seiner Bestandteile, insbesondere der Galaxien, ermöglicht. Die nun in der Zeitschrift „The Astrophysical Journal“ veröffentlichten Ergebnisse verdeutlichen, dass im frühen Universum bereits alle Galaxientypen existierten, die gesamte so genannte Hubblesequenz also schon vorhanden war.
Die Hubblesequenz ist eine wichtige Grundlage der Erforschung der Galaxienbildung und –entwicklung. Edwin Powell Hubble hat sie in den 1930er Jahren entwickelt. Sie stellt die unterschiedlichen Galaxientypen in eine morphologische Ordnung, angefangen mit den elliptischen Galaxien ganz links bis zu den Spiralgalaxien rechts, wobei das Schema hier noch nach Spiralen und Balkenspiralen unterschiedet. Dazwischen liegen die irregulären Galaxien, denen Hubble keine bestimmte Form zuweisen konnte. Obwohl das Schema später erweitert und verfeinert worden ist (Sandage, de Vaucouleurs) und trotz seiner Nachteile und Unzulänglichkeiten ist es nach wie vor die bekannteste Einteilung der im Weltall vorkommenden Galaxientypen.
So wie die Sequenz angelegt ist, hat Hubble sich auch die Entwicklung der Galaxien vorgestellt. Von links (den elliptischen Galaxien) nach rechts (den feiner gegliederten und ausdifferenzierten Spiralen und Balkenspiralen). Heute lesen die Astrophysiker sie eher anders herum: Demnach stehen die elliptischen Galaxien am Ende der Entwicklung. Allerdings ist die Hubblesequenz keine Zeitleiste der Entwicklung von Galaxien und wird heute auch nicht mehr so verstanden.
Bisher war man bei den Untersuchungen der Galaxientypen im frühen Universum stärker auf irreguläre Galaxien gestoßen. Nun aber fand man in einer Entfernung von 11,5 Milliarden Lichtjahren bereits eine große Anzahl anderer Galaxien aus der Hubblesequenz, so wie sie in näheren (und damit jüngeren) Bereichen des Kosmos vorkommen. Damit war der „Galaxienzoo“ bereits etwa zwei Milliarden Jahre nach dem Beginn des Universums mit all seinen morphologischen Typen vorhanden. Dies ist für die Forscher eine Überraschung, weil es den gängigen Annahmen zur Entwicklung der Galaxien im jungen Universum widerspricht. Nun müssen die Theorien überprüft und an die Wirklichkeit angepasst werden.
Für das Forschungsprojekt wurden insgesamt 1671 Galaxien aus dem frühen Universum aufgenommen und analysiert. Damit ist es das bisher umfangreichste Beobachtungsprojekt des Hubble-Teleskops.
Die Studie (englisch) bei arxiv.org
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