Nach zwei Jahrzehnten findet eine beachtenswerte Entdeckungsreise zum Planeten Saturn, seinem Ringsystem und seinen Monden am morgigen Freitag ihr Ende. Nachdem der Treibstoffvorrat der Cassini-Mission nahezu verbraucht ist, wurde die Sonde bereits vor einigen Wochen auf Kollisionskurs mit dem Planeten Saturn gebracht.
Ein Beitrag von Oliver Karger. Quelle: NASA, JPL.
Knapp 20 Jahre befindet sich die planetare Erkundungssonde Cassini im All. Die bereits 2010 begonnene siebenjährige Erweiterungsmission brachte vor allem weitere Beobachtungen der Jahreszeitenwechsel von Saturn und dessen Mond Titan. Innerhalb dieser Missionsphase sollte der gesamte Resttreibstoff verbraucht werden, um das Saturnsystem möglichst lange erkunden zu können und die Mission schließlich in Saturns Atmosphäre zu beenden. Im April 2017 wurde Cassini mit einem letzten Orbitmanöver auf Kollisionskurs mit dem zweitgrößten Planeten des Sonnensystems gebracht. In den folgenden fünf Monaten tauchte die Sonde insgesamt 22 Mal unmittelbar zwischen den Ringen und den oberen Atmosphärenschichten hindurch, kam dabei dem Planeten so nah wie nie zuvor und schickte beeindruckende Bilder zur Erde.
Am 15. September 2017 schließlich wird sich Cassini ein letztes Mal dem großen Ringplaneten nähern, in dessen Atmosphäre eintauchen und so lange wissenschaftliche Daten senden, wie es die kleinen Lageregelungstriebwerke schaffen, die Hauptantenne in Richtung Erde auszurichten. Kurz darauf wird Cassini wie ein Meteor verglühen.
Bis zum Ende ist die Cassini-Mission eine spannende und aufregende Entdeckungsreise. Gestartet am 15. Oktober 1997 vom Cape Canaveral, USA an Bord einer Titan IV-B, befindet sich Cassini seit dem 30. Juni 2004 im Orbit um Saturn. Die vier Jahre dauernde Primärmission wurde zweimal verlängert, da sich die Sonde in guten Zustand befand und ausreichend Treibstoffreserven für eine Fortführung vorhanden waren. Zwei Highlights der Mission sind die Entdeckungen eines globalen Ozeans unter dem Eismantel des Mondes Enceladus, welcher auf hydrothermale Aktivitäten schließen lässt, und flüssige Methanseen auf Saturns größtem Mond Titan.
Das große Finale
Im April 2017 begann das letzte, aufregende Kapitel in der 20 Jahre währenden Entdeckungsgeschichte – das große Finale.
Jede Woche tauchte Cassini in die etwa 2000 km breite Lücke zwischen den oberen Atmosphärenschichten und des Ringsystems und erstellte beeindruckende Fotos. Mit dem letzten nahen Flyby am Titan wurde das Gravitationsfeld des Mondes genutzt, um Cassinis Flugbahn unter die Ringe abzusenken. Der minimale Abstand variierte dabei zwischen 1600 bis 4000 km, beeinflusst durch weitere, jedoch entferntere Vorbeiflüge an Titan. Dabei streifte Cassini mal den inneren Rand der Ringe, dann den oberen Rand der Atmosphäre. Während der letzten fünf Orbits flog die Sonde bereits durch die oberste Atmosphärenschicht, bevor sie dort am Freitag nun letztmalig eintauchen wird. Obwohl das Operationsteams zuversichtlich ist, alle Risiken verstanden zu haben, können dennoch Überraschungen passieren. Es ist die Art von kühnem Abenteuer, das höchstens am Ende einer Mission unternommen wird, ähnlich zu Rosettas Landung auf dem Kometen 67P/Tschurjumov-Gerasimenko Ende September 2016.
Einzigartige Wissenschaft bis zum Ende
Während Cassini in den Saturn stürzt, wird das Raumfahrzeug wertvolle Informationen sammeln, die bisher nicht aufgenommen werden konnten, da das Risiko eines Komplettverlusts der Mission zu hoch gewesen wäre. So soll eine detaillierte Karte des Gravitations- und Magnetfelds erstellt werden, um die interne Zusammensetzung des Planeten besser zu verstehen. Möglicherweise helfen die Daten zu klären, wieso die Eigenrotation des Saturn so hoch ist. Weiterhin soll die Menge des Materials in den Ringen bestimmt werden, um deren Ursprung besser verstehen zu können. Eisteilchen aus den Ringen, die durch Saturns Magnetfeld in die Atmosphäre strömen, werden mit Cassinis Teilchendetektoren gemessen.
Die letzten Bilder, welche von Saturns Ringen und den Wolken in der Atmosphäre angefertigt werden, sollen bereits einige Stunden vor dem finalen Sturz zur Erde gesendet werden. Während des Flugs in die Atmosphäre wird unter anderem Cassinis Massenspektrometer kontinuierlich die Zusammensetzung der Gashülle messen und zur Erde senden, bis der Kontakt abbricht.
Warum die Mission endet
Die Cassini-Sonde befindet sich knapp 20 Jahre im All, sieben Jahre auf dem Weg von der Erde zum Saturn, dann schließlich knapp 13 Jahre im Saturnsystem. Der nötige Treibstoff, um Kursanpassungen und die Lageausrichtung vorzunehmen, ist inzwischen fast komplett aufgebraucht. Würde die Mission fortgesetzt werden, kann die Flugbahn der Sonde ohne Treibstoff nicht mehr beeinflusst werden, und damit zu einer Bedrohung für zwei wissenschaftlich äußerst interessante Monde, Enceladus und Titan, werden. Cassinis Beobachtungen selber lieferten Belege, dass dort potentiell habitable oder wenigstens präbiotische Umweltbedingungen vorhanden sein könnten.
Um den zwar unwahrscheinlichen, aber nicht auszuschließenden Fall, dass Cassini eines Tages auf einen dieser Monde stürzt und diesen kontaminiert zu vermeiden, hat sich die NASA entschlossen, den Satelliten in der Saturnatmosphäre verglühen zu lassen. Damit wird sichergestellt, dass zukünftige Mission unberührtes Terrain erforschen können.
Auch wenn es schade ist, dass diese Mission zu Ende geht, Cassinis finaler Sturz in den Saturn wird ein spektakulärer Abschluss einer wissenschaftlich sehr erfolgreichen Mission im Sonnensystem sein. Die enorme Datenmenge vom Planeten Saturn selber, seiner Magnetosphäre, Ringen und Monden wird sicherlich noch weitere tolle Entdeckungen für die nächsten Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnten bereithalten.
Die NASA wird verschiedene Livestreams anbieten, welche hier zu finden sind.
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Cassini Thread (Einträge seit dem 13. September 2017)
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Besonderes Manöver zum Abschluss der Cassini-Mission (29. April 2017)