Opportunity steigt in einen tiefen Krater ab. Spirit erklimmt einen steilen Hang und findet nun auch Hinweise auf Wasser sowie bizarre Felsen.
Autor: Axel Orth
Endlich – „Endurance“ !
Nach der langen, geduldigen Erforschung des kleinen „Eagle-Kraters“ machte sich Opportunity auf den langen Weg über die umgebende flache Ebene zu einem tiefen, beeindruckenden Krater von der Größe eines Fußballstadions. Dieser Krater, den die Forscher „Endurance“ getauft hatte, wies metertiefe Felsschichten auf, die sich dort über lange Zeiträume gebildet haben mussten und dann durch einen Meteoriteneinschlag frei gelegt worden waren. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass sich dieses Gestein während Episoden von Verdunstung (Evaporation) gebildet hat, die die Sedimente teilweise trocken legten und Mineralien wie Jarosit und Hämatit zurück ließen, beides Eisenoxidmineralien, die sich in nassen Umgebungen bilden. Die schiere Tiefe und Zahl der evaporitischen Schichten implizierten, dass an dieser Stelle des Mars‘ über lange Zeit Wasser vorhanden gewesen sein muss.
Ruhige Ablagerungsumgebung
„Es ist schon ein großer Schritt zu sagen, dass es hier flüssiges Wasser gegeben haben muss“, merkt Joy Crisp an, „aber nun sogar zu sagen, dass dieses Wasser floss, dass es salzig war, dass es lange da war, und dass es eine große Fläche bedeckte – alle diese Dinge – wir können uns wirklich glücklich schätzen, so viele Hinweise erhalten zu haben.“
Wiewohl die Wissenschaftler noch nicht wissen, ob je Leben auf dem Mars existiert hat, so trauen sie doch Sedimentlagerstätten wie denen auf der Meridiani-Ebene zu, dass sie ein guter Ort wären, um mit der Suche danach anzufangen.
„Um Fossilien zu konservieren“, erläutert Crisp, „brauchen Sie eine ruhige Ablagerungsumgebung, im Gegensatz zu einer, wo es hoch her geht. Eine katastrophale Sintflut mit herumfliegenden Felsblöcken ist zum Beispiel eine schlechte Umgebung, um Fossilien zu konservieren. Wir kennen das schon von der Erde. Feinkörnige Sedimentablagerungen sind gut, weil sie alle Dinge auf eine geradezu behutsame Weise umfangen und sie in Felsen einschließen, sobald sie sich bilden.“
Marsianisches Bergsteigen
Monatelang dominierten die geologischen Entdeckungen des Opportunity-Rovers die Schlagzeilen über die Mission. Währed Opportunity den „Endurance-Krater“ erforschte, fuhr Spirit über drei Kilometer zu einer Gruppe von Hügeln, die die NASA „Columbia Hills“ getauft hatte, zu Ehren der sieben Astronauten, die 2003 bei dem Space-Shuttle-Unglück um’s Leben gekommen waren.
Unterwegs zeigte Spirits rechtes Vorderrad zunehmende Anzeichen von Verschleiß und die Ingenieure machten sich Sorgen, dass es ganz ausfallen könnte. Sie klügelten aus, dass man den Rover am besten rückwärts fahren ließ, mit nur fünf angetriebenen Rädern, selbst bergauf. Das schwergängige sechste Rad stand dabei meistens still, wurde also über den Boden gezogen und nur noch bei kritischen Manövern eingeschaltet.
Als Spirit sich sechs Monate nach seiner Landung den Flanken der Hügel näherte, traf er auf eigenartige kleine Felsen, die aussahen wie verfault: Harte, ausgehöhlte Schalen, deren weiches, nicht so widerstandsfähiges Inneres teilweise weg erodiert worden war – vielleicht durch Wasser.
Dann kam Spirit an den Fuß des „Westsporns“, eines Ausläufers der Hügel, und begann mit „marsianischem Bergsteigen“ und „einigen netten Felsklettereien“, wie Squyres es auf einer Pressekonferenz im August 2004 beschrieb.
Veränderte vulkanische Felsen
Auf dem Kamm des „Westsporns“, in über 6 Metern Höhe über der umgebenden Ebene des „Gusev-Kraters“, traf Spirit inmitten all dem Geröll auf gewachsenes Gestein, bei dem es sich wahrscheinlich um den am stärksten veränderten Felsen vulkanischen Ursprungs handelte, der auf dem Mars bisher erforscht wurde. Die Weichheit des Felsens weist zusammen mit den erhöhten Werten von Brom, Schwefel und Chlor auf irgend eine Art von wasserbasierter Veränderung hin.
Die Wissenschaftler setzen ihre Bemühungen fort, diesen so genannten „Clovis“-Felsen mit anderen, nicht so stark veränderten Felsen in der näheren Umgebung zu vergleichen, um herauszufinden, welche Art von wasserbasierten Prozessen in der Vergangenheit in dieser Gegend gewirkt haben mag. In Frage kommt beispielsweise vulkanisch erhitztes Wasser, das durch die Felsen zirkulierte, salziges Oberflächenwasser, das die Felsen durchtränkte, oder Wasserdampf aus vulkanischen Gasen, die durch die Felsen gepresst wurden.
Und die Rover sind immer noch unterwegs
Was immer die Mitglieder des NASA-Wissenschaftler-Teams, die mit den beiden Mars Exploration Rovern arbeiten, in den kommenden Wochen und Monaten noch heraus finden mögen: Sie haben ihr Ziel, eine etwaige feuchte Vergangenheit des Mars‘ zu dokumentieren, bereits erreicht. Dass sie das geschafft haben, verdanken sie nicht nur ihrer jahrelangen Erfahrung als Planetenforscher, sondern auch der hervorragenden Leistung der beiden Rover, und damit den Leuten, die sie gebaut haben.
Vielleicht sagt Steve Squyres es in seinen eigenen Worten am besten:
„Inmitten all‘ unserer Freude über die wissenschaftlichen Entdeckungen sollten wir doch nicht die bemerkenswerte Ingenieurleistung aus den Augen verlieren, mit der wir es hier zu tun haben. Wenn Sie sehen, was diese beiden Roboter geschafft haben, wenn Sie sehen, um wie viel Spirit und Opportunity die Messlatte dessen, was auf der Oberfläche eines anderen Planeten möglich ist, angehoben haben, dann ist das wahrhaft eine bemerkenswerte Spitzenleistung.
Wenn Sie sehen, was wir jetzt jeden Tag mit Spirit und Opportunity tun, also, wir treiben diese beiden Rover absolut an die Grenzen ihrer Fähigkeiten. Es ist schon lustig. Anfangs, als wir sie gebaut haben, waren sie wie Babies für uns. Wir haben sie bemuttert, wir haben sie verzärtelt, wir haben sie in seltsame Anzüge gesteckt, wir hatten Gummihandschuhe an, wir liefen auf Zehenspitzen um sie rum, wir waren einfach extrem vorsichtig mit ihnen. Jetzt sind sie verkratzt, dreckig und kaputt. Wir haben sie auf dem Mars an ihre Grenzen getrieben, die steilsten Hänge erklimmen lassen, die sie erklimmen konnten, sie über rutschige Gefälle absteigen lassen, sie Löcher in Steine bohren lassen, während sie sich an gefährlichen Abhängen halten mussten.
Und sie, soweit sie dazu in der Lage sind, treiben uns an unsere Grenzen, indem wir uns immer neue Dinge ausdenken, die sie für uns tun sollen.“
Passende Worte, in der Tat, für ein interplanetares Abenteuer, an das man sich noch lange erinnern wird und von dem man noch lange reden wird.
Quelle: NASA/JPL
Ins Deutsche übersetzt von Axel Orth
Verwandte Artikel: