Wissenschaftler um Adam Riess von der Johns Hopkins University und dem Space Telescope Science Institute haben durch vergleichende Messungen einen genaueren Wert für die Ausdehnungsrate unseres Universums ermittelt.
Ein Beitrag von Günther Glatzel. Quelle: STScI/Johns Hopkins University, DiscoverMagazine, Wikipedia.
Dieser beläuft sich nun auf 74,2 km/s/Mpc (Kilometer pro Sekunde und Megaparsec). Gegenüber den bisher angenommenen Werten von 72 oder 73 km/s/Mpc hat sich zwar nicht viel geändert, der maximale Fehler konnte aber von 8 km/s/Mpc auf nur 3,6 km/s/Mpc mehr als halbiert werden und liegt jetzt unter 5 Prozent.
Die Angabe 74,2 km/s/Mpc bedeutet, dass die Expansion des Universums in einem Megaparsec Entfernung mit einer Geschwindigkeit von 74,2 km/s abläuft. In doppelter Entfernung ist sie doppelt so groß, in fünffacher Entfernung fünfmal so groß. Ein Parsec ist eine in der Astronomie gebräuchliche Einheit (Parallaxensekunde) und liegt bei 3,26 Lichtjahren.
Die Messung der Entfernung bei sehr weit entfernten Objekten ist allerdings nicht einfach. Dazu verwendet man bestimmte, auffällige Sterne mit gut bekannten Eigenschaften. Eine solche Sternenart sind sogenannte Cepheiden. Bei diesen Sternen ändert sich die Helligkeit periodisch. Je länger eine solche Periode dauert, umso größer ist die maximale absolute Helligkeit dieses Sterns, die sich mit diesem Wissen recht gut berechnen lässt. Vergleicht man diese absolute Helligkeit mit der mittels Teleskop gemessenen, scheinbaren Helligkeit, kann man wiederum berechnen, wie weit der Stern von uns entfernt ist. Für Abstände im Bereich einiger Millionen Lichtjahre ist das Verfahren recht gut, für größere Entfernungen wird es dagegen schwierig, weil die Helligkeit der Cepheiden dann nicht mehr genau genug gemessen werden kann.
Dafür haben die Wissenschaftler nun erstmals zusätzlich Supernovae des Typs Ia herangezogen. Auch bei diesen Sternen kennt man einen Zusammenhang, aus dem man deren absolute Helligkeit berechnen kann. Supernovae, also Sterne, die zum Ende ihrer „normalen“ Existenz große Mengen leuchtender Materie ins All abstoßen und damit quasi explodieren, sind aber viel heller als Cepheiden. Man kann sie also bei sehr weit entfernten Galaxien noch feststellen und den Verlauf der Explosion aufzeichnen. Dies geschah in diesem Falle mittels des Hubble Space Telescopes. Damit wurde die Supernova 1995al beobachtet, die in der Spiralgalaxie NGC 3021 beheimatet ist. Hier wurden in den letzten Jahren auch 17 Cepheiden untersucht, so dass man erstmals vergleichbare Ergebnisse beider Methoden hatte und dadurch verschiedene Fehlerquellen eliminieren konnte. Jetzt hat man einen größeren Maßstab. Damit kann man wie mit einem langen Maßband genauer messen im Vergleich zur Messung mit einem Zollstock, den man immer wieder ansetzen muss.
Ähnliche Messungen wurden in 6 weiteren Galaxien in unterschiedlichen Entfernungen vorgenommen. So auch in NGC 4258, von der man die Entfernung (24 Millionen Lichtjahre) auch von radioastonomischen Messungen her sehr genau kennt. Durch Messungen im nahen Infrarotbereich mittels des Near Infrared Camera and Multi-Object Spectrometer (NICMOS) und der Advanced Camera for Surveys (ACS) wurden insgesamt 240 Cepheiden unter die Lupe genommen und die Genauigkeit weiter verbessert.
Durch den Einbau neuer, verbesserter Instrumente im Hubble Space Telescope, der gegenwärtig während der Shuttle-Mission STS 125 vorgenommen wird, könnte die Genauigkeit der Messungen in den nächsten Jahren weiter gesteigert werden. Daraus sollen sich auch genauere Aussagen über die Existenz und Natur der Dunklen Energie ableiten lassen, die für die stärker werdende Expansion des Universums verantwortlich gemacht wird.