Hyperschnellläufer in der Kleinen Magellanschen Wolke

Ein Team der Universität Bonn hat in der Kleinen Magellanschen Wolke, unserer Nachbargalaxie, gleich ein Dutzend sogenannter hyperschneller Sterne entdeckt. Das bedeutet, dass diese Sterne sich so schnell bewegen, dass sie ihre Heimatgalaxie verlassen werden.

Ein Beitrag von Stefan Heykes. Quelle: arxiv.org:1010.2490v1. Vertont von Peter Rittinger.

Hyperschnellläufer sind extrem selten. Sie sind auf dem Weg, ihre Heimatgalaxie zu verlassen oder haben das bereits getan, so dass sie alleine durch das Universum fliegen. Um eine Galaxie verlassen zu können, müssen extrem hohe Geschwindigkeiten erreicht werden. Diese hängen von der Masse der jeweiligen Galaxie ab. Daher reichen in der Kleinen Magellanschen Wolke bereits geringere Geschwindigkeiten als in unserer Milchstraße aus, um als Hyperschnellläufer klassifiziert zu werden. Beschleunigt werden diese Sterne meistens dadurch, dass sie aus dicht gedrängten Gruppen von Sternen herausgeschleudert werden. Auch Supernovae in Mehrfachsystemen können einzelne Komponenten sehr stark beschleunigen.

ESO/Universität Bonn via arxiv.org:1010.2490v1
Durchgezogene Kreise: Schockwellen der Sterne, gestrichelte Kreise: vermutliche Herkunftsregion
(Bild: NASA (Spitzer)/ESO/Universität Bonn via arxiv.org:1010.2490v1)

Hyperschnellläufer lassen sich grundsätzlich auf drei Arten entdecken. Zunächst ist es möglich, die Positionsveränderung von Sternen direkt zu vermessen und aus der Veränderung dieser Position die Bewegungsgeschwindigkeit zu bestimmen. Dann kann man durch Spektralanalysen feststellen, wie stark das Spektrum durch den Doppler-Effekt verschoben ist. Durch den Vergleich mit den sonstigen Sternen in der jeweiligen Galaxie kann man feststellen, ob diese gemessene Geschwindigkeit ausreicht, um die Galaxie zu verlassen.

Neben dieser direkten Bestimmung der Geschwindigkeit kann man auch nach den von den Sternen verursachten Schockwellen suchen. Zwischen den Sternen einer Galaxie ist immer auch Gas. Dieses hat nur eine geringe Dichte und ist oft auch ionisiert, es hat aber eine definierte „Schallgeschwindigkeit“. Diese liegt typischerweise bei etwa 10 km/s. Wenn sich ein Objekt schneller durch dieses interstellare Medium bewegt, verursacht es eine Schockwelle. Durch die Verdichtung wird das Gas erwärmt und strahlt im infraroten Bereich.

Die Astronomen des Argelander-Instituts für Astronomie der Universität Bonn haben genau danach gesucht. Dazu wurden Infrarot-Aufnahmen des Spitzer-Weltraumteleskops verwendet. Auf den Aufnahmen hat man nach den Schockwellen gesucht, die im Infrarotbereich (insbesondere im 24-μm-Band) gut zu erkennen sind. Mit dieser Analyse konnten insgesamt zwölf Schockwellen nachgewiesen werden.

Bei allen gefundenen Sternen handelt es sich um sehr schwere Sterne mit kurzer Lebensdauer. Da an den Schockwellen auch die Bewegungsrichtung erkennbar ist und man weiß, dass Hyperschnellläufer meistens aus Clustern von Sternen stammen, kann man ebenfalls vermuten, woher diese Sterne kommen. Man nimmt hierbei an, dass der jeweils nächstgelegene Cluster junger Sterne in der richtigen Richtung die Heimat dieser Sterne sein muss. Weiter entfernte Cluster würden jeweils zu lange Reisedauern erfordern, als dass die Sterne noch existieren könnten.

Die gefundenen Sterne gehören alle unterschiedlichen Varianten der Spektralklassen O und B an. Diese blauen Riesensterne haben typischerweise Massen von einigen 10 Sonnenmassen, was einer Lebensdauer von einigen Millionen Jahren entspricht, also relativ kurz. Das Alter der gefundenen Sterne liegt daher auch zwischen 3 und 10 Millionen Jahren. In dieser Zeit konnten sie Abstände zwischen 195 und 945 Lichtjahre zu ihren Entstehungsregionen erreichen.

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