Japan: Akatsuki wieder auf dem Weg zur Venus

Im Jahr 2010 unternahm die japanische Raumsonde Akatsuki einen ersten Versuch, in eine Umlaufbahn um die Venus einzuschwenken. Nach zahlreichen technischen Problemen soll nun am 7. Dezember 2015 ein zweiter Versuch zum Erfolg führen.

Ertsellt von Thomas Weyrauch. Quelle: JAXA

Start der H-IIA F17 mit Akatsuki an Bord
(Bild: JAXA)
Start der H-IIA F17 mit Akatsuki an Bord
(Bild: JAXA)

Akatsuki (“Morgendämmerung”) ist für die japanische Agentur für Luft- und Raumfahrtforschung (Japan Aerospace Exploration Agency, JAXA) im Weltraum unterwegs. Ihr Start erfolgte am 20. Mai 2010 um 21:58 Uhr und 22 Sekunden UTC vom Yoshinobu-Startkomplex an der Südküste der japanischen Insel Tanegashima auf einer Rakete des Typs H-IIA (H-IIA F17).

Die Sonde mit einer Startmasse von 518,6 Kilogramm ist dazu gedacht, Klima, Wetter und Oberfläche der Venus zu untersuchen. Dafür wurde ihre wissenschaftliche Nutzlast mit einer Gesamtmasse von 34 Kilogramm mit einer Anzahl spezieller Kameras und Detektoren ausgerüstet.

die Ausrüstung von Akatsuki
(Bild: JAXA)
die Ausrüstung von Akatsuki
(Bild: JAXA)

Der ursprüngliche Plan sah vor, dass sich Akatsuki mit Hilfe des bordeigenen Haupttriebwerks, OME für orbit maneuver engine genannt, am 6. Dezember 2010 in einen Orbit um die Venus einbremst. Die vorgesehene Geschwindigkeitsänderung lag bei 748,3 Meter pro Sekunde. Das Manöver gelang jedoch nicht. Der 476,1 Newton starke Motor versagte. Erzielt wurde eine Geschwindigkeitsänderung von nur 134,8 Metern pro Sekunde.

Erreichen wollte man zunächst eine ellipsenförmige Umlaufbahn, deren nächster Bahnpunkt zunächst rund 550 Kilometer über der Venusoberfläche liegen sollte. der Venus-fernste Bahnpunkt hätte in rund 180.000 Kilometern Abstand von der Oberfläche gelegen.

OME am Heck von Akatsuki
(Bild: JAXA)
OME am Heck von Akatsuki
(Bild: JAXA)

Um in den anvisierten Orbit einzutreten, hätte Akatsukis Haupttriebwerk mit seiner aus einem speziellen keramischen Werkstoff (Siliciumnitrid, Si3N4) hergestellten neuartigen Düse rund 12 Minuten (717,5 Sekunden) lang arbeiten müssen. Das MMH mit MON verbrennende, in der Brennkammer filmgekühlte Triebwerk versagte aber nach 152 Sekunden. Gezündet hatte es um 8:49 Uhr JST.

Rund 2,5 Minuten nach der Zündung fiel der gerichtete Schub des Haupttriebwerks erheblich ab, gleichzeitig fing die Sonde an, sich zu drehen. Jede Sekunde stieg die Winkelgeschwindigkeit um fünf Grad pro Sekunde.

Später durchgeführte Analysen förderten zu Tage, dass die Ausströmdüse des Triebwerks vermutlich unmittelbar am Düsenhals abgebrochen war. Der Bruch ist vermutlich Folge einer nicht vorgesehenen sauerstoffreichen Verbrennung, bei der ungünstig hohe Temperaturen aufgetreten waren.

Akatsuki vor ihrem Start
(Bild: JAXA)
Akatsuki vor ihrem Start
(Bild: JAXA)

Die sauerstoffreiche Verbrennung geht wahrscheinlich auf das Konto der Heliumbedrückung bei der Treibstoffförderung. Man unterstellt mittlerweile eine korrosionsbedingt unzureichende Öffnung eines Heliumventils, welches durch Treibstoffdämpfe verunreinigt wurde.

Das Kontrollsystem der Sonde hatte in geeigneter Weise reagiert und die Brennphase des Haupttriebwerks bei einer Winkelgeschwindigkeit von 12 Grad pro Sekunde automatisch beendet, als die starken Störungen der Ausrichtung von Akatsuki im Raum auftraten.

Zum Zeitpunkt des Versagens befand sich Akatsuki im Schatten der Venus (ab 8:50 Uhr und 43 Sekunden JST), eine Funkverbindung mit der Sonde war deshalb nicht vorhanden.

Der ursprüngliche Beobachtungsplan ...
Der ursprüngliche Beobachtungsplan …

Das Triebwerk hätte exakt bis 9:01 Uhr JST arbeiten sollen, wurde aber um 8:51 und 38 Sekunden Uhr JST abgeschaltet. Um 10:26 Uhr JST konnten japanische und US-amerikanische Bahnverfolgungsstationen erstmals wieder die aktuelle Position von Akatsuki ermitteln. Die Sonde bewegte sich dabei auf ungeplanter Bahn von der Venus weg.

Der Venus-Orbit, den Akatsuki hoffentlich im Dezember 2015, also rund 5 Jahre später als einmal geplant, erreicht, entspricht nicht dem ursprünglich vorgesehenen. Mit circa 5.000 x 300.000 Kilometern wird die Sonde nicht so nahe an die Venus herankommen, wie einstmals angedacht (~ 300 x 80.000 Kilometer). Ihr wissenschaftliches Untersuchungsprogramm wurde zwischenzeitlich entsprechend angepasst.

... und der neue für den aktuell geplanten Orbit
(Bilder: JAXA)
… und der neue für den aktuell geplanten Orbit
(Bilder: JAXA)

Vier der 18,1 Newton starken Einstofftriebwerke von Akatsuki sollen die erforderliche Geschwindigkeitsänderung bewirken. Zusammen können sie einen Schub im Bereich von 20% dessen, was das Haupttriebwerk ermöglicht hätte, erzeugen.

Die kleinen Triebwerke arbeiten mit Hydrazin, welches sie katalytisch zersetzen. Der Oxidator MON, den nur das Haupttriebwerk benötigte, befindet sich nicht mehr an Bord.

Akatsuki-Bahnkorrektur am 4. August 2015 - Illustration
(Bild: JAXA)
Akatsuki-Bahnkorrektur am 4. August 2015
– Illustration
(Bild: JAXA)

Um unnütze Masse von Bord der Sonde zu bekommen, hatte man bereits 2011 den Oxidator über die Brennkammer des defekten Haupttriebwerks abgelassen. Die Masse des abgeblasenen Oxidators betrug rund 65 Kilogramm. Die Gesamtmasse aller Treibstoffe hatte beim Start von Akatsuki 196,3 Kilogramm betragen.

Das jüngste Bahnkorrekturmanöver erlebte Akatsuki am 4. August 2015. Dabei kamen gegen 17:30 Uhr JST am Kopf der Sonde montierte Triebwerke zum Einsatz.

Am 30. August 2015 gegen 2:00 Uhr JST passierte Akatsuki den sonnennächsten Punkt, das Perihelion ihres aktuellen Sonnenumlaufs. Die relative Nähe zur Sonne ist auch eines der Probleme, mit denen die Sonde zu kämpfen hat.

Prinzipdarstellung der Untersuchungsaufgaben von Akatsuki
(Bild: JAXA / Takeshi Imamura)
Prinzipdarstellung der Untersuchungsaufgaben
von Akatsuki
(Bild: JAXA / Takeshi Imamura)

Die Temperaturbelastung des Raumfahrzeugs erreichte bei vergangenen Perihelia Werte, die um 30% über dem lagen, was man bei der Auslegung des Raumfahrzeugs als Maximum angenommen hatte. Eine Verschlechterung der Eigenschaften verwendeter Isolierfolien wurde beobachtet, hat sich jüngst aber offenbar verlangsamt.

Schafft es die angeschlagene Sonde in eine Umlaufbahn um die Venus mit einer Periode zwischen acht und neun Tagen, will die JAXA einen kontinuierlichen Beobachtungsbetrieb etablieren.

Wenn sich die Sonde dabei auf elliptischer Bahn von der Venus entfernt, will man bei Abständen über dem Zehnfachen des Venus-Radius den gesamten sichtbaren Planeten hinsichtlich seiner Wolken, der tieferen Schichten seiner Atmosphäre sowie seiner Oberfläche untersuchen.

Akatsuki über der Venus - künstlerische Darstellung
(Bild: JAXA / Akihiro Ikeshita)
Akatsuki über der Venus
– künstlerische Darstellung
(Bild: JAXA / Akihiro Ikeshita)

Nähert sich Akatsuki der Venusoberfläche an, sollen bei Abständen, die geringer sind als das Zehnfache des Venusradius, die Wolken-Konvektion in der Atmosphäre sowie die Ausbreitung und Veränderung feiner wellenförmiger Bewegungen ins Visier genommen werden.

Im Bereich des geringsten Abstands zur Venus stehen Untersuchungen des Schichtaufbaus von Wolkenstrukturen und ein lateraler, also seitlicher Blick in die Atmosphäre auf dem aktuellen Programm.

Bewegt sich Akatsuki auf ihrer Bahn um die Venus in einem Bereich, in dem die Venus die Sonne abschattet, können Beobachtungen von Blitzen in der Atmosphäre und des Nachtglühens selbiger vorgenommen werden.

Akatsuki alias Planet-C ist katalogisiert mit der NORAD-Nr. 36.576 und als COSPAR-Objekt 2010-020D.

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