In Japan wird die größte Einzelantenne zur Unterstützung von Tiefraummissionen ersetzt. Die alte Anlage war für die Missionen von Akatsuki und Hayabusa von besonderem Wert. Ein Neubau soll an diese Erfolge anknüpfen.
Erstellt von Thomas Weyrauch. Quelle: JAXA, The Yomiuri Shimbun
„The Yomiuri Shimbun“ aus Japan berichtete mit Datum vom 17. Februar 2016, dass die Antennenanlage der japanischen Agentur für Luft- und Raumfahrtforschung (Japan Aerospace Exploration Agency, JAXA) in Bälde außer Betrieb gehen wird.
Die Anlage des Tiefraum-Zentrums Usuda (Usuda Deep Space Center, UDSC) in Saku in der Präfektur Nagano war für mehr als 30 Jahre im Einsatz, um die Erforschung des Weltraums mit der Abwicklung der Kommunikation mit teilweise weit von der Erde entfernt operierenden japanischen Satelliten und Sonden zu unterstützen.
Mit rund 64 Meter Durchmesser ist der Antennenreflektor der Anlage aktuell der größte in Japan. Seiner Existenz verdankt die JAXA unter anderem das Auffinden der Sonde Hayabusa, nachdem der Kontakt mit ihr abgebrochen war. Der Großreflektor war auch im Einsatz, als Hayabusa im Jahre 2010 zur Erde zurückkehrte.
Das Konzept für die Anlage stammt aus dem Jahre 1979. Damals wurde in Japan eine Beteiligung am internationalen Programm zur Erforschung des Kometen Halley diskutiert. Die Annäherung des Kometen mit einer geringsten Distanz zur Erde 1986 nahm man als Gelegenheit, eine Antennenanlage einzurichten, die zukünftige japanische Missionen zur Erkundung des Alls hervorragend unterstützen würde.
Die für den Bau verantwortliche Arbeitsgruppe unter Leitung des jetzt 88-jährigen Tomonao Hayashi wählte den Standort Usuda (heute Saku) aus einer Liste von zehn untersuchten Plätzen aus, weil die Kombination von Höhenlage, geringer durchschnittlicher Niederschlagsmenge und großer Entfernung zu größeren menschlichen Ansiedlungen die besten Empfangsmöglichkeiten versprach.
Schließlich begannen die Bauarbeiten. Ausreichend dimensionierte Straßen wurden in das ausgewählte Gelände gezogen,und auf rund 1.456 Metern über dem Meer war zunächst Wald zu roden. 1984 war die Anlage fertiggestellt. Investiert hatte man bis zu diesem Zeitpunkt rund 10 Milliarden (10.000.000.000) Yen.
Laut Hayashi war der Bau nur mit Unterstützung durch die lokale Bevölkerung möglich. Immer wieder besuchte Hayashi die Baustelle, wenn es Fragen zu beantworten gab. Unter anderem wurde diskutiert, ob die Antenne zur Kommunikation mit Außerirdischen benötigt würde und ob die Anlage nicht ein bevorzugtes Ziel für Angriffe Fremder darstelle.
Bei der technischen Auslegung der Anlage griffen die Japaner auf Erfahrungen der US-amerikanischen Luft- und Raumfahrtagentur (National Aeronautics and Space Administration, NASA) zurück. Der Entwurf ermöglichte eine bis dato in Japan unerreichte Präzision beim Empfang von Signalen aus dem All. Ihre Leistungsfähigkeit konnte die Anlage dann auch im Rahmen der internationalen Halley-Kampagne unmittelbar demonstrieren.
Die Möglichkeiten, die die Anlage bietet, waren es auch, die bei einigen Gelegenheiten Voraussetzung für die Rettung von in Schwierigkeiten geratenen Raumfahrtmissionen darstellte. Als 2005 der Kontakt mit Hayabusa abgerissen war, gelang es mit Hilfe der Antenne in Saku, rund sechs Wochen nach dem Verbindungsabbruch ein ausgesprochen schwaches Signal der Sonde zu erfassen.
2010 war man dank der Antenne in der Lage, Signale von Akatsuki zu empfangen, die nach einem – wegen eins technischen Fehlers im Antriebssystem der Sonde – fehlgeschlagenen Einbremsen in einen Venus-Orbit auf eine nicht geplante Bahn geraten war. Als Akatsuki bei einem zweiten Versuch im Dezember 2015 schließlich einen Orbit um die Venus erreichte, war die Antenne in Saku routinemäßig beteiligt.
Der 57-järige Leiter des UDSC, Zenichi Yamamoto, erklärte, dass er seinen Vorgängern ausgesprochen dankbar ist für deren Weitsicht, den Bau einer leistungsfähigen Antennenanlage zu initiieren, noch bevor eine Erkundung des Weltraums durch Japan ernsthaft begonnen worden war.
Die Auslegungsbetriebsdauer der Anlage von 15 Jahren ist zwischenzeitlich deutlich überschritten, im Falle des Ausfalls von Komponenten ist eine Wiederherstellung der Betriebsfähigkeit nicht mehr ohne weiteres garantiert. Deshalb beabsichtigt die JAXA, im japanischen Finanzjahr 2019 eine neue, kleinere, aber leistungsfähigere Anlage in Betrieb zu nehmen, mit der auch die Kommunikation auf solchen Frequenzen möglich ist, die erheblich höhere Datenraten erlauben.
Über das Schicksal der aktuellen Anlage ist noch nicht entschieden. Die JAXA würde sie gerne als Reserve behalten. Auch eine Nutzung als Radioteleskop wurde vorgeschlagen. Anwohner sollen dazu aufgerufen haben, von einem Abbau der alten Antennenanlage abzusehen.
Wenn es nach Tomonao Hayashi geht, hat die alte Anlage eine Zukunft. Er freut sich, dass die Anwohner die Anlage zwischenzeitlich liebgewonnen hätten und formuliert: „Nutzt die Anlage, solange sie nutzbar ist“.
Der Neubau mit einem Reflektordurchmesser von rund 54 Metern soll nach Angaben der JAXA in einem Waldgebiet auf rund 1.580 Metern über dem Meer in etwa 1,5 Kilometern Abstand im Nordwesten der alten Antenne entstehen.
Man hofft, dass die Raumsonde Hayabusa 2, die sich aktuell auf dem Weg zum Asteroiden Ryugu befindet, bei ihrer Rückkehr zur Erde Ende 2020 die neue Antenne zur Abwicklung der erforderlichen Kommunikation nutzen können wird. Nicht nur ein Einsatz für japanische Missionen ist vorgesehen. Die JAXA will auch Anwendern aus anderen Ländern eine Nutzung ermöglichen.
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