Das Gravitationsfeld der Erde “beult aus”.

Seit 1998 zeigen Satellitendaten ein Anwachsen der “Beule” im Erdgravitationsfeld am Äquator an, was Wissenschaftler auf Umschichtungen der ozeanischen Wassermassen zurückführen.

Ein Beitrag von Michael Stein, bearbeitet von Star-Light, Quelle: GSFC.

Topex/Poseidon ist ein Erdsatellit, der die Topographie der Ozeanoberfläche mit beispielloser Genauigkeit messen soll. Topex/Poseidon verbrachte mehr als 13 Jahre im Orbit und verbesserte das Verständnis der Ozeanzirkulation und ihrer Auswirkungen auf das globale Klima. Zusätzlich zur Erstellung der ersten globalen Ansichten der jahreszeitlichen Strömungsveränderungen ermöglichte er den Wissenschaftlern die Vorhersage und ein besseres Verständnis des El-Nino-Phänomens der späten 1990er Jahre.
Topex/Poseidon war ein gemeinsames Projekt der NASA und des französischen Nationalen Zentrums für Weltraumstudien (CNES). (Illustration: NASA)

Bis zum Jahr 1997 schrumpfte die äquatoriale Ausbuchtung im Erdschwerefeld aufgrund des so genannten Post-Glacial Rebound (PGR)-Effekts, der einsetzte, als die Eisdecken nach dem Ende des letzten Eiszeit abgeschmolzen sind. Von dem enormen Gewicht der Eismassen befreit begannen sich die darunter liegenden Landmassen anzuheben. Durch die dadurch bewirkten Bewegungen der tiefer liegenden Erdschichten änderte sich dann schließlich auch die Gestalt des Gravitationsfeldes der Erde. “Die Erde verhielt sich, als ob man einen Finger in einen Schwamm stößt und anschließend zusieht, wie er langsam wieder zu seiner alten Form zurückkehrt”, so der Wissenschaftler Christopher Cox vom Goddard Space Flight Center der NASA.

Zurzeit hat die Erde eine signifikante Ausbuchtung am Äquator und eine Einbuchtung an den Polen. “Beobachtungen des Erdgravitationsfeldes zeigen das es Phänomene gibt, die den gravitativen Effekt des PGR konterkarieren. Während der PGR-Effekt die Größe der Ausbuchtung im Erdschwerefeld am Äquator verringerte, führt das aktuelle Phänomen zu einem Anwachsen dieser ‘Beule'”, so Cox. Diese Veränderungen im Gravitationsfeld der Erde können registriert werden, indem mit Laserstrahlen die Bahnen von Satelliten hochgenau verfolgt werden, um dadurch Änderungen in den Orbits festzustellen, sowie durch Messung der Änderungen in der Rotationsdauer der Erde.

Die Wissenschaftler nehmen an, dass Massenbewegungen von hohen Breitengraden hin zum Äquator die zuletzt beobachteten Änderungen des Erdschwerefeldes verursacht haben. Solche großräumigen Veränderungen können durch den Klimawechsel verursacht sein, ebenso gut ist es aber auch möglich, dass sie Teil von normalen langperiodischen Klimavariationen sind. “Die drei Gebiete, die große Veränderungen im Gravitationsfeld der Erde verursachen können, sind die Ozeane, Polar- und Gletschereis sowie die Atmosphäre”, sagte Cox. Er und sein Kollege Dr. Benjamin Chao haben die Atmosphäre als Verursacher ausgeschlossen. Stattdessen nehmen sie an, dass sich eine signifikante Menge an Eis oder Wasser von den höheren Breitengraden zum Äquator bewegt hat, wobei die Ozeane die Träger dieser Bewegung sein könnten.

Das in den letzten Jahren geschmolzene Polar- und Gletschereis reicht nicht aus, um die beobachteten Veränderungen im Gravitationsfeld der Erde zu erklären. Seit 1997 hätte jedes Jahr ein Eisblock mit einer Kantenlänge von zehn Kilometern und einer Höhe von fünf Kilometern schmelzen und sich in die Ozeane ergießen müssen, damit schmelzendes Eis als Ursache in Frage kommt. Vom amerikanisch-französischen Meeresbeobachtungssatelliten TOPEX/Poseidon ist jedoch kein Anstieg des durchschnittlichen globalen Meeresspiegels gemessen worden, wie er mit einem solchen Vorgang einhergehen müsste.

Da also sowohl Vorgänge in der Atmosphäre wie auch Polar- und Gletschereisschmelzen als Ursachen ausscheiden, müssen riesige Massen innerhalb der Ozeane umverteilt worden sein, um das Gravitationsfeld der Erde in dem beobachteten Maß zu verändern. An dieser Stelle kommt die Theorie ozeanischer Strömungssysteme zum Einsatz. Diese Systeme können in relativ kurzer Zeit enorme Wassermassen bewegen, wie sie für die in den letzten fünf Jahren gemessenen Veränderungen notwendig wären. Die Messungen von TOPEX/Poseidon zeigen einen Anstieg des Meeresspiegels dort, wo auch die äquatoriale gravitative “Ausbuchtung” gewachsen ist. Obwohl die Daten gut miteinander korrespondieren können endgültige Aussagen zur Ursache dieses Phänomens erst dann getroffen werden, wenn genauere Daten über die globale Temperatur und den Salzgehalt der Ozeane zur Verfügung stehen.

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