Am 19. Oktober 2014 wird der Komet C/2013 A1 (Siding Spring) den Mars in einem Abstand von lediglich rund 138.000 Kilometern passieren. Den derzeit aktiven Marsorbitern und -rovern wird sich bei dieser Gelegenheit eine äußerst gute Beobachtungsmöglichkeit bieten. Speziell die Orbiter sind dabei allerdings auch einer gewissen Gefahr ausgesetzt. Aus diesem Grund beginnt die NASA bereits jetzt damit, sich auf den Kometen vorzubereiten.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: JPL. Vertont von Peter Rittinger.
Bereits am 3. Januar 2013 entdeckte der australische Astronom Robert H. McNaught auf den Aufnahmen eines Teleskops des Siding-Spring-Observatoriums einen neuen Kometen. Erste Berechnungen der Umlaufbahn ergaben, dass sich dieser mit dem Namen „C/2013 A1 (Siding Spring)“ versehene Komet am 19. Oktober 2014 unserem äußerem Nachbarplaneten – dem Mars – bis auf eine Entfernung von lediglich rund 110.000 Kilometern nähern wird. Zeitweise wurde es sogar für möglich gehalten, dass der Komet mit dem Mars kollidiert (Raumfahrer.net berichtete).
Diese Möglichkeit einer Kollision kann aufgrund aktueller Beobachtungsdaten mittlerweile ausgeschlossen werden. C/2013 A1 (Siding Spring) wird den Mars an diesem Tag vielmehr in einer Entfernung von etwa 138.000 Kilometern passieren. Die dichteste Annäherung wird dabei mit einem derzeit aktuellen Unsicherheitsfaktor von etwa zwei Minuten um 19:28 Uhr MEZ erfolgen.
Trotzdem handelt es sich hierbei um ein in der menschlichen Geschichte sozusagen bisher einmaliges Ereignis, denn der Vorbeiflug wird in einer Entfernung erfolgen, welche in etwa lediglich einem Drittel des Abstandes zwischen Erde und Mond entspricht. Dieser Komet wird sich dem Mars somit etwa zehn Mal dichter annähern, als dies bei allen bekannten Kometen in der Vergangenheit im Fall einer Passage an der Erde der Fall war. Es ist sogar gut möglich, dass der Mars dabei von der ausgedehnten Koma des Kometen erreicht wird.
Selbstverständlich wird C/2013 A1 (Siding Spring) auf seinem Weg durch das innere Sonnensystem unter der ständigen Beobachtung von irdischen Astronomen stehen. Das Weltraumteleskop WISE konnten den Kometen in den letzten Wochen bereits erfolgreich abbilden. Die entsprechenden Aufnahmen zeigen, dass C/2013 A1 (Siding Spring) eine zunehmende Aktivität aufweist und damit begonnen hat, eine schwache Koma auszubilden. Über einen „Logenplatz“ werden im Oktober 2014 jedoch speziell die derzeit in der Marsumlaufbahn beziehungsweise auf dessen Oberfläche aktiven Orbiter und Rover verfügen.
Kometenbeobachtung vom Mars
Die besten Aufnahmen sind dabei von der HiRISE-Kamera, einem der sechs wissenschaftlichen Instrumente an Bord des Marsorbiters Mars Reconnaissance Orbiter (MRO) zu erwarten. Dieser von der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA betriebene Marsorbiter konnte zuletzt im Herbst 2013 dem Kometen C/2012 S1 (ISON) abbilden, welcher sich zu diesem Zeitpunkt in einer Entfernung von etwa 11 Millionen Kilometern zum Mars befand (Raumfahrer.net berichtete). Zwei weitere Orbiter, der ebenfalls von der NASA betriebene Mars Odyssey und der ESA-Marsorbiter Mars Express, sollen ebenfalls für die Beobachtung von „Siding Spring“ eingesetzt werden.
Nicht für diese Beobachtungen genutzt werden können dagegen die beiden zukünftigen Marsorbiter MAVEN – eine weitere NASA-Mission – und Mars Orbiter Mission (kurz „MOM“, auch als „Mangalyaan“ bekannt) – eine Mission der indischen Raumfahrtbehörde ISRO – welche sich derzeit beide noch auf dem Weg zum Mars befinden und diesen erst unmittelbar vor dessen Zusammentreffen mit „Siding Spring“ erreichen werden.
Aber auch die beiden derzeit auf der Planetenoberfläche aktiven Marsrover Opportunity und Curiosity werden ihre Kamerasysteme im Oktober auf den Kometen ausrichten und dabei versuchen, diesen abzulichten. Zudem sollen beide Rover bei passenden Gelegenheiten den Nachthimmel abbilden und nach Meteoren Ausschau halten, deren Häufigkeit ein Indikator für die Anzahl von Staubpartikeln sein wird, welche sich im Schweif des Kometen befinden und bei der Annäherung an den Mars in die Planetenatmosphäre eintreten werden.
Diese Beobachtungen aus unterschiedlichen Blickwinkeln sollen den Wissenschaftlern dabei helfen, mehr über den Kern des Kometen – speziell über dessen Form und Größe, über dessen Rotationsgeschwindigkeit, die Zusammensetzung und über die Entwicklung seiner Aktivität – in Erfahrung zu bringen. Des weiteren kann so eventuell erforscht werden, welche Einflüsse die Kometenpartikel auf die obere Atmosphärenschicht des Mars ausüben.
„Diese Partikel könnten die Atmosphäre erwärmen und zu einer [minimalen] Ausdehnung führen“, so Rich Zurek, der leitende Wissenschaftler des Mars-Programms der NASA. Verschiedene Infrarot-Spektrometer, mit denen die Orbiter MRO und Mars Odyssey ausgestattet sind, sollen entsprechende Daten liefern.
Gefahr für die Orbiter
Allerdings birgt diese dichte Begegnung zwischen dem Mars und dem Kometen C/2013 A1 (Siding Spring) auch ein gewisses Gefahrenpotential für die Marsorbiter. Hierfür verantwortlich sind die Staubpartikel, welche von der Oberfläche des Kometenkerns in das umgebende Weltall entweichen und dabei mit hohen Geschwindigkeiten auf die Orbiter treffen könnten. Selbst diese normalerweise nur mikroskopisch kleinen Partikel könnten dabei aufgrund der hohen Aufprallgeschwindigkeiten zu ernsthaften Beschädigungen führen. Aus diesem Grund hat die NASA jetzt damit begonnen, sich auf das Eintreffen des Kometen vorzubereiten und gegebenenfalls Sicherheitsmaßnahmen einzuleiten.
Entscheidend für eine genaue Gefahrenabschätzung und die Planung der weiteren Vorgehensweise ist letztendlich die Entwicklung der Aktivität des Kometen bei dessen weiteren Annäherung an die Sonne. „Unsere Pläne, die Raumsonden für die Beobachtung des Kometen Siding Spring einzusetzen, gehen Hand in Hand mit den Vorbereitungen, um die Sonden eventuell auch schützen zu können“, so Rich Zurek.
„Es ist gegenwärtig noch zu früh, um abschätzen zu können, wie gefährlich Siding Spring für die Raumsonden sein wird“, so Soren Madsen vom Jet Propulsion Laboratory der NASA in Pasadena/Kalifornien, der technische Leiter des NASA-Marsprogramms. „Er könnte sich zu einer großen Gefahr entwickeln oder gar kein Risiko darstellen – oder irgendetwas dazwischen.“ Im April, spätestens im Mai 2014 wird sich der Komet der Sonne soweit genähert haben, dass das bisher auf der Oberfläche des Kometenkerns abgelagerte Wassereis verdampft und bei der Freisetzung in den umgebenden Weltraum Staubpartikel mit sich reißt. Spätestens ab dann werden belastbare Aussagen über die zu erwartende Freisetzungsrate von Staub möglich sein.
„Würden wir erst im Mai eine potentielle Gefahr erkennen, dann wäre es allerdings zu spät, um unsere entsprechende Reaktion zu planen“, so Soren Madsen.
Mögliche Vorsichtsmaßnahmen wären eine Veränderung der Umlaufbahnen der Orbiter um den Mars. Diese würden sich dann zum Zeitpunkt der dichtesten Annäherung des Kometen auf der anderen Seite des Planeten befinden und durch diesen vor den Staubpartikeln abgeschirmt sein. Je früher eine solche Orbitänderung erfolgt, desto treibstoffsparender würde diese Bahnkorrektur ausfallen. Eine weitere denkbare Schutzmaßnahme besteht darin, dass die Sonden so ausgerichtet werden, dass deren empfindlichsten Bauteile in der kritischen Phase von dem Kometen wegweisen und deshalb nicht von Staubpartikeln getroffen werden können. Hierbei sind allerdings weitere Kriterien wie zum Beispiel die Energieversorgung – die Solarzellen müssen auf die Sonne gerichtet sein – oder die Kommunikation mit der Erde – die Antennen müssen hierzu in Richtung Erde zeigen – berücksichtigt werden.
Je früher entsprechende Maßnahmen ergriffen werden, desto effizienter werden diese dann auch ausfallen. Aufgrund der vielen Unwägbarkeiten beginnen die Wissenschaftler bereits jetzt damit, die Größe der Staubpartikel und deren Freisetzungsrate eingehend zu analysieren.
Keine Gefahr für die Rover
Die beiden Marsrover Opportunity und Curiosity sind dagegen vor dem Kometen Siding Spring und dessen Staubschweif gut geschützt. Trotz ihrer geringen Dichte bietet die dünne Marsatmosphäre einen ausreichenden Schutz und wird verhindern, dass die von C/2013 A1 (Siding Spring) ausgehenden Staubpartikel die Marsoberfläche erreichen.
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