Marsrover Opportunity : Die Fahrt wird fortgesetzt

Bereits seit Ende Dezember 2011 befindet sich der von der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA betriebene Marsrover Opportunity am Westrand des Endeavour-Kraters. Infolge des in den letzten Wochen erfolgten Anstieges der täglich zur Verfügung stehenden Energiemenge rückt jetzt aber der Zeitpunkt einer Wiederaufnahme der Fahrt näher. Bereits in wenigen Tagen wird der Rover seine Forschungsreise fortsetzen.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: JPL, Planetary Society, UMSF.

NASA, JPL-Caltech, Cornell University, Arizona State University
Dieses Mosaik wurde aus verschiedenen Einzelaufnahmen zusammengestellt, welche die Panoramakamera des Marsrovers Opportunity nach dem Erreichen des Randes vom Cape York, einer am Rand des Endeavour-Kraters gelegenen Geländeerhebung, aufgenommen hat.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Cornell University, Arizona State University)

Auf seinem Weg über das Meridiani Planum erreichte der von der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA betriebene Marsrover Opportunity bereits am 9. August 2011, dem Sol 2.681 der Mission, den Endeavour-Krater (Raumfahrer.net berichtete). Opportunity befand sich jetzt direkt an der Südspitze des Cape York, einer mehrere hundert Meter langen, jedoch nur wenige Meter hohen Geländeerhebung, welche sich direkt am westlichen Rand dieses etwa 22 Kilometer durchmessenden Impaktkraters befindet.

NASA, JPL, Cornell University, Arizona State University
Diese Falschfarbenaufnahme wurde am 28. März 2012, dem Sol 2907 der Opportunity-Mission, angefertigt. Solche Falschfarbenaufnahmen werden erstellt, um auf den Bildern Unterschiede in der mineralogischen Zusammensetzung des Bodens hervorzuheben.
(Bild: NASA, JPL, Cornell University, Arizona State University)

Nach dem Abschluss erster Bodenanalysen in dieser Region (Raumfahrer.net berichtete) bewegte sich der Rover in die nördliche Richtung. Das Ziel der Fahrt war der Nordrand des Cape York, wo der “Robotergeologe” den anstehenden Marswinter verbringen sollte. Der Grund für die mehrmonatige Unterbrechung der Fahrt lag in der Energieversorgung des Rovers begründet, welche ausschließlich durch Sonnenenergie erfolgt. Neben der Lichtdurchlässigkeit der Marsatmosphäre und der Höhe des Sonnenstandes über dem Horizont ist dabei der Bedeckungsgrad der Solarpaneele mit Staubpartikeln entscheidend für die täglich generierte Menge an Strom.

Für den Betrieb seines Bordrechners, einer internen Heizung für die wichtigsten elektronischen Bauteile und für die tägliche Kommunikation mit der Erde benötigt der Marsrover pro Tag ein Minimum von etwa 160 Wattstunden Energie. Eine Auswertung des Verlaufs des Staub-Bedeckungsgrades der Solarpaneele und ein Vergleich mit den Werten der vergangenen Jahre zeigte allerdings, dass die Solarpaneele des Rovers zu diesem Zeitpunkt mit deutlich mehr Staub bedeckt waren als in den vergleichbaren Zeiträumen der Vorjahre.

Aus diesem Grund wurde bereits im Sommer 2011 eine sogenannte “Winter Planning Group” ins Leben gerufen, welche sich mit der zukünftig zu erwartenden Energiesituation und den daraus resultierenden Möglichkeiten für einen Weiterbetrieb des Rovers während der kommenden Wintermonate auf dem Mars auseinander setzen sollte. Die Planungsgruppe kam zu dem Ergebnis, dass die tägliche Energieausbeute von Opportunity bei einer Beibehaltung des bisherigen Trends bis zur Wintersonnenwende auf dem Mars – diese erfolgte am 30. März 2012 – unter ungünstigen Umständen bis auf einen Wert von nur noch rund 200 Wattstunden Energie pro Sol abfallen könnte. Unvorhersehbare Ereignisse wie etwa das Auftreten eines Staubsturmes könnten dann zu einer für den Rover bedrohlichen Energiesituation führen.

NASA, JPL, Cornell University
Eine am 4. Mai 2012 (Sol 2942) angefertigte Mikroskopaufnahme der Marsoberfläche.
(Bild: NASA, JPL, Cornell University)

Deshalb, so die Empfehlung der Planungsgruppe, sollte Opportunity den anstehenden Mars-Winter an einem nach Norden gerichteten Hang verbringen. Dadurch würden sich die starr am Rover-Chassis befestigten Solarpaneele automatisch in Richtung auf die Sonne ausrichten, was eine höhere tägliche Energieausbeute zur Folge haben würde. Ein solches “Überwintern” in einem Winterquartier war in den vergangenen Jahren lediglich bei dem weiter südlich operierenden Zwillingsrover von Opportunity, dem mittlerweile nicht mehr aktiven Rover Spirit, notwendig.
Als Winterquartier, so die Planungsgruppe, bot sich der nördliche Bereich des Cape York an. Die von der HiRISE-Kamera an Bord des Marsorbiters Mars Reconnaissance Orbiter aufgenommenen Bilder und die daraus entwickelten digitalen Gelände- und Höhenmodelle der Region rund um das Cape York zeigten, dass sich in diesem Gebiet verschieden Hänge befinden, welche eine Neigung von bis zu 15 Grad in die nördliche Richtung aufweisen.

Mit der aus einer solchen Neigung resultierenden erhöhten Energiegewinnungsrate, so die Planungsgruppe, sollte der Rover auch während der kommenden Wintermonate weiterhin in der Lage sein, seine wissenschaftliche Aktivitäten in Form von Fotoaufnahmen und spektroskopischen Messungen kontinuierlich durchzuführen. Speziell handelte es sich dabei um spektroskopische Untersuchungen des Bodens, dokumentierende Bildaufnahmen der diversen Kameras und eine indirekte Vermessung des Kerns unseres Nachbarplaneten.

Nach dem Bezug seines Winterquartiers begann Opportunity Ende Dezember 2011 mit seiner wissenschaftlichen Winterkampagne. Das hierbei ausgewählte primäre Ziel war eine Untersuchung der direkt vor dem Rover gelegenen Oberflächenformation “Amboy”. Neben diversen Aufnahmen durch die verschiedenen Kameras und durch ein Mikroskop wurde diese Gesteinsformation in den letzten Monaten mit dem Mößbauer-Spektrometer und mit dem APXS-Spektrometer ausführlich untersucht. Durch die Analyse der chemischen und mineralogischen Zusammensetzung soll so eine eventuell in der Vergangenheit erfolge Interaktion der Marsoberfläche mit Wasser nachgewiesen werden.

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Eine weitere Falschfarbenaufnahme, erstellt am 29. April 2012 (Sol 2938).
(Bild: NASA, JPL, Cornell University, Arizona State University)

Die ersten Auswertungen der bisher gewonnenen Daten von Amboy haben ergeben, dass es sich bei dieser Struktur anscheinend um eine typische Impaktbrekzie handelt, welche sich bei einem Meteoriteneinschlag gebildet hat. Bei dem Impakt wurden ältere auf der Marsoberfläche abgelagerte Gesteine zertrümmert und durch die dabei auftretenden hohen Drücke verdichtet und verschmolzen.

Außerdem wurden die verschiedenen Kamerasysteme des Rovers dazu eingesetzt, um mehrere hochaufgelöste Fotopanoramen anzufertigen. Neben dem “Greeley-Panorama”, einem mit allen Farbfiltern der Panoramakamera erstellten 360-Grad-Panorama, wurde auch die unmittelbare Umgebung des Rovers mehrfach fotografisch dokumentiert. Speziell auf diesen Aufnahmen wollen die an der Mission beteiligten Wissenschaftler nach Veränderungen auf der Oberfläche suchen. So könnten zum Beispiel während der letzten über vier Monate Veränderungen an den in der Umgebung gelegenen kleinen Sanddünen aufgetreten sein, welche durch die erosiven Kräfte des Windes verursacht wurden.

Derzeit sind die Mitarbeiter des Opportunity-Kamerateams damit beschäftigt, die gewonnenen Aufnahmen zu kalibrieren und in ihren finalen Versionen zusammenzufügen. Hierbei handelt es sich allerdings um einen sehr aufwändigen und zeitraubenden Prozess. Jim Bell, der Leiter des Panoramakamera-Teams von der Arizona State University in Tempe/USA, geht jedoch davon aus, dass das “Greeley-Panorama” der Öffentlichkeit bereits in ein paar Wochen präsentiert werden kann.

NASA, JPL
Diese Aufnahme der vorderen Gefahrenerkennungskamera, angefertigt am 4. Mai 2012 (Sol 2942), zeigt die während der letzten Monate durch verschiedene Instrumente ausführlich untersuchte Formation Amboy.
(Bild: NASA, JPL)

Parallel zu diesen Aktivitäten wurde seit dem 1. Januar 2012 ein sogenanntes “Radio Science”-Experiment durchgeführt, durch welches sich die Wissenschaftler nähere Einblicke in den inneren Aufbau unseres Nachbarplaneten erhoffen. Massekonzentrationen im Inneren des Mars führen dazu, dass der Planet auf seiner Umlaufbahn um die Sonne eine minimale Wackelbewegung ausführt. Dieses “Wackeln” kann durch die von Opportunity an die Kommunikationsstationen des Deep Space Network (DSN) der NASA ausgesandten Radiowellen erfasst werden, da es sich durch eine Dopplerverschiebung des Signals bemerkbar macht.

Hierfür werden minimalste Veränderungen in der Frequenz, der Amplitude und der Polarisation des von dem Rover ausgestrahlten Radio-Trägersignals untersucht. Für eine erfolgreiche Verwertung der so gesammelten Daten ist es jedoch zwingend erforderlich, dass sich der Rover im Zeitraum der Messkampagne nicht bewegt. Selbst minimale Positionsveränderungen machen sich in dem empfangenen Trägersignal bemerkbar und können die Messergebnisse verfälschen. Somit boten die vergangenen Monate eine im bisherigen Missionsverlauf einmalige Gelegenheit für eine solche Untersuchungskampagne.

Letztendlich zeigte sich, dass die diesjährige Strategie der für den Betrieb des Rovers zuständigen Mitarbeiter der Mars Exploration Rover-Mission erfolgreich war. Opportunity überstand die Zeit des diesjährigen niedrigsten Sonnenstandes auf dem Mars ohne Probleme. In den letzten Wochen profitierte der Rover dabei auch von mehreren kleinen sogenannten “Dust Cleaning Events”. Bei dieser Ereignissen wehen schwache Windböen über das Roverdeck und beseitigen dabei auch einen Teil der auf den Solarpaneelen abgelagerten Staubschicht.

Einen Überblick über die Entwicklung der Energiewerte von Opportunity während der letzten Monate gibt die folgende Auflistung. Der Tau-Wert steht dabei für die Durchsetzung der Marsatmosphäre mit Staub und Wassereiskristallen. Je mehr Staub sich in der Atmosphäre des Planeten befindet, desto höher fällt dieser Wert aus. Der Wert für die Lichtdurchlässigkeit der Solarzellen gibt dagegen an, wie viel Sonnenlicht die Solarpaneele trotz einer bedeckenden Staubschicht erreicht und letztendlich zur Energiegewinnung genutzt werden kann. Je niedriger der Tau-Wert und je höher der Faktor für die Lichtdurchlässigkeit ausfällt, desto besser ist dies für den Energiehaushalt des Rovers.

  • 01.05.2012: 0,365 kWh/Tag , Tau-Wert 0,480 , Lichtdurchlässigkeit 53,40 Prozent
  • 25.04.2012: 0,366 kWh/Tag , Tau-Wert 0,521 , Lichtdurchlässigkeit 54,60 Prozent
  • 17.04.2012: 0,342 kWh/Tag , Tau-Wert 0,504 , Lichtdurchlässigkeit 52,50 Prozent
  • 12.04.2012: 0,336 kWh/Tag , Tau-Wert 0,526 , Lichtdurchlässigkeit 53,50 Prozent
  • 03.04.2012: 0,321 kWh/Tag , Tau-Wert 0,521 , Lichtdurchlässigkeit 50,60 Prozent
  • 27.03.2012: 0,306 kWh/Tag , Tau-Wert 0,521 , Lichtdurchlässigkeit 48,80 Prozent
  • 21.03.2012: 0,311 kWh/Tag , Tau-Wert 0,508 , Lichtdurchlässigkeit 49,80 Prozent
  • 14.03.2012: 0,301 kWh/Tag , Tau-Wert 0,542 , Lichtdurchlässigkeit 48,90 Prozent
  • 07.03.2012: 0,298 kWh/Tag , Tau-Wert 0,557 , Lichtdurchlässigkeit 48,70 Prozent
  • 28.02.2012: 0,305 kWh/Tag , Tau-Wert 0,520 , Lichtdurchlässigkeit 48,90 Prozent
  • 21.02.2012: 0,277 kWh/Tag , Tau-Wert 0,684 , Lichtdurchlässigkeit 47,60 Prozent
  • 14.02.2012: 0,274 kWh/Tag , Tau-Wert 0,678 , Lichtdurchlässigkeit 46,70 Prozent
  • 08.02.2012: 0,283 kWh/Tag , Tau-Wert 0,648 , Lichtdurchlässigkeit 47,80 Prozent
  • 01.02.2012: 0,270 kWh/Tag , Tau-Wert 0,679 , Lichtdurchlässigkeit 46,90 Prozent
  • 24.01.2012: 0,279 kWh/Tag , Tau-Wert 0,693 , Lichtdurchlässigkeit 47,30 Prozent
  • 17.01.2012: 0,276 kWh/Tag , Tau-Wert 0,602 , Lichtdurchlässigkeit 44,70 Prozent

Aufgrund der sich in den letzten Wochen immer weiter verbesserten Energiesituation kamen die Mitarbeiter des für die Kontrolle des Rovers zuständigen Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien zu dem Entschluss, dass Opportunity jetzt sein diesjähriges Winterquartier verlassen und die Fahrt wieder aufnehmen soll. Entsprechende Kommandosequenzen sollen bereits in wenigen Tagen an den Rover übermittelt und anschließend von diesem ausgeführt werden. Allerdings wird sich der Rover dabei in den ersten Tagen nach der Wiederaufnahme der Fahrt zunächst lediglich in “kleinen Schritten” von seiner derzeitigen Position fortbewegen. Pausen zwischen den einzelnen Fahrten sollen dazu genutzt werden, um das in der Umgebung von “Greeley Haven” – so der Name des Winterquartiers – gelegene Gebiet noch näher zu untersuchen.

NASA, JPL, Cornell University
Diese am 29. April 2012 (Sol 2938) von der Navigationskamera angefertigte Aufnahme zeigt das vor dem Rover befindliche Gelände.
(Bild: NASA, JPL, Cornell University)

Anschließend, so die aktuellen Planungen, soll sich Opportunity wieder in den Bereich des Cape York begeben, wo bereits Ende 2011 mehrere Gipsadern entdeckt wurden und die ein eindeutiges Anzeichen für das frühere Vorhandensein von Wasser darstellen (Raumfahrer.net berichtete).

“Wir wollen uns noch einmal an diese Stelle begeben und diesmal nach einer größeren Gipsader suchen, welche das Sichtfeld des APXS-Spektrometers vollständig ausfüllt”, so Ray Arvidson, der stellvertretende Chefwissenschaftler der Mission. Im Rahmen der dann erfolgenden Messungen ist auch der Einsatz des “Rock Abrasion Tools” (RAT) vorgesehen. Mit diesem Gesteinsbohrer soll die oberste Schicht der zu untersuchenden Ader von Staubablagerungen und anderen Verunreinigungen befreit werden, um anschließend das reine Gipsmaterial näher zu analysieren. Die 2011 im Detail untersuchte Gipsader “Homestake” war an ihrer Oberfläche durch Sand und Staubablagerungen stark verunreinigt, was die damals gewonnenen Messdaten eventuell verfälscht hat.

Nach dem Abschluss dieser Untersuchungen wird Opportunity das Cape York nach dem bisherigen Planungsstand endgültig verlassen und sich entlang des Randes des Endeavour-Kraters in die südliche Richtung bewegen. Das “Fernziel” hierbei sind die mehrere Kilometer vom jetzigen Standpunkt entfernt gelegenen Geländeerhebungen Solander Point und Cape Tribulation. Dort, so die bisherigen Analysen der von den verschiedenen Marsorbiter gewonnenen Daten, scheinen sich Schichtsilikate und Tonminerale abgelagert zu haben, was auf eine früher erfolgte Interaktion der dortigen Oberfläche mit Wasser hindeutet. Zuvor wird der Rover jedoch eine kleine Ebene namens Bottany Bay überqueren. Verschiedene Messdaten des CRISM-Spektrometers an Bord des Mars Reconnaissance Orbiter deuten darauf hin, dass sich auch dort Gipsablagerungen befinden.

Bis zum heutigen Tag, dem Sol 2945 der Mission, hat der Marsrover Opportunity insgesamt 34.361,37 Meter auf der Oberfläche des Mars zurückgelegt und dabei fast 167.500 Bilder von der Oberfläche und der Atmosphäre des Roten Planeten aufgenommen und an sein Kontrollzentrum in Pasadena/Kalifornien übermittelt.

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