Der Disput über die Vergabe von Aufträgen zum Bau der dritten Generation europäischer Wettersatelliten wurde beigelegt. Für einen einstimmigen Beschluss der EUMETSAT-Mitgliedsstaaten auf einer Tagung des Leitungsgremiums der EUMETSAT in Rom ist der Weg frei.
Ein Beitrag von Thomas Weyrauch. Quelle: BBC, Der Aktionär, ESA, Eumetsat, Space News. Vertont von Peter Rittinger.
Bei Entwicklung,, Bau und Betrieb der Wettersatelliten des Typs Meteosat Third Generation (MTG) handelt es sich vermutlich um eines der bisher komplexesten europäischen Raumfahrtprojekte. Das MTG-Programm ist ein Joint Venture zwischen der Europäischen Raumfahrtagentur (ESA), die sich um die Beschaffung der Satelliten kümmert, und EUMETSAT, dem Betreiber der europäischen Wettersatelliten. Die Mitgliedsstaaten beider Organisationen haben anhaltend darum gerungen, dass die jeweils eigene Raumfahrtindustrie möglichst umfassend bei der Auftragsvergabe berücksichtigt wird.
Die Finanzierung des MTG-Programms erfolgt durch EUMETSAT mit 26 Mitgliedsstaaten und einem Anteil von rund 75 Prozent sowie die ESA mit ihren 18 Mitgliedsstaaten. Der deutsche Betrag wird dabei der höchste sein. Mit der Entscheidung der ESA, Thales Alenia Space (TAS) aus Cannes in Frankreich zum Hauptauftragsnehmer zu machen, zeigte sich die deutsche Seite, unterstützt von Portugal, nicht einverstanden, obwohl es vorgesehen war, dass TAS einen Teil der Arbeiten durch OHB System aus Bremen und Kayser-Threde aus München erledigen lässt. Auf einer Sondersitzung des EUMETSAT-Rates in Darmstadt im März 2010 waren die Bedenken vorgetragen worden.
Weil man sich auf eine stärkere Beteiligung von EADS Astrium als Subunternehmer in Einzelbereichen verständigte, wurde die jetzt erfolgte Einigung möglich. EADS Astrium wird bei der Herstellung eines der Hauptinstrumente der neuen Satelliten eine stärkere Rolle spielen, auch wenn OHB mit Kayser-Threde Hauptauftragsnehmer für den Bau des Instruments bleibt. Zusätzlich wurde ein Technologietransfer von TAS zu den deutschen Partnern vereinbart. Die Weitergabe von Erfahrungen im Avionikbereich ist dazu gedacht, sicherzustellen, dass auch für zukünftige Bieterverfahren Programme betreffend, die ein präzises Ausrichten von Instrumenten erfordern, geeignete Bewerber bereitstehen.
Im Zeitplan des MTG-Programms wurden sechs zusätzliche Monate ergänzt, um die geänderte Auftragsnehmerstruktur zu berücksichtigen. Die so entstandene Programmverzögerung hält man für unkritisch, da die aktuell von EUMETSAT eingesetzten Wettersatelliten der zweiten Generation (MSG) zuverlässig arbeiten. Der Start eines am Boden bereitgehalten Reservesatelliten war zwischenzeitlich um ein Jahr verschoben worden, weil er im All noch nicht benötigt wird. EUMETSAT geht von einer Nutzbarkeit des MSG-Systems bis 2018 aus.
Eine deutliche Kostensteigerung soll es nicht geben und den von der ESA vorgesehenen Finanzrahmen des Beschaffungsprojekts von 1,3 Milliarden Euro für das Weltraumsegment nicht sprengen. TAS hat den Bau der Satelliten, die in zwei Varianten mit unterschiedlicher Instrumentenausstattung entstehen sollen, als Hauptauftragsnehmer für 1,25 Milliarden Euro angeboten, rund 160 Million Euro günstiger, als es Astrium tat.
2016 oder 2017 könnte der Einsatz von Satelliten der dritten Generation beginnen. Ein erster Start war zuletzt für 2015 geplant. Vorgesehen ist, dass der erste MTG-Satellit (MTG I1) 2016 nach einer neunmonatigen intensiven Testphase in den Regelbetrieb geht. 2017 würde dann der zweite MTG-Satellit (MTG S1) gestartet. Insgesamt sechs Raumfahrzeuge sollen zusammen rund zwanzig Jahre Betrieb ermöglichen, jedes einzelne wird auf einen Lebensdauer von 8,5 Jahren ausgelegt. Kontrolle und Steuerung der im Gegensatz zur Vorgängergeneration dreiachsstabilisierten Satelliten sowie die Distribution der von den Satelliten gelieferten Rohdaten will EUMETSAT wieder in Darmstadt erledigen, so wie es schon hinsichtlich der Vorgängergeneration geschieht.
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