NASA-Ionosphärenforschungssatellit ICON startet 2017

Aktuellen Planungen zufolge wird der neue Ionosphärenforschungssatellit mit der Bezeichnung ICON Mitte des Jahres 2017 ins All gebracht werden können. Bei der Vorbereitung der Mission ist man auf bestem Wege.

Erstellt von Thomas Weyrauch. Quelle: NASA, UC Berkeley

Techniker und Wissenschaftler haben die von ihnen erdachten und konstruierten Instrumente für ICON zwischenzeitlich nach Utah geschickt, wo die Geräte vor der Integration in den Satelliten noch einmal ausführlich getestet werden sollen.

ICON alias Helio-EX 1 ist ein Projekt der US-amerikanischen Luft- und Raumfahragentur (National Aeronautics and Space Administration, NASA) unter Führung der Universität Berkeley aus dem US-amerikanischen Bundesstaat Kalifornien (Berkeley Universitiy of California, UC Berkeley).

Das Projekt, das mit Unterstützung von Forschern und Ingenieuren aus der ganzen Welt realisiert wird, ist dazu gedacht, weitere Erkenntnisse zum Verständnis der Beziehungen zwischen der Erdatmosphäre und den Bedingungen im umgebenden Weltall zu liefern. Mit Hilfe von ICON wird man letztlich der Verbindung des Weltraumwetters mit dem irdischen Wetter auf den Grund gehen können. Entsprechend erfolgte die Namensgebung des Raumfahrzeugs: ICON steht für Ionospheric Connection Explorer.

erwartete Plasmaverteilung über dem Erdäquator
erwartete Plasmaverteilung über dem Erdäquator

Thomas Immel ist der leitende Wissenschaftler für die ICON-Mission und davon überzeugt, dass ICON unsere Vorstellungen von der Grenzregion zwischen Erdatmosphäre und Weltraum verändern wird. Immel: „Von unserer Arbeitsgruppe aus Berkeley und von unseren Partner-Institutionen aus dem ganzen Land wurden Instrumente auf dem allerneusten Stand geliefert. Sie werden uns helfen, ein vollständigeres Bild von den Ursachen zu bekommen, die für die Veränderungen in der Ionosphäre verantwortlich sind.“Die Ionosphäre ist die Grenzregion, in der die Sonne eine Ionisation chemischer Bestandteile bewirkt und für einen durchaus wechselhaften Strom geladener Teilchen sorgt.

Gemäß Immel verursacht der andauernde Kampf der Kräfte der Sonne mit dem Wettersystem der Erde rund 100 Meilen (~160 km) über unseren Köpfen extreme und nicht vorhersagbare Veränderungen. ICON soll die in der Ionosphäre und im erdnahen Raum wirkenden Kräfte untersuchen und den Weg bereiten für ein Verständnis von Störungen in der Ionosphäre, die erhebliche Interferenzen mit Kommunikations- und Navigationssignalen verursachen können.

Laut Immel wurden die Veränderungen in der Ionosphäre erst seit etwa zehn Jahren im Rahmen von Beobachtungen festgestellt, und noch verstehen Wissenschaftler nicht, was diese Veränderungen auslöst: „Wir sehen Plasma, das sich entlang des Äquators rund um die Erde ausdehnt, und sich wieder zurückzieht, und unsere Modelle können das nicht beschreiben. Um herauszufinden, warum das so ist, bauen wir ICON.“

mit dem Satelliten TIMED beobachtete Plasmaverteilung
(Bilder: UC Berkely)
mit dem Satelliten TIMED beobachtete
Plasmaverteilung
(Bilder: UC Berkely)
Instrument FUV für ICON
(Bild: NASA / UC Berkeley)
Instrument FUV für ICON
(Bild: NASA / UC Berkeley)

Die Veränderungen im Plasma erfolgen auch, wenn die Sonne relativ ruhig ist. Den Antrieb für den Wechsel in der Plasmaverteilung sucht man derzeit in einer Kombination von Winden (Strömungen neutraler Teilchen) in der Thermosphäre, ihrer lokalen Zusammensetzung aus neutralen oder ionisierten Teilchen entlang der Feldlinien des Erdmagnetfelds und der Temperatur.

Immel und seine Arbeitsgruppe sind verantwortlich für eine zeitnahe Umsetzung der Mission, von der man in der Wissenschaftsgemeinschaft Daten erwartet, die bei der Aufklärung der Vorgänge in der Ionosphäre über dem Äquator und zum Verständnis der beobachteten Dynamik helfen.

Damit die zu erfüllenden Aufgaben gelöst werden können, erhält ICON vier Instrumente. Zwei Spektrographen für ultraviolette Strahlung kommen von der UC Berkeley. Sie dienen der Erfassung von Licht im extremen (EUV) und fernen (FUV) Ultraviolett zur Plasmadichtebestimmung. Das MIGHTI (Michelson Interferometer for Global High resolution imaging of the Thermosphere and Ionosphere) genannte Interferometer dient primär der Erfassung von Daten zur Windgeschwindigkeit und Temperatur in der Hochatmospähre und wird vom Meeresforschungslabor Virginia (Naval Research Laboratory, NRL) beigesteuert. Das Messgerät für die Geschwindigkeit, Temperatur und Anzahl von Ionen (Ion Velocity Meter, ION) entstand in Dallas an der Universität Texas (UT Dallas).

Instrument MIGHTI für ICON
(Bild: UC Berkeley)
Instrument MIGHTI für ICON
(Bild: UC Berkeley)

Die vier Instrumente wurden im März 2016 an das Labor für Weltraum-Dynamik (Space Dynamics Laboratory, SDL) der Universität Utah in Logan geliefert, wo sie auf die Nutzlastplattform (Payload Interface Plate, PIP) für den Satelliten montiert werden. Integration auf der Nutzlastplattform und Tests des gemeinsamen Betriebs (integration and testing, I&T) sind zentrale Schritte bei der Vorbereitung der Satellitenmission.

In den kommenden Monaten wird die Nutzlastplattform zusammen mit den darauf montierten Instrumenten eine Reihe von Tests überstehen müssen. Auf dem Programm stehen unter anderem Vibrationstests und solche unter unterschiedlicher Temperatureinwirkung.

Instrumentenmontageplattform
(Bild: UC Berkeley)
Instrumentenmontageplattform
(Bild: UC Berkeley)

Nach Abwicklung der anstehenden Tests soll die vollständige Beobachtungsnutzlast für ICON zum Luft- und Raumfahrtunternehmen Orbital ATK im US-Bundesstaat Virginia gebracht werden, idealerweise noch im Verlauf dieses Jahres. Dort wird das Nutzlastmodul mit dem sogenannten Satellitenbus verbunden, der alle raumflugtechnischen Systeme, darunter Antrieb, Stromversorgung und Kommunikationstechnik, von ICON enthält.

Der Satellitenbus vom Typ LEOStar 2 wird von Orbital ATK bereitgestellt. Aufgabe von Orbital ATK ist es auch, das komplettierte Raumfahrzeug mit einer Gesamtmasse von rund 272 Kilogramm soweit vorzubereiten, dass es im Frühjahr 2017 mit dem vorgesehenen Träger, einer Rakete des Typs Pegasus-XL von Orbital ATK, verbunden werden kann.

ICON über der Erde - Illustration
(Bild: NASA)
ICON über der Erde – Illustration
(Bild: NASA)

Die ICON-Wissenschaftler sind derweil damit beschäftigt, Software, die zum Herunterladen von durch die Instrumente von ICON erfassten Daten und ihrer Bearbeitung dient, fertigzustellen. Gelingt der Start von ICON, der im Juni 2017 stattfinden könnte, wie vorgesehen, werden die Wissenschaftler schon bald mit richtigen Messdaten hantieren können, und nicht mehr nur mit simulierten Daten, wie es bei erforderlichen Tests der Fall ist.

Empfangen will man die Daten über die Bodenstationen Berkeley, Wallops (WGS) und Santiago. Datensendungen sollen im S-Band mit einer Geschwindigkeit von 3,5 Megabit pro Sekunde erfolgen. An Bord des Satelliten ist eine Speicherkapazität von 16 Gigabit vorgesehen.

Zum Startdatum gibt es aktuell abweichende Informationen. Die NASA nennt beispielsweise Juni 2017, aber auch Oktober 2017.

Im All soll ICON mindestens zwei Jahre lang wissenschaftliche Daten sammeln. Die geplante annähernd kreisförmige Umlaufbahn des Raumfahrzeugs in einer Höhe vom 575 Kilometern ist 27 Grad gegen den Erdäquator geneigt.

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