Neues vom SLS

In den letzten Tagen gab es seitens der NASA immer wieder neue Informationen bezüglich des geplanten Schwerlastträgers SLS. Hier nun ein eine Zusammenfassung dieser Infos.

Ein Beitrag von Daniel Maurat. Quelle: NSF, Raumcon, flightglobal.com.

Startplattform

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So wird der erste Start eines SLS im Jahr 2017 aussehen.
(Bild: NASA)

Für den neuen Träger braucht man auch eine neue Startplattform, einen sogenannten ML (engl. Mobile Launcher für mobiler Starter), welcher die Rakete von der Integration im VAB (Vehicle Assembly Building) am Kennedy Space Center in Cape Canaveral, Florida, zu einem der Startplätze des Komplexes 39 (LC 39) bringt, der bis zum eigentlichen Start in den Weltraum als Stabilisation und Schutz vor Wind dient und die Verbindung zu den elektrischen Systemen und den Datenleitungen herstellt, die benötigt werden, um den Zustand der Rakete zu überprüfen. Außerdem braucht man solch eine Startplattform auch dazu, die Rakete auf der Startrampe zu betanken und, wie im Falle des SLS, die Besatzung in ihre Raumkapsel einsteigen zu lassen. Man sieht also, dass solch eine Startplattform eine ganze Reihe von Aufgaben hat.

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So sieht zurzeit der ML im Kennedy Space Center aus.
(Bild: NASA)

Wenn man sich im Kennedy Space Center umsieht, kann man einen über 100 m hohen Turm sehen, der stark an die Startplattformen der Apollo-Ära mit ihren Saturn-Raketen erinnert: Diese Startplattform wurde vor einigen Jahren für die inzwischen eingestellte Ares I des Constellation-Programms gebaut. Nachdem eben jenes Programm im Februar 2010 durch US-Präsident Obama beendet wurde, brauchte man für diese neu gebaute MLP einen besseren Verwendungszweck als den eines neuen Aussichtturms über den Weltraumbahnhof. Diesen erhielt es mit dem SLS, dem neuen Schwerlastträger, der aus der Asche sowohl des Constellation- als auch des Shuttle-Programms aufstieg. Aber diese Startplattform in ihrem jetzigen Zustand hat einen Nachteil: Sie ist für eine völlig andere Rakete mit völlig anderem Stufenkonzept ausgelegt. So hatte die Ares I als Erststufe einen Feststoffbooster, ähnlich derer des Space Shuttles. Das SLS aber ähnelt mehr einem Shuttle auf der Startrampe, nur ohne Orbiter, mit den Triebwerken am Tank montiert und der Nutzlast an der Spitze. Dies machte Umbauarbeiten von vorn herein unumgänglich.

In den letzten Monaten hat man sich bei der NASA um dieses Thema redlich Gedanken gemacht, da man auch eine Reihe von Versorgungsarmen braucht, um die Rakete zu betanken etc. Dabei hat man sich bis dato auf eine Reihe von Versorgungsstrukturen geeinigt, die an die Startplattform angebaut werden sollen. Dabei handelt es sich um folgende Strukturen:

  • Die beiden Tail Service Mast Umbilicals (TSMUs) bilden das Betankungssystem für die Kernstufe des SLS. Sie werden sich gegenüber des Service-Turms sowie des Trägers befinden. Jeder dieser TSMUs betankt die Stufe mit einem anderen Treibstoff, namentlich die kryogenen Substanzen flüssiger Wasserstoff und flüssiger Sauerstoff. Die beiden TSMUs bestehen dabei aus je einem schwenkbaren Arm, welcher beim Start in eine integrierte Schutzhülle geschwenkt wird, die die Leitungen vor den Abgasen der Triebwerke schützen soll. Sie ähneln dabei einem Betankungssystem, das schon bei der Saturn V für deren Erststufe genutzt wurde.
  • Eine Rakete braucht natürlich auch einen festen Halt, damit sie nicht umkippt. Dazu werden insgesamt acht Vehicle Support Posts (VSPs) zur Verfügung stehen. Auf je vier von ihnen wird je ein Booster gelagert und beide mit Sprengbolzen verbunden. Bei der Zündung der Booster werden die Bolzen weggesprengt und die Rakete kann abheben. Das System wird vom Shuttle-Programm übernommen.
  • Doch die Booster brauchen nicht nur eine mechanische Verbindung zur Startrampe, sondern auch eine elektrische sowie eine Datenverbindung zum Kontrollzentrum. Dafür wird je ein Aft Skirt Umbilical (ASU) pro Booster zur Verfügung stehen. Diese werden ebenfalls im Moment des Starts vom Booster getrennt und dann in einen integrierten Schutzraum eingefahren.
  • Da das SLS eine etwa sechs Kilometer lange Straße vom VAB zur Startplattform überwinden muss, braucht es so genannte Vehicle Stabilizer (VS). Es handelt sich dabei um Hydraulikkolben, die Schwingungen der Rakete abfedern und somit das Gesamtsystem SLS stabil halten.
  • Beim Space Shuttle gab es die ET Vent Line, ein Entlüftungssystem für den Wasserstofftank. Überschüssiger gasförmiger Wasserstoff wurde abgepumpt und in einiger Entfernung verbrannt, um so eine Knallgasexplosion an der Startrampe zu verhindern. Ein ähnliches System ist mit der Core Stage Inter-Tank Umbilical (CSITU) in Planung. Es soll am Wasserstoffentlüfungsventil an der Zwischentanksektion zwischen den beiden Tanks befestigt werden und die Aufgabe der ET Vent Line übernehmen. Zunächst war angeblich geplant, eben jene Vent Line der zurzeit im Abriss befindlichen Strukturen des LC 39, welche für das Shuttle gebraucht wurden, wiederzuverwenden. Dieser Plan wurde aber aufgegeben.
  • Es gibt jedoch auch Versorgungsstrukturen, deren Einsatz noch nicht sicher ist. Zu jener Gruppe gehört sicherlich der Core Stage Forward Skirt Umbilical (CSFSU). Er soll am oberen Ende der Kernstufe befestigt werden und den Arbeitern an der Startrampe einen Zugang zur Stufe gewährleisten. Zu dieser Kategorie gehören ebenfalls die zwei Vehicle Access Arms (VAAs), die die gleiche Aufgabe haben wie der CSFSU.
  • Für die ersten Flugmodelle des SLS, den sogenannten Block-1A-Modellen, ist eine Interim Cryogenic Propulsion Stage (iCPS), also eine vorübergehend zu verwendende kryogene Oberstufe geplant. Sie wird die Zeit bis zu den beiden eigentlichen Oberstufen, welche wohl erst Mitte der 2020er beziehungsweise Anfang der 2030er Jahre zur Verfügung stehen werden, überbrücken. Die iCPS, welche auf der Oberstufe der Delta IV Heavy basieren soll, braucht natürlich ebenfalls Betankungsanlagen etc., genauso wie die Kernstufe. Für diese Aufgaben ist der Interim Cryogenic Propulsive Stage Umbilical (iCPSU) geplant. Dieser Arm soll dabei den Strukturen ähneln, welche schon heute am Startkomplex 37B, von wo die Delta IV startet, eingesetzt werden.
  • Für die Hauptnutzlast des SLS, das Raumschiff Orion, braucht man ebenfalls Versorgungsstrukturen. Dafür zuständig sein wird der Orion Service Module Umbilical (OSMU), welcher über Treibstoff-, Strom- sowie Datenleitungen verfügen wird. Er wird am Service-Modul von Orion befestigt sein und auch erst beim Start von diesem getrennt.
  • Schließlich braucht eine Rakete, deren Nutzlast ein bemanntes Raumschiff ist, auch eine Zugang für die Astronauten, damit sie in ihr Raumschiff einsteigen können. Diese Aufgabe fällt dem Crew Access Arm (CAA) zu. Er besteht dabei aus einer schwenkbaren Brücke sowie einem Reinraum, der sogenannten Environmental Chamber (EC), in der die Astronauten durch das Startplattformpersonal für den Einstieg in das Raumschiff bereit gemacht werden. Das Personal dort wird den Astronauten außerdem helfen, in das Raumschiff einzusteigen sie festschnallen sowie weitere Aufgaben übernehmen. Für den CAA gibt es Überlegungen, denjenigen zu nehmen, der auch im LC 39A verbaut wurde, ihn zu recyceln und umzubauen, um den veränderten Anforderungen gerecht zu werden. Er wird auch Bestandteil des Rettungssystems der Astronauten, des so genannten Emergency Egress System (EES), sein.

Booster

Dynerics, flightglobal.com
So könnte das SLS mit Flüssigboostern aussehen.
(Bild: Dynerics, NASA)

Die derzeit für Block 1A geplanten Booster sind eine Weiterentwicklung der bisherigen Shuttle-Booster, welche über fünf mit Treibstoff gefüllten Segmenten verfügen werden statt der bisherigen vier der Shuttle-SRBs (Solid Rocket Booster – Feststoffzusatzrakete). Ab dem fünften Flug, der für 2025 geplant ist, sollen neue Booster die Rakete antreiben. Für diese läuft derzeit eine Ausschreibung zwischen ATK, dem Hersteller der Shuttle-Booster und der neuen Fünf-Segment-Booster, sowie Dynerics und Pratt & Whitney Rocketdyne (PWR), die einen Booster auf Flüssigtreibstoffbasis, namentlich mit Kerosin und flüssigem Sauerstoff, entwickeln wollen. Als Antrieb sollen zwei modernisierte Rocketdyne F-1A-Triebwerke auf Basis der Triebwerke der Erststufe der Saturn 5 dienen. Bei der Produktion der Triebwerke sollen modernste Anlagen der NASA, welche noch für das Constellation-Programm gebaut wurden, genutzt werden und ein kompletter Test aller Komponenten innerhalb eines 30-monatigen Entwicklungsprogramms erfolgen. Schon in der Block-1-Variante wäre eine solche Rakete in der Lage, eine Nutzlast von 120 t zu starten. Mit den Boostern von ATK wäre das nur mit der Block 2-Variante, also mit der neuen, großen Oberstufe, machbar.

Eine weitere Möglichkeit für diesen Booster neben dem Einsatz beim SLS ist eine Nutzung als Erststufe für einen eigenen Träger. So gibt es Überlegungen, den Booster um eine Oberstufe zu erweitern. Eine Möglichkeit wäre, die Oberstufe der eingestellten Ares I zu benutzen, die den gleichen Durchmesser hat wie der Booster. Damit wäre es auch möglich, die Orion-Kapsel in den erdnahen Orbit zu bringen, ohne gleich das dafür überdimensionierte SLS zu benutzen.

Nutzlastverkleidungen
Auch in Sachen Nutzlastverkleidungen gibt es bei der NASA Pläne für die Zukunft: Neben dem Auftrag, ein Schwerlastträger als Basis für die Exploration des Sonnensystems, vor allem etwa von erdnahen Asteroiden oder des Mars, zu sein, gibt es auch Gedanken für eine anderweitige Nutzung. Das sind etwa der Start von wissenschaftlichen Nutzlasten, wie großen Teleskopen zu den Lagrangepunkten, aber auch der Start einer geplanten Raumstation am Lagrangepunkt 2 des Erde-Mond-Systems. Letzterer befindet sich etwa von der Erde gesehen rund 40.000 km hinter dem Mond. Um die Module einer Station dorthin zu bringen, braucht man einen Träger wie das SLS und dieses eine passende Nutzlastverkleidung, damit die Nutzlasten den Flug durch die Erdatmosphäre unbeschadet überstehen. So soll es zwei grundlegende Arten von Nutzlastverkleidungen geben: Eine mit kleineren Durchmesser, welche für die iCPS-Stufe geeignet ist, sowie eine größere Verkleidung mit 8 m Durchmesser, welche sowohl mit als auch ohne eine Oberstufe einsetzbar sein wird. Es soll sie in verschiedenen Längen geben sowie eine spezielle Version für einen bemannten Flug mit dem Orion-Raumschiff.

Zusammenfassung
Man sieht an diesen ganzen neuen Nachrichten, dass die Entwicklung des SLS trotz des sehr stark gestreckten Zeitplans in vollem Gange ist. Doch neben dem Projekt Schwerlastträger gibt es auch andernorts bei der NASA Fortschritte: So geht es im Kennedy Space Center weiter mit dem Orion-Raumschiff, welches 2014 bei der Mission ETF-1 zum ersten Mal die Erde in Richtung Weltraum verlassen soll. Alles in allem kann man sagen, dass die NASA auf dem richtigen Weg ist und der Traum von der Erforschung des Sonnensystems langsam Gestalt annimmt.

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