Noch kein grünes Licht für Bushs Weltraumpläne

Mehr als zwölf Wochen nach Präsident George W. Bushs Ankündigung des ehrgeizigen Plans, amerikanische Astronauten auf Missionen zurück zum Mond und zu weiter entfernten Zielen zu schicken, hält sich das Interesse seitens der Öffentlichkeit und der Politiker in Grenzen.

Ein Beitrag von Gero Schmidt. Quelle: Frank Sietzen, United Press International.

Statt auf die technischen Fragen, die die Realisierung bemannter Flüge zum Mond und zum Mars aufwirft, konzentriert sich die Aufmerksamkeit auf die möglichen Kosten eines solchen Unterfangens und auf die Frage, ob die NASA bereit für eine solche Aufgabe ist.

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George W. Bushs Raumfahrtvision sieht eine bemannte Rückkehr auf den Mond vor, der seit dem Apollo-Programm vor über 30 Jahren nicht mehr betreten wurde.
(Foto: NASA)

Meinungsumfragen, die nach der Rede von Bush im NASA-Hauptquartier vom 14. Januar gemacht wurden, zeigten eine große öffentliche Unterstützung für die ersten vorgesehenen Schritte des neuen Raumfahrtplans, wie die Wiederaufnahme der Shuttle-Flüge und die Fertigstellung der Internationalen Raumstation (ISS). Aber die langfristigen Ziele, also eine Rückkehr zum Mond und bemannte Marsmissionen, riefen nicht gerade Begeisterungsstürme hervor. Dennoch bleiben das Weiße Haus und die NASA optimistisch, dass die Unterstützung in der Öffentlichkeit und durch die Politiker noch zunehmen wird, wenn die Vorschläge erst einmal besser bekannt sind und näher erklärt werden. Wie von Bush angekündigt, ist der neue Kurs für das zivile US-Raumfahrtprogramm eine Agenda zur längerfristigen Erforschung des Weltraums. Der Plan, von der Regierung als „neue Vision und Mission für die NASA“ bezeichnet, besteht aus fünf Elementen.
1. Die Beseitigung technischer und organisatorischer Probleme, die zum Columbia-Desaster am 1. Februar 2003 führten, und die Wiederindienststellung der gefügelten Raumschiffe.

2. Sobald die Shuttles wieder in Betrieb sind, wird es ihre Haupt-, wenn nicht ihre einzige Aufgabe sein, die Fertigstellung der ISS voranzutreiben. Hunderte Tonnen für die Raumstation bestimmte Fracht und Ausrüstung werden zurzeit in Hangars des Kennedy Raumflugzentrums in Florida gelagert und warten auf ihren Shuttle-Flug in den Weltraum. Die Elemente sind ausschließlich für den Transport mit und den Zusammenbau durch das Space Shuttle ausgelegt. Nachdem die Station um 2010 herum fertiggestellt sein wird, sollen die Shuttles außer Dienst gestellt werden. 3. Die neue Raumfahrtinitative soll der Entwicklung der Robotiktechnologie neues Leben einhauchen; die neue Generation von Raumsonden soll die Astronauten auf ihren Missionen begleiten oder allein zu den selben oder gefährlicheren Zielen im Weltraum aufbrechen.

4. Bush hat die Entwicklung einer neuen Generation von Raumfahrzeugen angeordnet, genannt Crew Exploration Vehicles (CEVs). Diese Vehikel könnten Besatzungen zur ISS und von dort zurück zur Erde transportieren, wenn die Shuttles nicht mehr zur Verfügung stehen, aber ihre Hauptaufgabe wäre es, Astronauten zur Mondoberfläche zu befördern, um dort eine permanente Basis einzurichten. 5. Nach den Mondflügen – die hauptsächlich der Entwicklung und Erprobung neuer Ausrüstung und Technologien dienen würden – sieht Bushs Plan bemannte Missionen zum Mars und möglicherweise zu noch entlegeneren Zielen vor, im Rahmen einer langfristig angelegten Agenda für die bemannte Erforschung des Weltraums.

Kaum hatte der Präsident all diese Vorhaben verkündet, begann Kritik laut zu werden und Widerstand formierte sich. NASA-Chef Sean O’Keefe und das Weiße Haus hatten Monate mit der Ausarbeitung der neuen Initiative zugebracht, doch es schien eine klare Strategie für die Bekanntmachung der Pläne zu fehlen. Mehrere Mitarbeiter von Kongressabgeordneten, die zum Teil einige Tage vor, zum Teil einige Tage nach der Rede von Bush ein entsprechendes Briefing erhielten, spotteten öffentlich über den Finanzierungsplan für die neue Initative. Nach diesem Plan bekäme die NASA über die nächsten drei Jahre jeweils eine recht bescheidene Erhöhung ihres Budgets bewilligt, danach würde es kaum Mittelsteigerungen geben.

Stattdessen soll nach dem Plan eine grundlegende Neustrukturierung der NASA vorgenommen werden, was dazu führen würde, dass 11 Milliarden Dollar von anderen Programmen abgezogen und für die neue Initative zur Verfügung gestellt würden. Auf diese Weise würden die ersten Jahre des Mondprogramms, die Entwicklung neuer Robotiktechnologie und die des CEVs finanziert. Aber sowohl neue, größere Trägerrakten für den Transport von Nutzlasten für das Projekt als auch der Teil der Initiative, bei dem es um den Mars geht, würden erst zu einem späteren, unbestimmten Zeitpunkt finanziert werden.

Diese Unsicherheiten wurden schnell offensichtlich, als der Plan seine erste Runde im Kongress machte. Beispielsweise konnte niemand in der Regierung erklären, was der bemannte Flug zum Mars kosten würde. O’Keefe’s Standpunkt war auf den ersten Blick vernünftig, da wichtige Fragen, etwa wie die Marsschiffe einmal aussehen würden und welchen Missionplan man wählen würde – und wann – noch nicht einmal ansatzweise geklärt waren. „Sie dachten, wir würden einfach aufstehen und salutieren“, beklagte sich ein Kongressmitarbeiter.

Wenige Republikaner, von dem republikanischen Mehrheitsführer Tom Delay einmal abgesehen, unterstützen den Plan ohne Vorbehalte. Andere brachten ihre Skepsis zum Ausdruck und einige sträubten sich gegen den Gedanken einer Multimilliarden-Dollar-Erhöhung im NASA-Budget, wo zur selben Zeit das Defizit Rekordhöhen erreichte und der Krieg im Irak immer mehr Geld verschlang. Einige meinten, die NASA müsse erst ihre Probleme mit dem Space Shuttle in den Griff kriegen, bevor sie sich an eine so gewaltige neue Aufgabe heranwagen könne. Meinungsumfragen haben gezeigt, dass eine große Mehrheit der Amerikaner -zwischen 58 und 65 Prozent- Mehrausgaben für bemannte Flüge zum Mond oder zum Mars ablehnt. Dieselben Umfragen lassen erkennen, dass das Shuttle-Programm und die ISS in der Öffentlichkeit mehr Unterstützung genießen. Warum? Weil unmittelbar nach Bushs Rede in zahlreichen Meldungen in den Medien suggeriert wurde, die Kosten würden Billionen Dollar betragen und auch wiederholte Stellungnahmen von der NASA, dass dieses Zahlen stark übertrieben seien, konnten den ersten Eindruck nicht rückggängig machen.

In parlamentarischen Anhörungen sind viele Aspekte der Raumfahrtinitiative untersucht worden, und Führungsleute beider Parteien haben beklagt, dass es auf viele Fragen noch keine Antworten gebe, zum Beipiel was das Design des CEVs, die Missionspläne und die Kosten für bemannte Marsexpeditionen betrifft.

In einer seltenen Demonstration von Einigkeit machten der Abgeordnete des Repräsentantenhauses Sherwood Boehlert, ein Republikaner, sowie die Senatoren Barbara Mikulski, eine Demokration, und Christopher Bond, wiederum ein Republikaner, O’Keefe klar, dass sie noch so viele Zweifel im Hinblick auf wichtige Teile von Bushs Plan hätten, dass der Kongress sehr wohl eine Entscheidung auf nächstes Jahr verschieben könnte – oder vielleicht nur eine kleine Summe der beantragten Mittel freigeben würde.

Die Zweifel sind nicht auf den Kongress beschränkt geblieben. „Oh, Sie meinen den Plan, das bemannte Raumfahrtprogramm zu beenden?“, bemerkte John Pike, Direktor der Global Security Website und ein langjähriger Analyst des Raumfahrtprogramms. Pike erschien die Idee, das Shuttle außer Dienst zu stellen und um 2016 aus dem ISS-Programm auszusteigen als List der Bush-Regierung, denn bemannten Raumflug aufzugeben, nicht zu fördern.

„Es [der Plan] ersetzt etwas durch nichts“, sagte pike UPI. „Die Probleme sind nicht technischer Natur, sondern haben mehr mit dem Budget und dem Gesamtplan zu tun.“

Antworten auf die Frage, warum die Öffentlichkeit sich nicht für die neue Initiative begeistern kann, gibt es viele. Katherine Pandora, eine Professorin an der Universität von Oklahoma, wollte von ihrer Klasse wissen, warum der Plan nicht vorankäme.

„Die überwiegende Mehrheit der Studenten schrieb, dass die Kosten des Irak-Kriegs und der Umstand, dass dort immer noch kein Ende in Sicht ist, die Vorstellung erschweren, dass die Amerikaner für jede x-beliebige neue Initiative eine unbegrenzte Anzahl Schecks ausstellen könnten“, sagte Pandora UPI. „Sie schrieben auch, dass die Härte des Krieges ‚Abenteuer‘ wie Weltraummissionen zur Zeit in gewissem Maße als fehl am Platz erscheinen lasse“, fügte sie hinzu.

Pandora meinte aber, dass selbst ohne den Krieg keine ausreichende Unterstützung vorhanden sein könnte. Sie hob hervor, dass viele Wissenschaftler nur geringes Interesse an den Forschungsmöglichkeiten der Shuttles oder der Raumstation gezeigt haben. So erscheint ihre mangelnde Unterstützung für ein weiteres bemanntes Raumfahrtprogramm mit gewaltigen Ausmaßen als logische Fortsetzung dieser Haltung. Sie wies auch darauf hin, dass die beiden Shuttle-Unglücke in der Öffentlichkeit ein gewisses Unbehagen erzeugt hätten, was die Fähigkeit der NASA, Raumfahrtprojekte zu leiten, angeht.

Dennoch sich die Aussichten nicht ganz so schwarz. „Ich denke es gibt weniger echten Widerstand im Kongress, als es anfangs den Anschein hatte“, sagte Brian Chase, Vizepräsident der Space Foundation in Colorado Springs.

Chase sagte, die fälschlicherweise aufgeblähten Kostenschätzungen für den Plan seien ein Grund für den schleppenden Start. „Der Kosten-Mythos ist weitgehend aufgelöst worden und es gibt jetzt ein besseres Verständnis des Vorhabens und wie es bezahlt werden soll“, sagte er UPI. „Ich habe Meinungsumfragen gesehen, die deutlich größere Unterstützung für die neue Vision zeigen als die, welche direkt nach der Rede veröffentlicht wurden.“

Das Fazit ist, so Chase, dass, wenn die Leute beginnen, über den Plan als Investition in die Zukunft ihres Landes zu denken und sehen, dass es bezahlbar ist, die Unterstützung zunehmen wird.

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