Nachdem Orion, das neue Raumschiff der US-amerikanischen Luft- und Raumfahrtagentur NASA, nach seinem erfolgreichen Erstflug wieder zu dem Kennedy Space Center zurückgekehrt ist, wird nun die Raumkapsel eingehend inspiziert. So kann das Design des Orion-Raumschiffs verbessert werden. Ingenieure haben inzwischen drei verschiedene Komponenten identifiziert, bei denen eine Designänderung nötig sein könnte:
Ein Beitrag von Martin Knipfer. Quelle: spaceflightnow, WAFF, NASA, NSF.
1. Unterer Hitzeschild
Bei dem unteren Hitzeschild von Orion handelt es sich um eine runde und gewölbte Platte mit einem Durchmesser von etwa fünf Metern. Er ist an der Unterseite der Orion-Kapsel angebracht und soll die Kapsel vor den extremen Temperaturen während des Wiedereintritts beschützen. Dieser Hitzeschild besteht aus einer Titan-Trägerstruktur, über der eine Membran aus Kohlefaser-Materialien angebracht wird. Danach wird das ablative, rötliche AVCOAT-Material, das bereits bei den Apollo-Raumschiffen eingesetzt wurde, manuell in jedes der 320.000 honigwabenartigen Löcher hineingespritzt, woraufhin der Hitzeschild mithilfe von Röntgenstrahlung inspiziert wird. Doch Analysen vor Orions erstem Testflug haben gezeigt, dass der Hitzeschild nicht die Erwartungen erfüllt, die die Ingenieure in ihn haben.
Die Oberfläche des Schildes war etwas unebener als ursprünglich erwartet. Obwohl er während EFT-1, dem ersten Testflug von Orion, gute Arbeit geleistet hat, wird nun eine Designänderung empfohlen. Diese betrifft aber nicht das Material des Hitzeschilds, sondern seinen Fertigungsprozess. Bisher wurde der Hitzeschild als ein Ganzes gefertigt, von dieser Methode will man nun wegkommen und ihn stattdessen in mehrere Blöcke aufteilen, die einzeln mit AVCOAT im Voraus gefüllt werden. So kann das ablative Material von Zeit zu Zeit statt alles auf einmal aufgetragen werden, wodurch sichergestellt wird, dass die Arbeiter in Übung bleiben. Die endgültige Entscheidung bezüglich dieser Designänderung soll im April gefällt werden, im März wird der Hitzeschild, der bei EFT-1 zum Einsatz kam, zu dem Marshall Space Flight Center in Alabama gebracht, wo er für genauere Analysen mithilfe einer CNC-Fräse „rasiert“ wird.
2. Druckkabine
Bei der Druckkabine von Orion handelt es sich um eine flaschenähnliche, innen hohle Struktur. Sie besteht aus mehreren gewölbten Platten aus einer Aluminium-Lithium Legierung, die mithilfe von Rührreibschweißen miteinander verbunden werden, einer State-of-the-art Fertigungstechnologie, bei der zwei Platten durch die Reibungswärme eines rotierenden Metallstiftes miteinander verschweißt werden. Die Druckkabine von Orion hat ein Innenvolumen von etwa 20 Kubikmetern (etwa dreimal höher als das der Druckkabine von Apollo), um sie sind sämtliche Systeme der Kapsel angeordnet. Da die Druckkabine der einzige Bereich des Raumschiffs ist, der mit Luft unter Druck steht, werden sich hier die Astronauten während des Fluges aufhalten.
Mit dieser Druckkabine gibt es kein unmittelbares Problem, sie erfüllt die Erwartungen der Ingenieure. Jedoch möchte die Herstellerfirma von Orion, Lockheed Martin, die Masse des kapselförmigen Crewmoduls um 25 Prozent senken. Eine Designänderung, die zu diesem Zweck vorgeschlagen wurde, sieht vor, die Anzahl der Paneele zu senken, die für die konusförmig gewölbte Platte der Druckkabine miteinander verschweißt werden. Statt den bisherigen sechs sollen nun drei genügen. Die Bereiche dieser Platte, durch die Schweißnähte verlaufen, müssen für gewöhnlich verstärkt werden. Da es nun an drei Stellen keine Schweißnähte mehr geben wird, kann an diesen Bereichen Material eingespart werden.
3. Aufrichtungssystem
Eine weitere mögliche Designänderung, die direkt aus Orions erstem Testflug EFT-1 (Exploration Flight Test 1) resultiert, betrifft das Selbstaufrichtungssystem der Kapsel. EFT-1 war ein äußerst erfolgreicher Erstflug, fast alle Komponenten haben ihre Erwartungen getroffen. So war etwa die Genauigkeit des GPS-Navigationssystems an Bord höher als erwartet, die Steuertriebwerke der Kapsel haben deutlich weniger Treibstoff verbraucht als vorher berechnet wurde und auch der Stromverbrauch war niedriger als vorhergesagt. Obwohl es kein Ziel des Fluges war, befindet sich diese Orion-Kapsel in einem Zustand, der es ermöglicht, sie erneut zu verwenden, und zwar für einen suborbitalen Test des turmförmigen Startabbruchssystems 2018. 85 von 87 Designzielen wurden erreicht, die beiden nicht-erfüllten betrafen beide das Selbstaufrichtungssystem der Kapsel.
Diese Komponente kommt zum Einsatz, wenn die Orion-Kapsel abgebremst von Fallschirmen im Wasser gelandet ist. Es könnte passieren, dass die Kapsel sozusagen „kopfüber“ im Wasser landet, also mit dem unteren Hitzeschild nach oben. Dann sollen fünf Ballone an der Oberseite der Kapsel mit Helium aufgeblasen werden, um die Kapsel wieder in die richtige Lage zu kippen. Obwohl Orion bei EFT-1 in korrekter Ausrichtung landete, wurde das Selbstausrichtungs- system zu Testzwecken ausgelöst. Die Pyrotechnik dafür funktionierte, jedoch wurden von den fünf Ballonen nur zwei aufgeblasen, zwei verloren sehr bald Druck und ein weiterer blies sich überhaupt nicht auf. Als Ursache wird ein Leck in dem Hochdruck-Heliumsystem vermutet. Kaum ein Ingenieur glaubt, dass das jetzige Design eine langfristige Lösung ist. Deshalb erscheint nun eine Designänderung der internen Helium-Rohrleitungen wahrscheinlich.
Die Daten, die während EFT-1 gesammelt wurden, sollen auch in das Critical Design Review des Raumschiffs im Sommer einfließen, eine rigorose Designprüfung, bei der das endgültige Design von Orion festgelegt wird. Im Spätsommer soll dann in der Michoud Assembly Facility, einer gewaltigen Fabrikationshalle nahe New Orleans, die Fertigung der nächsten Orion-Kapsel beginnen, im April die Montage des turmförmigen Startabbruchsystems für diesen Flug. Ebenfalls soll dieses Jahr eine Testversion des europäischen Servicemoduls strukturell getestet werden.
Orion wird das neue Raumschiff der NASA sein. Während die kommerziellen Partner der NASA für den Transport von Fracht und Astronauten zur ISS im Erdorbit zuständig sind, wird das auch MPCV (Multi-Purpose Crew Vehicle) genannte Raumschiff Astronauten zu verschiedenen Zielen jenseits des Low Earth Orbits (LEO) transportieren. So kann eine intensivere Erkundung des Weltalls als je zuvor stattfinden. Mit der Entwicklung von Orion wurde bereits im Rahmen des 2010 gestrichenen Constellation-Programms begonnen. So konnten die Entwicklungsarbeiten an einem Raumschiff, an dem bereits mit Hochdruck gearbeitet wurde, fortgeführt werden.
Der nächste Flug von Orion steht nicht später als im November 2018 mit der Mission EM-1 (Exploration Mission 1) an. Bei dieser Mission soll ein unbemanntes Orion-Raumschiff zum Mond fliegen und dort in eine stabile Mondumlaufbahn einschwenken. EM-1 wird etwa 25 Tage dauern und neben einem europäischen Servicemodul, das Technologien des inzwischen eingestellten ATV-Raumtransporters verwendet, auch den neuen Schwerlastträger der NASA einsetzen, das Space Launch System (SLS). Das SLS befindet sich noch in der Entwicklungsphase, gleichzeitig werden große Teile der Infrastruktur, die bereits am Kennedy Space Center existiert, modernisiert und umgebaut, damit das SLS dort starten kann.
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