Polarlichter sind nicht nur auf der Erde hübsch anzusehen. Im Sonnensystem sind sie durchaus verbreitet und wurden neben Jupiter auch auf Saturn mehrfach beobachtet. Tatsächlich benötigt man zum Erzeugen dieses Naturschauspiels lediglich einen aktiven Stern, dessen Teilchenstrahlung – zumeist Protonen und Elektronen – die beispielsweise während eines koronalen Massenausstoßes (KMA) die Sternmagnetosphäre verlassen, einen Planeten mit Atmosphäre und eigenem Magnetfeld trifft.
Ein Beitrag von Lars-C. Depka. Quelle: Space Science Institute, Cassini Science Team, Andrew Ingersoll, Lars-C. Depka. Vertont von Peter Rittinger.
Dabei führen zwei Mechanismen zur Aurorabildung. Durch die hohe Kollisionsgeschwindigkeit wird das erdmagnetische Feld verbogen, so dass sich auf der sonnenabgewandten Seite der Erde eine Art magnetisierter Kometenschweif herausbildet. Darüber hinaus gelangt ein Teil des Sternenwinds entlang der Magnetfeldlinien Richtung magnetischer Achse des Planeten zu den Polarregionen, wo er in unterschiedlicher Höhe (bei der Erde zwischen 100 und 500 km) auf die äußeren Atmosphärenschichten trifft. Sobald die Elektronen und Protonen in die Atmosphäre gelangen, regen sie die Luftmoleküle zum Leuchten an. Die beeindruckend anzusehenden Formgebungen, die nicht wenige an fallende Theatervorhänge erinnern, veranschaulichen den Pfad, den die geladenen Partikel entlang der Magnetfeldlinien zwischen der Magnetosphäre und der oberen Atmosphäre (Thermosphäre) nehmen.
Im Rahmen des zweiten Mechanismus‘ werden Protonen und Elektronen aufgrund ihrer unterschiedlichen Ladung in verschiedene Richtungen abgelenkt. Das im hohen Norden einmündende Magnetfeld lässt eine negative und eine positive Ladungswolke entstehen, bei der der negative Ladungspol auf der Abendseite, der positive auf der Morgenseite des Planeten liegt. Zwischen diesen Ladungswolken baut sich in der Magnetosphäre ein elektrisches Feld auf, wodurch eine Art natürlicher Generator entsteht. Aufgrund der in der Magnetosphäre noch vorhandenen einzelnen, durch UV-Strahlung und Sternwind ionisierten (zumindest bei der Erde) Luftmoleküle (das sind solche, bei denen durch das Auftreffen der Teilchen des Sternwindes mindestens ein Elektron herausgeschlagen wird, so dass das Molekül als positiv geladenes Ion zurückbleibt) fließt ein Strom zwischen den beiden Ladungspolen, der zum Aufflammen der Lichtphänomene führt.
Anders als ihr Ursprung, die KMAs, sind die Polarlichter als solche im Hinblick auf ihr technisches Gefährdungspotential als weniger kritisch zu beurteilen. Im Rahmen eines Auftrags des US Verteidigungsministeriums, bei dem der Polarlichteinfluss auf Frühwarnsysteme des nationalen Raketenabwehrschildes untersucht werden sollte, gelang eine Passage eines Space-Shuttles direkt durch eine Aurora. Es existieren Berichte, wonach die an Bord befindlichen Astronauten trotz geschlossener Augen Lichtblitze während der Passage wahrnehmen konnten. Die geladenen Teilchen durchdrangen dabei die Wände der Raumfähre und die Augäpfel der Astronauten, reagierten mit Atomen des Körpers und erzeugten dabei die Blitze.
Cassini gelang Anfang Oktober mittels einer Aufnahmesequenz, die in der Zeit vom 5. bis 8. Oktober 2009 einen Gesamtzeitraum von 81 Stunden umspannt, der Nachweis vertikaler Profile der Saturnauroras von erstaunlichen 1.200 km, was Saturn zum bisherigen Rekordhalter solcher Wetterphänomene im Sonnensystem macht.
Doch nicht nur in ihrer Höhe, mit der sich die Polarlichter über die nördliche Saturnhemisphäre erheben, unterscheiden sie sich von den irdischen. Ganz wesentliche Disparitäten treten im Hinblick auf die Atmosphärenzusammensetzungen der beiden Himmelskörper auf. Während in der Erdatmosphäre größere Mengen an O2 (molekularer Sauerstoff, bzw. Dioxygen) und N2 (molekularer Stickstoff, bzw. Distickstoff) zu finden sind, besteht Saturns Atmosphäre im wesentlichen aus Wasserstoff. Seine geringste Atommasse aller Elemente von gut 1 u (Atomare Masseneinheit/ unified atomic mass unit) ist auch der Grund der großen Höhen, in denen Polarlichtphänomene auf Saturn stattfinden.
Die prächtigen Farberscheinungen in Grün-, Rot- oder auch Violetttönen sind bei den irdischen Auroras dem Sauer- und Stickstoff in den oberen Atmosphärenschichten geschuldet. Da sie in der Zusammensetzung der Saturnatmosphäre nur eine bestenfalls vernachlässigbare Rolle einnehmen, ist die wahre Farbkomposition der Polarlichter des zweitgrößten Planeten des Sonnensystems derzeit noch unverstanden.
Raumcon: