Der Bremer Astrobiologe Cyprien Verseux vom Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) der Universität Bremen hat jetzt den prestigeträchtigen Starting Grant des European Research Council (ERC) zugesprochen bekommen. Damit kann er ein hochaktuelles Forschungsprojekt fünf Jahre vorantreiben. Es wird in diesem Zeitraum mit 1,56 Millionen Euro gefördert. Eine Pressemitteilung der Universität Bremen.
Quelle: Universität Bremen Lucie-Patrizia Arndt 5. September 2024.
5. September 2024 – Verseux untersucht in seinem Projekt, wie Cyanobakterien genutzt werden können, um Langzeit-Marsmissionen nachhaltig zu gestalten, indem sie die Crew dauerhaft mit lebensnotwendigen Verbrauchsgütern versorgen. Denn selbst, wenn wir Menschen uns auf das absolut Notwendige beschränken, brauchen wir doch einiges zum Überleben – Sauerstoff und Nahrung zum Beispiel.
Halten wir uns an entlegenen Orten auf der Erde auf, dann bringen wir ausreichend Vorräte mit; im Weltraum werden die Astronaut:innen an Bord der Internationale Raumstation ISS regelmäßig mit Hilfe von Frachtkapseln versorgt. Doch wenn wir zum Mars wollen, sind weder große Vorräte noch ein kontinuierlicher Nachschub möglich. Der Transportweg ist zu riskant und die Kosten zu hoch. Die Lösung liegt somit darin, aus vor Ort vorhandenen Rohstoffen lebensnotwenige Verbrauchsgüter herzustellen.
Dr. Cyprien Verseux hat bereits nachgewiesen, dass manche Cyanobakterien in der Lage sind, aus den natürlichen Ressourcen des Mars Sauerstoff und Biomasse zu produzieren. Erste Forschungsergebnisse erzielte er im Laboratory of Applied Space Microbiology (LASM), welches er am Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation der Universität Bremen leitet.
Die große Frage ist nun: Wie kann dies auf effiziente Art und Weise gelingen? Dazu ist ein besseres Verständnis davon notwendig, wie Cyanobakterien auf zellulärer und molekularer Ebene die Mars-Ressourcen verstoffwechseln. Unter anderem soll dies durch Laborexperimente mit einer eigens entwickelten Apparatur untersucht werden, in der wenig mehr als die Rohstoffe aus dem Marsboden und der Marsatmosphäre verwendet werden. Zusätzlich zur Laborarbeit sollen mathematische Modelle entwickelt werden, die die Wachstumsraten, Produktivität und Effizienz der Bakterienkulturen vorhersagen.
Das Starting Grant des European Research Council eröffnet Cyprien Verseux und seinem Forschungsteam neue Möglichkeiten – insbesondere durch die Einrichtung von zwei Promotionsstellen. „Mit unserem Projekt ,MarCyano‘ möchten wir zwei Ziele erreichen. Zum einen wollen wir grundlegende Erkenntnisse darüber erhalten, wie die Cyanobakterien auf Umgebungsbedingungen reagieren, die für sie ,fremd‘ sind, wenn sie beispielsweise einer Atmosphäre ausgesetzt sind, die auf der Erde nicht existiert. Zum anderen sollen Lösungen entwickelt werden, die dazu beitragen, die Erkundung des Mars durch den Menschen nachhaltig zu gestalten“, erklärt der Wissenschaftler.
Verseux und sein Team befassen sich jedoch nicht nur mit Nachhaltigkeitskonzepten bei Langzeit-Marsmissionen. Ihre Erkenntnisse und entwickelten Systeme werden sie auch in neue Denkansätze und Technologien übersetzen, die einem nachhaltigeren Umgang mit natürlich vorhandenen, aber zunehmend knapper werdenden Ressourcen auf der Erde dienen.
Verseux ist Mitglied der Initiative „Humans on Mars“ und am Antrag für das Exzellencluster „Die Marsperspektive: Ressourcenknappheit als Grundlage eines Paradigmas der Nachhaltigkeit“ der Universität Bremen beteiligt. Seine Expertise fließt in das interdisziplinäre wissenschaftliche Team ein, dessen Forschung nun dazu beitragen könnte, der Universität Bremen erneut den Exzellenzstatus zu sichern.
Über Cyprien Verseux:
Der französische Biologe Dr. Cyprien Verseux forscht seit 2019 am Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation der Universität Bremen. Dort baute er das „Laboratory of Applied Space Microbiology“ (LASM) auf, dessen Leiter er heute ist. Zuvor promovierte er mit dem Schwerpunkt Astrobiologie an der Universität Rom II, Italien, und am NASA Ames Research Center in Kalifornien, USA.
Er selbst verfügt über eigene Erfahrungen mit Explorationsmissionen in abgelegenen Gebieten: 2018 leitete er die französisch-italienische Concordia-Forschungsstation in der Antarktis. Dort verbrachte er ein Jahr, einschließlich der Wintermonate, in denen die Temperaturen auf bis zu minus 80 °C sinken können und monatelange Dunkelheit herrscht. 2015 nahm er am Marssimulationsprojekt HI-SEAS der NASA teil und lebte zusammen mit fünf Wissenschaftler:innen für ein Jahr isoliert in einer „Marsstation“ an den kargen Hängen des Mauna Kea Vulkans auf Hawaii, USA.
Seine wissenschaftliche Leistung wurde 2019 bereits mit einem Forschungsstipendium der renommierten Alexander von Humboldt-Stiftung ausgezeichnet
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