Radarbeobachtung des Asteroiden (214869) 2007 PA8

Wissenschaftler der NASA haben Radaraufnahmen des erdnahem Asteroiden (214869) 2007 PA8 ausgewertet. Der etwa 1,6 Kilometer durchmessende Asteroid weist demzufolge eine ungewöhnlich lange Rotationsperiode von vier Tagen auf. Für die nächsten mindestens 200 Jahre besteht kein Risiko einer Kollision mit der Erde.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: EPSC 2013.

Wikipedia
Der 1.200 Meter durchmessende und 180 Meter tiefe Barringer-Krater in Arizona entstand vor etwa 50.000 Jahren durch den Einschlag eines lediglich rund 50 Meter durchmessenden Asteroiden.
(Bild: Wikipedia)
NASA, JPL-Caltech
Die Beobachtungen des Weltraumteleskops WISE legen nahe, dass sich im erdnahen Weltraum anscheinend weniger Asteroiden befinden als ursprünglich vermutet. Trotzdem ist ihre Anzahl immer noch enorm und die von ihnen ausgehenden Gefahren dürfen nicht unterschätzt werden.
(Bild: NASA, JPL-Caltech)

Es ist unklar, wann genau der letzte wirklich große Einschlag eines Asteroiden oder Kometen auf der Erde erfolgte. Die Zeugnisse solcher Einschläge existieren jedoch überall auf der Welt. Prominente Beispiele hierfür sind das Nördlinger Ries in Bayern oder der Barringer-Krater im US-Bundesstaat Arizona.

Das Risiko von Asteroideneinschlägen auf der Erde
Ein weiteres Beispiel, diesmal aus der jüngeren Geschichte, findet sich in der Tunguska-Region in Sibirien, wo am 30. Juni 1908 durch die Explosion eines Asteroiden in der Erdatmosphäre Millionen von Bäumen entwurzelt wurden. Und erst am 15. Februar 2013 ging über der russischen Stadt Tscheljabinsk ein lediglich etwa 17 Meter durchmessender Asteroid nieder (Raumfahrer.net berichtete), der nicht nur enorme finanzielle Schäden verursachte. Durch die Auswirkungen der bei diesem Ereignis erzeugten Druckwelle wurden laut russischen Medienberichten weit über 1.000 Menschen verletzt.

Die in Arizona, Sibirien und dem Ural verursachten Schäden wurden durch relativ kleine Objekte mit lediglich wenigen Dutzend Metern Durchmesser hervorgerufen. Allerdings existieren in unserem Sonnensystem eine Vielzahl solcher der Erde potentiell gefährlich nahe kommende Objekte, welche teilweise über Durchmesser von mehreren hundert Metern, in einigen Fällen sogar von mehreren Kilometern verfügen. Sie werden als “Near Earth Objects” (kurz “NEO”) bezeichnet. Bisher wurden von Amateur- und Berufsastronomen über 10.000 solcher NEOs entdeckt und jeden Monat kommen etwa 70 weitere Objekte hinzu.

Derzeit laufen weltweit mehrere Projekte, welche sich mit den Gefahren eines zukünftigen Asteroideneinschlages auf der Erde und möglichen Abwehrmaßnahmen beschäftigen. Eine zwingende Voraussetzung für die Erforschung möglicher Abwehrmethoden ist jedoch, dass die Wissenschaftler die physikalischen Eigenschaften der NEOs genau kennen. Neben astronomischen Untersuchungen durch Großteleskope und direkten Besuchen durch Raumsonden nutzen die Astronomen hierfür auch Radaraufnahmen, welche von Asteroiden angefertigt werden, die der Erde relativ nahe kommen. Hierbei wird ein Radiosignal in Richtung des betreffenden Asteroiden ausgestrahlt, dessen Reflexionen anschließend wieder aufgefangen und ausgewertet werden. Mit diesen Daten können die Größe und Form der Asteroiden, deren Oberflächenbeschaffenheit und deren Bahnparameter bestimmt werden.

Der Asteroid (214869) 2007 PA8

NASA, JPL-Caltech, Gemini
Diese drei Radaraufnahmen des Asteroiden zeigen dessen Nordpolregion. Zu den Aufnahmezeitpunkten lag die Entfernung zwischen Erde und 2007 PA8 zwischen zehn und neun Millionen Kilometern.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Gemini)

Der Asteroid (214869) 2007 PA8 wurde bereits am 9. August 2007 im Rahmen des automatischen Himmelsdurchmusterungsprogramms LINEAR entdeckt. Im Rahmen mehrerer Nachfolgebeobachtungen zu Bahnbestimmung stellte sich heraus, dass auch dieser Himmelskörper zur Gruppe der “Near Earth Objects” gehört und somit eine Kollision mit der Erde auf lange Sicht nicht ausgeschlossen werden kann. Der Asteroid gehört zur Klasse der sogenannten Apollo-Asteroiden, deren Umlaufbahnen in ihrem sonnennächsten Abschnitt die Umlaufbahn der Erde kreuzen. Am sonnenfernsten Punkt seiner Umlaufbahn erreicht 2007 PA8 dagegen eine Entfernung von 4,7 Astronomische Einheiten. Für einen kompletten Umlauf um die Sonne benötigt der Asteroid 5,2 Jahre.

Aus den Bahnberechnungen ergab sich, dass der Asteroid 2007 PA8 die Erde am 5. November 2012 in einem relativ geringen Abstand von lediglich 6,5 Millionen Kilometern – dies entspricht in etwa der 17-fachen Entfernung zwischen Erde und Mond – passieren würde, wobei eine Kollision jedoch ausgeschlossen war. Diese dichte Annäherung nutzten Wissenschaftler der US-amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA für eine Radarbeobachtung des Erdbahnkreuzers. Hierfür setzten sie die 70-Meter-Antenne des Deep Space Networks (DSN) der NASA in Goldstone/Kalifornien ein, welche normalerweise für die Kommunikation mit Raumsonden genutzt wird.

NASA, JPL-Caltech
Jedes dieser neun Radarbilder deckt ein Feld von 1,7 x 1,7 Kilometern ab. Am 5. und 6. November – an diesen Tagen erfolgte die dichteste Annäherung an die Erde – beträgt die Auflösung der Bilder 3,75 Meter pro Pixel. Am 2., 3. und 8. November lag sie bei 7,5 Metern. Am 31. Oktober sowie am 11., 12. und 13. November konnten dagegen bei entsprechend größeren Distanzen zwischen Erde und Asteroid immer noch 18,75 Meter pro Pixel erreicht werden.
(Bild: NASA, JPL-Caltech)

Die entsprechenden Beobachtungen erfolgten an 16 Tagen zwischen dem 16. Oktober und dem 13. November 2012, wobei die Radarbilder abhängig von der Entfernung zwischen Erde und Asteroid Auflösungen zwischen 150 bis hin zu 3,75 Metern erreichten. Auf diesen Aufnahmen präsentierte sich 2007 PA8 als ein leicht längliches, irregulär geformtes Objekt mit einem Durchmesser von bis zu 1,6 Kilometern, auf dessen Oberfläche sich verschiedene Bergrücken und Kraterstrukturen befinden.

Bereits im Vorfeld der Radar-Beobachtungskampagne ergab sich aufgrund visueller Beobachtungen durch verschiedene optische Teleskope für die Rotationsperiode des Asteroiden ein ungewöhnlich hoher Wert von 95,1 Stunden mit einem Unsicherheitsfaktor von +/- 3,4 Stunden. Dieser Wert konnte durch die Radaraufnahmen bestätigt werden, da etwa alle vier Tage die gleichen Oberflächenstrukturen von dem Radar erfasst wurden.

Ungewissheit bestand bisher dagegen über den Ursprung von 2007 PA8, der zwar als Asteroid bezeichnet wird, dessen Bahnverlauf aber eher an einen Kometen der Jupiter-Familie erinnert. Allerdings wurden bei 2007 PA8 bisher keine Anzeichen der für einen Kometen typischen Aktivität beobachtet. Aufgrund der Resultate der Radarbeobachtungen gehen die beteiligten Wissenschaftler davon aus, dass es sich bei diesem Objekt wirklich um einen Asteroiden und nicht etwa um einen mittlerweile inaktiven kurzperiodischen Kometen handeln muss.

Keine Gefahr während der nächsten 200 Jahre
Definitiv ausgeschlossen werden kann dagegen zumindest für die nähere Zukunft das Risiko einer Kollision zwischen der Erde und diesem Asteroiden. Erst in etwa 200 Jahren, so die Auswertung der Dank der Radarbeobachtung nochmals verfeinerten Bahndaten, wird sich 2007 PA8 der Erde wieder ähnlich dicht annähern wie im November 2012. Für die absehbare Zukunft stellt dieser NEO somit keine potentielle Gefahr für unseren Heimatplaneten dar. Trotzdem wird 2007 PA8 auch in Zukunft im Rahmen der verschiedenen astronomischen Forschungsprogramme weiterhin beobachtet werden.

Die hier kurz vorgestellte Studie wurde am heutigen Tag auf dem European Planetary Science Congress 2013, einer gegenwärtig in London stattfindenden Fachtagung der Planetenforscher, vorgestellt.

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