Am 5. August beginnt für die Raumsonde Cassini der mittlerweile 197. Umlauf um den Planeten Saturn. In den folgenden 24 Tagen stehen erneut die Atmosphäre des Saturn und dessen Ringsystem im Fokus des wissenschaftlichen Interesses.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: CICLOPS, JPL, The Planetary Society.
Am 5. August 2013 wird die Raumsonde Cassini auf ihrer elliptischen Umlaufbahn um den Saturn um 18.38 Uhr MESZ erneut die Apoapsis, den Punkt ihrer größten Entfernung zum zweitgrößten Planeten innerhalb unseres Sonnensystems erreichen. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich die Raumsonde in einer Entfernung von rund 2,03 Millionen Kilometern zu der obersten Wolkenschicht des Saturn und beginnt damit zugleich ihren mittlerweile 197. Umlauf um den Ringplaneten. Aktuell weist die Flugbahn von Cassini eine Inklination von 53,4 Grad auf.
Für das aus einer Telekamera (NAC) und einer Weitwinkelkamera (WAC) bestehende ISS-Kameraexperiment, einem der 12 wissenschaftlichen Instrumenten an Bord von Cassini, sind während des knapp 24 Tage andauernden Umlaufs – dieser trägt die Bezeichnung “Rev 196” – insgesamt 34 Beobachtungskampagnen vorgesehen. Der Großteil dieser Kampagnen wird erneut die Atmosphäre und das Ringsystem des Saturn zum Ziel haben.
Im Rahmen ihrer ersten Beobachtungssequenz wird sich die Kamera jedoch am 10. August zuerst auf den Saturnmond Iapetus richten und diesen in Zusammenarbeit mit einem weiteren Instrument der Raumsonde, dem Ultraviolet Imaging Spectrometer (UVIS), abbilden. Zum Zeitpunkt der Beobachtungen wird sich dieser im Mittel 1.436 Kilometer durchmessenden Saturnmond in einer Entfernung von rund 4,91 Millionen Kilometern zu Cassini befinden, weshalb es nicht möglich sein wird, Details von dessen zweigeteilten Oberfläche abzubilden. Auch eines der markantesten Merkmale von Iapetus, ein rund 1.300 Kilometer langer, 20 Kilometer breiter und bis zu 13 Kilometer hoher Bergrücken wird auf den Aufnahmen nicht erkennbar sein.
Vielmehr sollen die beiden Instrumente eine Sternokkultation dokumentieren. Iapetus wird dabei den im Sternbild Orion gelegenen Stern Bellatrix bedecken. Sollte Iapetus von einer dünnen Atmosphäre umgeben sein, so würde das Licht des Sterns unmittelbar vor und nach der Bedeckung durch den Mond minimal abgeschwächt. Zudem ließe sich durch die Messungen des UVIS-Spektrometers die ungefähre Dichte dieser Exosphäre ermitteln.
Im Anschluss an diese Atmosphärensuche wird sich das Interesse der an der Mission beteiligten Wissenschaftler auf den Saturn richten. Dieser soll zunächst ebenfalls mit dem UVIS-Spektrometer unter der Benutzung verschiedener UV-Kanäle abgebildet werden. Am 12. und 13. August wird zudem ein weiteres Spektrometer, das Composite Infrared Spectrometer (CIRS), im Rahmen von drei Observationen die Tagseite und die nördliche Polarregion des Ringplaneten abbilden. All diese Beobachtungen werden durch zusätzliche ISS-Aufnahmen ergänzt.
Durch eine für den 14. August geplante Abbildung der Saturnatmosphäre durch die WAC-Kamera sollen anschließend erneut aktuelle Daten über das dortige Wettergeschehen gesammelt werden. Durch die Beobachtung von kleineren Sturmgebieten und markanten Wolkenformationen in den Atmosphären des Saturn lassen sich zum Beispiel Aussagen über die dort gegenwärtig vorherrschenden Windrichtungen und Windgeschwindigkeiten tätigen. Diese Beobachtung ist Bestandteil einer langfristig ausgelegten “Sturmbeobachtungskampagne”. Bis zum 29. August sind weitere 14 dieser jeweils nur wenige Minuten andauernden Beobachtungen vorgesehen.
Im Anschluss an die erste Sturmbeobachtungskampagne sollen jedoch zunächst mehrere der kleineren inneren Saturnmonde im Rahmen sogenannter astrometrischer Beobachtungen abgebildet werden. Die Umlaufbahnen dieser kleinen und entsprechend massearmen Saturnmonde unterliegen einer permanenten gravitativen Beeinflussung durch den Saturn und dessen größeren Monden, was zu minimalen Veränderungen der jeweiligen Umlaufbahnen führen kann. Das wissenschaftliche Ziel der anzufertigenden Aufnahmen der Monde besteht darin, die derzeit verfügbaren Daten über deren Umlaufbahnen noch weiter zu präzisieren.
Am 17. August wird Cassini um 17.35 MESZ die Periapsis, den Punkt der größten Annäherung an den Saturn während dieses Orbits Nummer 197 erreichen und den Planeten in einer Entfernung von rund einer Million Kilometern passieren. Bereits mehrere Stunden zuvor wird sich die ISS-Kamera auf einen Teilbereich des äußeren A-Ringes richten, wobei unter anderem zum wiederholten Mal sogenannte “Propellerstrukturen” dokumentiert werden sollen. Bei diesen lediglich etwa 15 bis 25 Kilometer großen Strukturen handelt es sich um kleine “Hohlräume” innerhalb des Ringsystems, welche durch die gravitativen Einflüsse von vermutlich lediglich wenige Dutzend Kilometer durchmessenden Mini-Monden – so genannten Moonlets – verursacht werden (Raumfahrer.net berichtete). Durch die anzufertigenden Aufnahmen sollen die bisher bekannten Bahnparameter dieser Moonlets noch weiter verfeinert werden.
Etwa 90 Minuten nach dem Passieren der Periapsis steht eine weitere Sternokkultation auf dem Beobachtungsprogramm. Neben der ISS-Kamera wird hierbei ein drittes Spektrometer, das Visual and Infrared Spectrometer (VIMS), zum Einsatz kommen. Bei dieser Okkultation wird der veränderliche Stern W Hydrae von Teilen des Ringsystems bedeckt. Durch die sich dabei ergebenden Helligkeitsschwankungen in der Lichtkurve von W Hydrae erhoffen sich die an der Kampagne beteiligten Wissenschaftler Aufschlüsse über den Aufbau, die Materialdichte und die Struktur der Ringbereiche, welche den Stern bei dieser Okkultation bedecken.
Für die folgenden Tage stehen weitere Beobachtungen des Ringsystems, eine Suche nach Wolkenformationen in der Atmosphäre des größten Saturnmondes, des 5.150 Kilometer durchmessenden Titan, sowie die Erstellung einer kurzen Videosequenz des F-Ringes auf dem Arbeitsprogramm der Raumsonde.
Bei der Beobachtung des F-Ringes gilt das wissenschaftliche Interesse speziell den diversen Verästelungen der gewundenen Einzelringe sowie deren Interaktion mit den in der Nähe befindlichen Monden. Frühere Beobachtungen zeigten, dass vor allem gravitative Wechselwirkungen mit dem weiter innen liegenden A-Ring und den beiden den F-Ring begrenzenden Saturnmonden Prometheus und Pandora die Struktur des F-Ringes gestalten. Speziell die gravitativen Einflüsse dieser beiden als “Schäfermonde” fungierenden Monde sind für die Ausbildung der beobachteten Wellenstrukturen des F-Ringes verantwortlich. Am 29. August werden ISS-Kamera und VIMS-Spektrometer zudem eine weitere Sternokkultation, diesmal wird der Stern Beta Andromedae vom Ringsystem bedeckt, dokumentieren.
Nur wenige Stunden nach dieser finalen Beobachtungssequenz wird die Raumsonde Cassini schließlich um 16.49 MESZ in einer Entfernung von rund 2,1 Millionen Kilometern zum Saturn erneut die Apoapsis ihrer Umlaufbahn erreichen und damit auch diesen 197. Umlauf um den Ringplaneten beenden. Für den damit beginnenden Orbit Nummer 198 sind erneut diverse Beobachtungen des Ringsystems und der Atmosphäre des Saturn sowie verschiedener Saturnmonde vorgesehen. Den Höhepunkt dieses nächsten Orbits bildet dabei ein gesteuerter Vorbeiflug an dem Mond Titan, welcher von der Raumsonde am 12. September 2013 in einer Entfernung von rund 1.400 Kilometern passiert werden wird.
Die Mission Cassini-Huygens ist ein Gemeinschaftsprojekt der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA, der europäischen Weltraumagentur ESA und der italienischen Weltraumagentur ASI. Das Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien, eine Abteilung des California Institute of Technology (Caltech), leitet die Mission im Auftrag des Direktorats für wissenschaftliche Missionen der NASA in Washington, DC. Nach dem derzeitigen Planungsstand soll Cassini den Saturn noch bis zum Jahr 2017 erkunden und am 15. September 2017 aufgrund des dann nahezu komplett aufgebrauchten Treibstoffvorrates kontrolliert in der Atmosphäre des Ringplaneten zum Absturz gebracht werden.
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