Raumsonde Cassini: Der Saturnorbit Nummer 165

Bereits am 5. April 2012 begann der mittlerweile 165. Umlauf der Raumsonde Cassini um den Planeten Saturn. Der Schwerpunkt der während des diesmal 17 Tage dauernden Umlaufs vorgesehenen wissenschaftlichen Studien liegt in der Untersuchung der Saturnatmosphäre und der Monde Enceladus und Tethys.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: CICLOPS, JPL, Planetary Society.

NASA, JPL, Space Science Institute
Der momentane Verlauf der Flugbahn von Cassini ermöglicht es, die Kanten der Saturnringe abzubilden und die vertikale Ausdehnung der Ringe zu ermitteln. Diese Aufnahme des Saturn wurde am 25. Februar 2011 aus einer Entfernung von 2,2 Millionen Kilometern angefertigt. Durch die Verwendung verschiedener Filter wird der Planet dabei in Echtfarben wiedergegeben. Gut erkennbar ist das Sturmgebiet über der nördlichen Planetenhemisphäre.
(Bild: NASA, JPL, Space Science Institute)

Am 5. April 2012 hat die Raumsonde Cassini auf ihrer elliptischen Umlaufbahn um den Saturn um 21:17 Uhr MESZ erneut die Apoapsis, den Punkt ihrer größten Entfernung zum Saturn, erreicht. Zu diesem Zeitpunkt befand sich Cassini in einer Entfernung von rund 2,37 Millionen Kilometern zu der obersten Wolkenschicht des Saturn und begann damit zugleich ihren mittlerweile 165. Umlauf um den Ringplaneten. Die Raumsonde wird sich bis zum 22. Mai 2012 auch weiterhin auf einer Orbitbahn bewegen, welche fast genau auf einer Ebene mit der Ringebene des Saturn sowie den Umlaufbahnen mehrerer größerer Saturnmonde verläuft.

Diese äquatoriale Flugbahn der Raumsonde – auch während des jetzigen Orbits beträgt die Inklination lediglich 0,4 Grad – ermöglicht es den an der Mission beteiligten Wissenschaftlern unter anderem, die Kanten der Saturnringe abzubilden. Durch die Auswertung dieser Bilder ist es zum Beispiel möglich, deren vertikale Ausdehnung zu ermitteln. Außerdem ergibt sich bei diesem Verlauf der Umlaufbahn die Möglichkeit, sich im Rahmen eines einzigen Orbits unter günstigen Umständen gleich mehreren Saturnmonden ohne weitere Kurskorrekturen zu nähern.

Wie bereits die vorherigen Umläufe wird auch der jetzt begonnene Orbit, er trägt die Bezeichnung “Rev 164”, von den an der Mission beteiligten Wissenschaftlern in erster Linie dazu genutzt werden, um den Ringplaneten und dessen größere, innere Monde mit verschiedenen Instrumenten zu untersuchen und aus unterschiedlichen Entfernungen mit der ISS-Kamera der Raumsonde abzubilden. Den Höhepunkt des gegenwärtigen Orbits bildet ein gesteuerter Vorbeiflug an dem Mond Enceladus, welcher am 14. April in einer Entfernung von 74 Kilometern passiert werden wird.

Für das aus einer Telekamera (NAC) und einer Weitwinkelkamera (WAC) bestehende ISS-Kameraexperiment, einem von insgesamt 12 wissenschaftlichen Instrumenten an Bord von Cassini, sind während des 17 Tage dauernden Orbits insgesamt 48 Beobachtungskampagnen vorgesehen. Ein großer Teil dieser Beobachtungen wird dabei erneut das gewaltige Sturmgebiet zum Ziel haben, welches sich seit dem Dezember 2010 über der nördliche Hemisphäre des Saturn ausdehnte (Raumfahrer.net berichtete). Außerdem sind verschiedene Beobachtungen der Monde Titan, Enceladus und Tethys vorgesehen.

NASA, JPL, Space Science Institute
Diese Aufnahme der WAC-Kamera vom 11. Februar 2012 zeigt das immer mehr an Kraft verlierende Sturmgebiet über der nördlichen Saturnhemisphäre. Außerdem sind unmittelbar ober- und unterhalb der Saturnringe die Monde Epimetheus, Mimas, Enceladus und Janus zu erkennen.
(Bild: NASA, JPL, Space Science Institute)

Die ISS-Kamera wird den wissenschaftlichen Betrieb während des jetzigen Orbits am 8. April aufnehmen. Das Ziel der Beobachtungen wird die nördliche Saturnhemisphäre und das immer noch dort befindliche, mittlerweile aber stark abgeschwächte Sturmgebiet sein. Bis zum 23. April sind insgesamt 12 solcher jeweils nur wenige Minuten andauernde Beobachtungssequenzen vorgesehen, mit denen die aktuelle Ausdehnung und Entwicklung des Sturmgebietes dokumentiert werden soll.

Ebenfalls am 8. April wird zudem der größte Begleiter des Saturn, der 5.150 Kilometer durchmessende Mond Titan, im Rahmen der so genannten “Titan Monitoring Campaign” (kurz “TMC”) in den Fokus der ISS-Kamera rücken. Das Ziel der Beobachtung, welche aus einer Entfernung von etwa 1,81 Millionen Kilometern erfolgen wird, besteht in der Dokumentation der oberen Atmosphärenschichten des Titan und der eventuell dort befindlichen Wolkenstrukturen. Weitere vergleichbare Beobachtungssequenzen sind für den 11. und 13. April geplant.

Im Anschluss an die Titan-Beobachtung sollen zudem mehrere der kleineren inneren Saturnmonde im Rahmen sogenannter astrometrischer Beobachtungen abgebildet werden. Die Umlaufbahnen dieser kleinen und entsprechend massearmen Saturnmonde unterliegen einer permanenten gravitativen Beeinflussung durch den Saturn und dessen größeren Monden, was zu minimalen Veränderungen der jeweiligen Umlaufbahnen führen kann.

Das wissenschaftliche Ziel der angefertigten Aufnahmen der Monde Daphnis, Pallene, Helene, Janus, Methone und Calypso besteht darin, die derzeit verfügbaren Daten über deren jeweilige Umlaufbahnen noch weiter zu verfeinern. Die entsprechenden Fotosequenzen werden allerdings durchweg aus größeren Distanzen angefertigt, so dass im Rahmen dieser Beobachtungen keine Oberflächendetails der jeweiligen Monde aufgelöst werden können. Weitere astrometrische Beobachtungskampagnen sind für den 11., 16., 19., 20. und 23. April vorgesehen.

Wikipedia
An den Lagrangepunkten L1 bis L5 heben sich die Gravitationskräfte benachbarter Himmelskörper und die Zentrifugalkraft der Bewegung gegenseitig auf. Nur die Punkte L4 und L5 sind jedoch stabil genug, um kleinere Objekte dauerhaft zu binden.
(Bild: Wikipedia)

Am 13. April wird Cassini die Suche nach weiteren bisher noch nicht entdeckten Saturnmonden fortsetzen. Zu diesem Zweck soll die ISS-Kamera die Region um den Lagrange-Punkte L5 des Mondes Rhea abbilden.

An den fünf Lagrangepunkten heben sich die Gravitationskräfte benachbarter Himmelskörper und die Zentrifugalkraft der Bewegung gegenseitig auf. Dadurch entstehen an diesen Punkten Zonen mit einem niedrigen Gravitationspotenzial. Drei der Lagrange-Punkte, nämlich L1, L2 und L3, sind dabei relativ instabil, so dass bereits geringe gravitative Wechselwirkungen zu einem Entweichen von eventuell dort befindlichen Objekten führen können. Die Punkte L4 und L5, welche sich 60 Grad vor beziehungsweise hinter dem Himmelskörper befinden, sind dagegen stabil, so dass sich dort kleinere Objekte sammeln und anschließend über einen nahezu unbegrenzt langen Zeitraum aufhalten können.

Im Mondsystem des Saturn befindet sich so zum Beispiel der kleine Mond Telesto in der L4-Region des größeren Mondes Tethys, während der Mond Calypso sich in der Region von dessen L5-Punkt befindet. Der L5-Punkt von Dione wird dagegen von dem Mond Polydeuces eingenommen. Die geplante Beobachtung des Lagrange-Punktes L5 von Rhea dient der Suche nach einem oder mehreren eventuell dort befindlichen und bisher noch unentdeckten weiteren Begleitern des Ringplaneten. Am 15. April soll mit der gleichen Zielsetzung auch die Umgebung von Rheas Lagrange-Punkt L4 abgebildet werden.

Am 14. April wird Cassini um 19:03 Uhr MESZ die Periapsis, den Punkt der größten Annäherung an den Saturn während ihres 165. Orbits, erreichen. Zu diesem Zeitpunkt wird sich die Raumsonde 135.940 Kilometer über der obersten Wolkenschicht des Saturn befinden.

NASA, JPL, Space Science Institute, DLR
Der Saturnmond Enceladus: In der Großaufnahme ist am unteren Bildrand dessen Südpolregion mit den dort befindlichen “Tigerstreifen” erkennbar. Diese geologisch aktive Region stellt den Ausgangspunkt für die Jets aus Wasserdampf und Eispartikeln dar, welche aus den dort befindlichen Kryovulkanen entweichen.
(Bild: NASA, JPL, Space Science Institute, DLR)

Bereits drei Stunden zuvor erfolgt ein dichter Vorbeiflug an dem Saturnmond Enceladus, welcher um 16:02 Uhr MESZ in einer Entfernung von lediglich 74 Kilometern mit einer Geschwindigkeit von 7,5 Kilometern pro Sekunde passiert werden wird. Die im Rahmen dieses als “E-18” bezeichneten Vorbeifluges – es handelt sich um den 18. gesteuerten Vorbeiflug der Raumsonde an Enceladus – vorgesehenen wissenschaftlichen Beobachtungen sind aufgrund der analogen Flugbahnen fast identisch mit denen während des letzten Enceladus-Vorbeifluges, welcher am 27. März 2012 erfolgte.

Während der Annäherungsphase soll die ISS-Kamera eingesetzt werden, um die südliche Hemisphäre des Mondes aus Entfernungen von 340.500 Kilometern bis hin zu 118.540 Kilometern abzubilden. Die Kamera soll hierbei speziell dazu eingesetzt werden, um die von der Südpolregion ausgehenden Fontänen aus Gas und feinen Wassereiskristallen abzubilden. Neben der Suche nach weiteren Plumes soll dabei eine eventuell veränderte Aktivität der bisher bekannten Auswurfzonen untersucht werden.

Im Anschluss an diese Beobachtungssequenz soll ein weiteres wissenschaftliches Instrument von Cassini, das Composite Infrared Spectrometer (CIRS), die zu diesem Zeitpunkt nicht von der Sonne beleuchtete Nachtseite des Mondes im mittleren Infrarotbereich abbilden und nach Temperaturvariationen auf der Mondoberfläche suchen. Während der zwei Stunden um die dichteste Annäherung an Enceladus soll schließlich ein weiteres Spektrometer, das Ion and Neutral Mass Spectrometer (INMS), dazu eingesetzt werden, um die Zusammensetzung, die Dichte und die dreidimesionale Struktur der von der Südpolregion ausgehenden Plumes zu analysieren. Die Flugbahn der Raumsonde wird während des Vorbeifluges entlang der Region Baghdad Sulcus, einem der vier Tigerstreifen – den Austrittsregionen der Enceladus-Geysire – erfolgen. Durch den Flugverlauf wird es dem INMS-Spektrometer möglich sein, einzelne im Bereich des Baghdad Sulcus gelegene Auswurfzonen aufzulösen und im Detail zu untersuchen.

Die ISS-Kamera soll diese Untersuchung durch ergänzende Bildaufnahmen unterstützen. Allerdings werden die Bilder aufgrund der geringen Überflughöhe und der hohen Geschwindigkeit lediglich über eine Auflösung von rund 18 Metern pro Pixel verfügen. In Kombination mit den während der früheren Enceladus-Vorbeiflüge “E-14” und “E-17” gesammelten Daten, so die an der Cassini-Mission beteiligten Wissenschaftler, sollte auf diese Weise eine gute Abdeckung der Südpolregion dieses faszinierenden Eismondes gelingen.
Während der Abflugphase der Raumsonde soll schließlich erneut das CIRS-Spektrometer auf den Mond ausgerichtet werden und die Temperatur-Kartierung der Mondoberfläche fortsetzen.

NASA, JPL, Space Science Institute
Diese Aufnahme des rund 179 Kilometer durchmessenden Mondes Janus entstand am 27. März 2012 aus einer Entfernung von etwa 44.000 Kilometern.
(Bild: NASA, JPL, Space Science Institute)

Bereits wenige Stunden später wird sich Cassini am 15. April um 0:06 Uhr MESZ dem fünftgrößten Saturnmond, dem 1.062 Kilometer durchmessenden Mond Tethys, im Rahmen eines nicht gesteuerten Vorbeifluges bis auf eine Entfernung von 9.053 Kilometern nähern. Im Anschluss an eine CIRS-Beobachtung der Nachtseite von Tethys wird die ISS-Kamera die durch das vom Saturn reflektierte Licht beleuchtete Oberfläche des Mondes abbilden. Zusammen mit den Daten des Visual and Infrared Mapping Spectrometer (VIMS) soll so die Zusammensetzung und Morphologie der Oberfläche von Tethys studiert werden. Die Kameraaufnahmen dienen zudem der Vervollständigung einer Karte der dort befindlichen Oberflächenstrukturen.

Für die folgenden Tage sind ISS-Beobachtungen verschiedener größerer Saturnmonde geplant, welche allerdings alle aus größeren Entfernungen erfolgen werden. Für den 23. April ist zudem eine erneute Beobachtung des G-Ringes des Saturn vorgesehen, welcher bei dieser Gelegenheit aus einer Entfernung von 1,69 Millionen Kilometern durch die ISS-Kamera und das VIMS-Spektrometer abgebildet werden soll.

Cassini wird nur wenige Stunden später um 16:46 Uhr MESZ in einer Entfernung von rund 2,4 Millionen Kilometern zum Saturn erneut die Apoapsis erreichen und diesen 165. Orbit um den Ringplaneten beenden. Während des damit beginnenden Orbits Nummer 166 wird am 2. Mai ein weiterer gesteuerter Vorbeiflug an dem Mond Enceladus erfolgen. Enceladus wird dabei erneut in einer Distanz von rund 74 Kilometern überfolgen werden. Ebenfalls an diesem Tag erfolgt in einer Entfernung von etwas über 8.000 Kilometern ein nicht gesteuerter Vorbeiflug an dem Mond Dione.

Die Mission Cassini-Huygens ist ein Gemeinschaftsprojekt der amerikanischen Weltraumbehörde NASA, der europäischen Weltraumagentur ESA und der italienischen Weltraumagentur ASI. Das Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien, eine Abteilung des California Institute of Technology (Caltech), leitet die Mission im Auftrag des Direktorats für wissenschaftliche Missionen der NASA in Washington, DC.

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