Raumsonde DAWN – Im Bann des Zwergplaneten Ceres

Vor wenigen Stunden wurde die Raumsonde DAWN von dem Schwerefeld des Zwergplaneten ‚eingefangen‘ und befindet sich jetzt in einer Umlaufbahn um dieses größte und massereichste Objekt des Asteroidengürtels unseres Sonnensystems. In den kommenden 16 Monaten soll Ceres jetzt intensiv untersucht werden.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung, DLR, NASA.

NASA, JPL-Caltech
Die hier abgebildete 70-Meter-Parabolantenne des DSN-Komplexes in Goldstone/USA konnte am 6. März 2015 um 14:36 MEZ die Signale empfangen, welche den kurz zuvor erfolgten Orbiteintritt der Raumsonde DAWN um den Zwergplaneten Ceres bestätigten.
(Bild: NASA, JPL-Caltech)

Die von der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA betriebene Raumsonde DAWN hat am heutigen Tag ihr zweites und finales Forschungsziel – den im Asteroiden-Hauptgürtel unseres Sonnensystems gelegenen Zwergplaneten Ceres – erreicht. Um 13:39 MEZ wurde DAWN von dem Schwerefeld des Zwergplaneten ‚eingefangen‘. Die Signale, welche den Orbiteintritt bestätigten, wurden um 14:36 MEZ von der 70-Meter-Antenne des Deep Space Network in Goldstone/USA empfangen. Die Auswertung der dabei ebenfalls übertragenen Telemetriedaten ergab, dass sich die Raumsonde in einem guten Zustand befindet und dass das Ionentriebwerk wie vorgesehen arbeitet.

DAWN ist damit die erste Raumsonde in der Geschichte der Menschheit, welche nacheinander in eine Umlaufbahn um zwei verschiedene planetare Körper eingetreten ist. Bereits am 16. Juli 2011 hatte DAWN den ebenfalls im Asteroidengürtel gelegenen Asteroiden (4) Vesta erreicht und diesen rund 13 Monate lang umrundet und untersucht. Zugleich ist DAWN auch überhaupt die erste Raumsonde, welche einen Zwergplaneten aus nächster Nähe erkunden wird.

Damit DAWN durch die Anziehungskraft von Ceres in einen Orbit gezogen werden konnte, bremsten die Ionentriebwerke die Raumsonde in 61.000 Kilometern Entfernung von dem Zwergplaneten ab. In den kommenden Wochen wird sich DAWN ihrem Ziel noch weiter annähern und anschließend über einen Zeitraum von voraussichtlich 16 Monaten intensiv mit den drei mitgeführten wissenschaftlichen Instrumenten untersuchen. Neben einem im visuellen und infraroten Spektralbereich arbeitenden Spektrometer (abgekürzt „VIR“) und einem Gamma- und Neutronenspektrometer („GRAND“) wird dabei auch ein unter der Leitung von Mitarbeitern des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen entwickeltes und betriebenes Kamerasystem, die aus zwei identischen Optiken bestehende Framing Camera, zum Einsatz kommen.

NASA, JPL-Caltech, UCLA, MPS, DLR, IDA
Diese Animation, erstellt aus Aufnahmen vom 19. Februar 2015, zeigt eine vollständige Umdrehung von Ceres. Die Auflösung liegt bei einer Entfernung von etwa 46.000 Kilometern bei vier Kilometern pro Pixel.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, UCLA, MPS, DLR, IDA)

Dabei wollen die an dem Kameraexperiment beteiligten Wissenschaftler mindestens 10.000 Aufnahmen, welche zum Teil Strukturen von nur 40 Metern Größe sichtbar machen sollen, anfertigen. Zu den Zielen der Mission gehört es, die Oberfläche des Zwergplaneten genau zu kartographieren. Unter anderem sollen dabei auch Farbkarten von Ceres erstellt werden. Zu diesem Zweck ist die Framing Camera mit sieben Farbfiltern ausgestattet. Diese Filter ermöglichen es, bestimmte Wellenlängenbereiche aus dem Licht, welches der Zwergplanet in das All reflektiert und die charakteristische Fingerabdrücke bestimmter Mineralien enthalten, herauszufiltern. Die Forscher können so unter anderem auch die mineralogische Zusammensetzung der Ceres-Oberfläche bestimmen.

„Viele dieser mineralogischen Unterschiede sind mit dem bloßen Auge nicht zu sehen“, so Dr. Andreas Nathues vom MPS, der wissenschaftliche Leiter des Kamerateams. „Die Farbkarten erzählen deshalb Ceres‘ wahre Geschichte und enthalten Informationen über ihre Entstehung und Evolution, die in rein topographischen Karten nicht enthalten sind.“

Im Fall des Asteroiden (4) Vesta, des ersten Ziels der Raumsonde DAWN, konnten solche mineralogischen Untersuchungen beispielsweise dabei helfen, die innere Struktur des Asteroiden zu ermitteln. Die Farbkarten haben gezeigt, dass das dort vorhandene Mineral Olivin – ein typischer Bestandteil des inneren Gesteinsmantels von terrestrischen Planeten – auf Vesta allein in der Nähe kleinerer Impaktkrater auftritt und somit von außen eingetragen wurde. Es entstammt also nicht Vestas eigenem Mantel. Dieser muss somit unter einer mindestens 30 bis 80 Kilometer dicken Gesteinskruste liegen, was deutlich tiefer ist als zuvor angenommen wurde.

Für den Zwergplaneten Ceres erwarten die Planetologen schwächere Farbkontraste als bei Vesta. Dennoch sollte es mit Hilfe der anzufertigenden Farbkarten auch gelingen dem Eis, welches unter der Oberfläche von Ceres vermutet wird, auf die Spur zu kommen. Auf die nächsten Aufnahmen von Ceres wird das Kamera-Team allerdings noch mehrere Wochen warten müssen. Da DAWN von der sonnenabgewandten Seite in eine Umlaufbahn um Ceres eingetreten ist, blickt das Kamerasystem derzeit auf die Seite des Zwergplaneten, welche im Dunkel liegt. Bereits die letzte Aufnahme, welche vor der heutigen Ankunft bereits am 2. März 2015 entstand, präsentierte sich Ceres nur noch als schmale Sichel. Die nächsten Bilder der Framing Camera sollen erst am 10. April aus einer Entfernung von dann 33.000 Kilometern angefertigt werden.

NASA, JPL-Caltech, UCLA, MPS, DLR, IDA
Bereits am 2. März 2015 wurde aus einer Entfernung von 48.000 Kilometern dieses Foto des Zwergplaneten Ceres angefertigt. Die Auflösung liegt bei 4,6 Kilometern pro Pixel. Dies war die letzte Aufnahme des Zwergplaneten, bevor DAWN am heutigen Tag die Umlaufbahn von Ceres erreichte. Während dieses Manövers waren keine weiteren Aufnahmen möglich, da die Raumsonde dabei nicht auf die Oberfläche des Zwergplaneten blicken konnte.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, UCLA, MPS, DLR, IDA)

Ein weiterer Grund dafür, dass die am heutigen Tag erfolgte ‚historische Ankunft‘ nicht fotografisch dokumentiert wurde, war dagegen rein technischer Natur. „Die insgesamt fast 20 Meter langen Solarpaneele mussten bei diesem Manöver zur Sonne ausgerichtet sein, und daher blickte die Kamera auch nicht in Richtung Ceres“, so Prof. Ralf Jaumann vom Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin-Adlershof, einer der an der DAWN-Mission beteiligten Wissenschaftler.
„Wir haben in den nächsten anderthalb Jahren viel zu tun, aber wir haben die notwendigen Ressourcen und einen robusten Zeitplan, um unsere wissenschaftlichen Ziele zu erreichen“, so Christopher Russell von der University of California in Los Angeles, der wissenschaftlicher Leiter der DAWN-Mission. „Wir sind sehr aufgeregt und voller Vorfreude.“
Die DAWN-Mission wird vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA geleitet. Die University of California in Los Angeles ist für den wissenschaftlichen Betrieb der Mission verantwortlich. Das Kamerasystem an Bord der Raumsonde wurde unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) in Zusammenarbeit mit dem Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin-Adlershof und dem Institut für Datentechnik und Kommunikationsnetze in Braunschweig entwickelt und gebaut. Das Kameraprojekt wird finanziell von der Max-Planck-Gesellschaft, dem DLR und der NASA (JPL) unterstützt.
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