Ceres: DAWN hat die erste Erkundungsphase beendet

Erstmals seit der Ankunft bei ihrem Ziel präsentierte sich der Zwergplanet Ceres dem Kamerasystem der Raumsonde DAWN in den vergangenen Wochen nicht nur als schmale Sichel, sondern vielmehr als vollbeleuchtete Scheibe, welche dabei in einer bisher unerreichten Auflösung abgebildet werden konnte. Eines der auffälligsten Oberflächenmerkmale des Zwergplaneten – zwei besonders helle Flecken auf dessen Nordhemisphäre – entpuppen sich in diesen Aufnahmen als deutlich feiner strukturiert als zuvor vermutet.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: DLR, Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung, JPL, The Planetary Society.

NASA, JPL-Caltech, UCLA, MPS, DLR, IDA
Diese animierte Sequenz setzt sich aus verschiedenen Aufnahmen zusammen, welche die Rausonde DAWN am 3. und 4. Mai 2015 aus einer Entfernung von 13.600 Kilometern zu dem Zwergplaneten (1) Ceres angefertigt hat. Die Aufnahmen erreichen eine Auflösung von 1,3 Kilometern pro Pixel. Aus den gewonnenen Daten berechnen die an der Mission beteiligten Wissenschaftler derzeit das erste dreidimensionale Geländemodell des Zwergplaneten.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, UCLA, MPS, DLR, IDA)

Bereits am 6. März 2015 erreichte die von der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA betriebene Raumsonde DAWN ihr zweites und finales Forschungsziel – den im Asteroiden-Hauptgürtel unseres Sonnensystems gelegenen Zwergplaneten (1) Ceres. In den auf diesen erfolgreichen Eintritt in das Gravitationsfeld von Ceres folgenden Wochen war es der Raumsonde jedoch zunächst nicht möglich, weitere Fotos von ihrem Forschungsziel anzufertigen. Da sich DAWN ihrem Ziel von dessen sonnenabgewandten Seite her näherte, lag der Zwergplanet aus der Sicht der Raumsonde zunächst im Dunkeln. Bereits die letzte Aufnahme der Raumsonde vor dieser Ankunft, welche bereits am 2. März 2015 entstand, zeigte Ceres nur noch als eine schmale Sichel.

Im April hat sich die Raumsonde dem Zwergplaneten jedoch immer weiter genähert und dabei schließlich auch eine Position erreicht, aus der sich der Framing Camera, der unter der Leitung von Mitarbeitern des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen entwickelten und betriebenen Kamera der Raumsonde, wieder ein lohnender Blick auf Ceres bot (Raumfahrer.net berichtete).

Seit dem 23. April 2015 umkreiste die Raumsonde DAWN ihr Zielobjekt dabei in einem Abstand von nur noch 13.600 Kilometern und fertigte im Rahmen dieser als „RC3“ – so die Abkürzung für die der Beobachtung und Kartierung von Ceres dienenden „Rotation Characterization Phase 3“ – bezeichneten Missionsphase fast 2.000 Aufnahmen an, welche die gesamte Oberfläche des Zwergplaneten abdeckten. Für präzise wissenschaftliche Erkenntnisse reicht die dabei erlangte Auflösung von etwa 1,3 Kilometern pro Pixel allerdings noch nicht aus. Mit diesen Aufnahmen wollen die an der DAWN-Mission beteiligten Wissenschaftler deshalb in erster Linie zunächst auch lediglich die Rotationszeit und die Ausrichtung der Rotationsachse des Zwergplaneten im Detail bestimmen und eine erste, noch grobe Kartierung durchführen.
„Das sind wichtige Informationen, die wir für unsere exakte Kartierung von Ceres benötigen“, so Prof. Ralf Jaumann vom Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin-Adlershof, einer der Mitarbeiter des Kamerateams der Mission. Anhand dieser Daten soll zudem die genaue Flugbahn bestimmt werden, welche DAWN in Zukunft einnehmen wird.

„Aus diesen Daten berechnen wir [zudem] das erste dreidimensionale Geländemodell von Ceres, das im Laufe der Mission mit immer besserer Auflösung verfeinert und optimiert wird“, so Prof. Jaumann weiter. Eine erste Version dieses 3D-Modells, dessen Erstellung aufgrund der aufwendigen Verarbeitung der verfügbaren Daten viel Zeit und zudem große Computerkapazitäten erfordert, soll voraussichtlich bereits Ende Mai 2015 vorliegen.

Bereits zum jetzigen Zeitpunkt zeigen sich auf den bisher angefertigten Aufnahmen der Ceres-Oberfläche jedoch diverse Strukturen wie hohe Aufwölbungen, ungewöhnliche Kraterformen, verschiedene ‚helle Flecken‘ und erstaunlich flache Ebenen, welche in Zukunft wohl für diverse Diskussionen unter den Wissenschaftlern sorgen werden. Die hohe Anzahl an Impaktkratern weist dabei auf ein hohes Alter der Oberfläche hin. Allerdings verteilen sich die Krater nicht gleichmäßig über die Ceres-Oberfläche. Flache Regionen mit nur verhältnismäßig wenigen Kratern sind Hinweise darauf, dass in diesen Bereichen die Oberfläche des Zwergplaneten eventuell durch innere geologische Aktivitäten erneuert wurde.

NASA, JPL-Caltech, UCLA, MPS, DLR, IDA
Diese am 4. Mai 2015 anfertigte Aufnahme der Framing Camera an Bord der Raumsonde DAWN zeigt, dass sich zwei in einem etwa 92 Kilometer durchmessenden Impaktkrater befindliche ‚Weiße Flecken‘ in Wirklichkeit aus mehreren kleineren Einzelflecken zusammen setzen.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, UCLA, MPS, DLR, IDA)

Das Rätsel der ‚Weißen Flecken‘ auf der Ceres-Oberfläche
Diese Aufnahmen zeigen auch zum wiederholten Mal verschiedene ‚helle Flecken‘ auf der Oberfläche des Zwergplaneten. Bereits in der Anflugphase an Ceres zeichneten sich auf den Kameraaufnahmen speziell zwei helle Flecken auf der nördlichen Hemisphäre des Zwergplaneten besonders deutlich ab. Mit jeder neuen der durch die Framing Camera angefertigten Aufnahmen ließen sich diese Strukturen dabei immer besser erkennen, ohne dass jedoch deren Natur entschlüsselt werden konnte. Seit dem Februar ist jedoch zumindestens klar, dass sich diese Flecken im Zentrum eines etwa 92 Kilometer durchmessenden Kraters befinden.

Die jüngsten Aufnahmen der Raumsonde DAWN, welche eine zuvor nicht erreichte Detailgenauigkeit erreichten, enthüllen nun erstmals auch die genauere Form dieser hellen Bereiche. Die ‚Weißen Flecken‘ sind jetzt in eine Reihe von kleineren Einzelflecken aufgelöst, von denen die meisten einen Durchmesser von weniger als 1,3 Kilometern aufweisen. Diese Bereiche sind somit deutlich feiner strukturiert als bisher angenommen wurde.
„Endlich genau zu sehen, wo die hellen Flecken inmitten des Kraters verteilt sind, ist für uns sehr wichtig. Es kann uns helfen zu verstehen, wie diese Gebiete entstanden sind“, so Dr. Andreas Nathues vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung, der wissenschaftliche Leiter des Framing-Camera-Expriments.

Die derzeitigen Vermutungen gehen nach wie vor in die Richtung, dass es sich bei diesen Flecken um Ablagerungen von Wassereis handelt, welches sich in einem größeren Umfang unter der Oberfläche des Zwergplaneten befinden könnte und das in diesem speziellen Fall infolge eines – eventuell erst kürzlich erfolgten – Impaktereignisses freigelegt wurde.

„Schon jetzt spricht einiges für dieses Szenario – etwa die charakteristische Helligkeit dieser Bereiche“, so Dr. Nathues. „Gewissheit haben wir aber noch nicht. Es könnte sich prinzipiell auch um ein sehr helles Salzmineral handeln.“ Auch in den kommenden Wochen werden die an der Mission beteiligten Wissenschaftler diese Bereiche der Ceres-Oberfläche deshalb besonders genau untersuchen. Aufschluss erhoffen sie sich dabei neben weiteren Kameraaufnahmen auch von den Daten eines im visuellen und im infraroten Spektralbereich arbeitenden Spektrometers namens „VIR“.

NASA, JPL
Der schematische Aufbau der Raumsonde DAWN. DAWN erreichte den Zwergplaneten (1) Ceres Anfang März 2015 und wird diesen größten Himmelskörper im Bereich des Asteroidengürtels in den kommenden Monaten ausführlich mit den drei an Bord der Raumsonde befindlichen wissenschaftlichen Instrumenten untersuchen. Neben einem im visuellen und infraroten Spektralbereich arbeitenden VIR-Spektrometer und einem Gamma- und Neutronenspektrometer (angekürzt „GRAND“) kommt dabei auch ein unter der Leitung von Mitarbeitern des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen entwickeltes und betriebenes Kamerasystem, die aus zwei identischen Optiken bestehende Framing Camera , zum Einsatz.
(Bild: NASA, JPL)

„Die [bisherigen] Aufnahmen sind zwar sehr gut, aber zurzeit können wir über vieles nur spekulieren. Ceres lässt sich nicht so einfach verstehen“, so Prof. Jaumann.

Der nächste Orbitverlauf – Nur noch 4.400 Kilometer über der Oberfläche
Für die Entschlüsselung der Geheimnisse des Zwergplaneten benötigen die Wissenschaftler noch höher aufgelöste Bilder und weitere Daten aus kürzeren Entfernungen – und diese sollen sie auch bereits in Kürze erhalten. Am 9. Mai 2015 hat die Raumsonde DAWN den zuvor eingenommenen Orbit für die RC3-Phase verlassen und nähert sich jetzt der Ceres-Oberfläche weiter an. Bereits am 6. Juni 2015 soll die Raumsonde dabei eine Umlaufbahn erreichen, auf der Ceres bis zum 30. Juni auf einer über die beiden Pole verlaufenden Umlaufbahn alle drei Tage in einer Entfernung von etwa 4.400 Kilometern umkreist werden wird.

Aus dieser Entfernung werden die Aufnahmen der Framing Camera eine Auflösung von etwa 400 Metern pro Pixel erreichen. Anschließend beginnt am 4. August 2015 der so genannte „High Altitude Mapping Orbit“ (kurz „HAMO“), bei dem die Framing Camera aus dann nur noch 1.470 Kilometern Entfernung auf Ceres blicken wird.

„Dieser Orbit ist für die Optimierung unseres dreidimensionalen Geländemodells besonders wichtig, denn man erkennt alle geologischen Formationen auf der Oberfläche des Zwergplaneten“, betont Prof. Jaumann die Bedeutung der dabei vorgesehenen Untersuchungen. Im abschließenden „Low Altitude Mapping Orbit“ (kurz „LAMO“) wird dann in erster Linie der Gammastrahlen- und Neutronendetektor GRAND an Bord der Raumsonde aus einer Entfernung von nur noch 375 Kilometern Daten sammeln, mit denen die chemische Zusammensetzung von Ceres analysiert werden soll.

Die DAWN-Mission wird vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA geleitet. Die University of California in Los Angeles ist für den wissenschaftlichen Betrieb der Mission verantwortlich. Das Kamerasystem an Bord der Raumsonde wurde unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) in Zusammenarbeit mit dem Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin-Adlershof und dem Institut für Datentechnik und Kommunikationsnetze in Braunschweig entwickelt und gebaut. Das Kameraprojekt wird finanziell von der Max-Planck-Gesellschaft, dem DLR und der NASA (JPL) unterstützt.
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