Nach einem rund 31 Monate andauernden Winterschlaf soll die von der Europäischen Weltraumagentur ESA betriebenen Kometensonde Rosetta am 20. Januar 2014 wieder in Kommunikation mit der Erde treten.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: ESA.
Um exakt 11:00 MEZ am 20. Januar 2014 wird bei der von der Europäischen Weltraumagentur ESA betriebenen Raumsonde Rosetta ein interner „Wecker klingeln“. Durch diesen bereit vor Jahren programmierten Weckruf soll die Kometensonde aus einem seit dem 8. Juni 2011 andauernden, energiesparenden Hibernations-Modus (Raumfahrer.net berichtete) erwachen.
Dieses Signal wird eine „On Board Wake-up“-Prozedur initialisieren. Im Rahmen dieses Vorganges werden zunächst verschiedene interne Heizelemente aktiviert, welche die Startracker-Kameras der Raumsonde auf „Betriebstemperatur“ bringen sollen. Nach dem Abschluss dieser Prozedur wird durch die Daten dieser Kameras zunächst die exakte Orientierung von Rosetta im Weltraum ermittelt. Zeitgleich werden weitere interne Systeme reaktiviert. Der gesamte Aufweck-Vorgang wird voraussichtlich einen Zeitraum von etwa sechs Stunden in Anspruch nehmen.
Nach der Ermittlung der Orientierung im Raum wird sich die Raumsonde so ausrichten, dass eine Kommunikation mit der Erde möglich sein wird. Anschließend wird Rosetta ein kurzes Signal in Richtung Erde aussenden, welches dem Raumsonden-Kontrollteam am Europäischen Raumflugkontrollzentrum (kurz „ESOC“) in Darmstadt signalisieren soll „Hallo, ich bin wach“. Der Eingang dieses Signals wird am 20. Januar für den Zeitraum zwischen 18:30 und 19:30 MEZ erwartet.
Allerdings befindet sich Rosetta gegenwärtig in einer Entfernung von mehr als 807.244.000 Kilometern zur Erde und dementsprechend schwach wird dieses Kommunikationssignal letztendlich auch ausfallen, bis es nach einer Signallaufzeit von 44 Minuten und 53 Sekunden die Empfangsstationen auf der Erde erreicht. Um die Chancen für eine erfolgreiche Detektierung des Signals zu erhöhen, hat die ESA die US-amerikanische Weltraumbehörde NASA darum gebeten, bei dem Empfang des Signals zu helfen und in dem betreffenden Zeitraum verschiedene Antennen des NASA-DSN auf Rosetta auszurichten.
Ab 15:35 MEZ wird deshalb am 20. Januar zunächst die 70-Meter-Antenne des DSN-Komplexes in Goldstone/USA (die Antenne DSS-14) nach einem Signal von Rosetta lauschen. Ab 19:15 MEZ wird die 70-Meter-Antenne bei Canberra/Australien (DSS-43) „übernehmen“ und diese Arbeit fortsetzen. Sobald eine der beiden Stationen ein „Lebenszeichen“ von Rosetta empfängt soll dieses unmittelbar danach an das Kontrollzentrum am ESOC weitergeleitet werden.
Ab 21:34 MEZ wird schließlich auch die 35-Meter-Antenne des ESA-Komplexes in New Norcia/Australien (DSA-1) eingreifen und ebenfalls nach einem Signal von Rosetta Ausschau halten. Diese deutlich kleinere Antenne wird dabei allerdings lediglich dazu in der Lage sein, ein einfaches „Carrier Signal“ zu empfangen, welches keine komplexeren Telemetriedaten der Raumsonde enthält.
Die in die Rosetta-Mission eingebundenen Mitarbeiter des ESOC werden ab dem 20. Januar um 15:00 MEZ an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr im Einsatz sein. Zunächst soll dabei der allgemeine technische Zustand der Raumsonde ermittelt und eine stabile „Zwei-Wege-Kommunikation“ etabliert werden. Ein spezielles Interesse gilt hierbei dem aktuellen Energiestatus der Raumsonde. Die Bestimmung der gegenwärtig durch die Solarzellen der Raumsonde generierten Energiemenge ist entscheidend für die Planung der weiteren Aktivitäten, durch welche Rosetta in den kommenden Wochen und Monaten Schritt für Schritt in den aktiven Operationsmodus versetzt werden soll.
Das DSN der NASA soll auch in den kommenden Wochen routinemäßig für eine Kommunikation mit Rosetta eingesetzt werden. Erst wenn sich die Distanz zwischen der Kometensonde und der Erde soweit verkürzt hat, dass auch die 35-Meter-Antennen des ESA-Netzwerkes in New Norcia/Australien, Cebreros/Spanien und Malargüe/Argentinien die Signale problemlos empfangen können, wird die Einbindung des NASA-DSN heruntergeschraubt.
Sollte in dem vorgesehenen Kommunikationsfenster am 20. Januar kein Kontakt mit Rosetta erfolgen, so könnte dies im schlimmsten Fall bedeuten, dass die Raumsonde ihren Winterschlaf nicht unbeschadet überstanden hat. Eine weitere Möglichkeit wäre, dass Rosetta einige der notwendigen „Wake-up“-Prozeduren nicht vollständig abschließen konnte. Diese Prozeduren würden dann automatisch wiederholt und weitere Kommunikationsversuche würden zu späteren Zeitpunkten erfolgen. Eine dritte, allerdings bereits im Vorfeld als eher unwahrscheinlich angesehen Möglichkeit bestand darin, dass die in die Kommunikation mit Rosetta involvierten Deep-Space-Antennen der NASA aus rein technischen Gründen nicht in der Lage sein würden, entsprechende Signale aufzufangen.
Um dies zu testen wurde kürzlich der ebenfalls von der ESA betriebene Marsorbiter Mars Express eingesetzt. Mars Express verfügt über eine Kommunikationsanlage, welche mit der von Rosetta nahezu identisch ist. Fünf Testläufe, bei denen die Mitarbeiter des NASA-DSN zusätzliche Schichten einlegten, zeigten dass die 70-Meter-Antennen der NASA die im S-Band-Bereich ausgestrahlten Signale von Mars Express problemlos empfangen konnten. An den Antennen der NASA sollte die in wenigen Stunden erwartete Kontaktaufnahme mit Rosetta also nicht scheitern.
Raumfahrer Net wird am morgigen Montag aus dem ESOC in Darmstadt von Rosettas Reaktivierung live berichten.
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