Im geheimnisvollen Alphabet der Schwarzen Löcher ist ein neuer Buchstabe gefunden. Zwei Astrophysiker teilen diese Entdeckung im Journal „Nature Communications“ mit. Eine Pressemitteilung der Julius-Maximilians-Universität Würzburg.
Quelle: Julius-Maximilians-Universität Würzburg.
Schwarze Löcher befinden sich im Zentrum fast aller Galaxien, die bislang untersucht wurden. Sie haben eine unvorstellbar große Masse und ziehen darum Materie, Gas und sogar Licht an. Sie können aber auch Materie in Form von Plasmajets abgeben – das ist eine Art Plasmastrahl, der mit ungeheurer Energie aus dem Zentrum der Galaxie gestoßen wird. Ein Plasmajet kann mehrere hunderttausend Lichtjahre weit ins Weltall reichen.
Beim Aussenden dieser intensiven Strahlung bleibt das Schwarze Loch unsichtbar, weil die Lichtstrahlen in seiner Nähe so stark gekrümmt werden, dass sich ein Schatten ausbildet. Das hat kürzlich das Forschungsteam der Event Horizon Telescope (EHT)-Kollaboration für das massereiche Schwarze Loch in der Riesenellipsengalaxie M87 berichtet.
Im Quasar 3C279 – ebenfalls ein Schwarzes Loch – fand das EHT-Team ein weiteres Phänomen: Im mehr als tausendfachen Abstand vom Schatten des Schwarzen Lochs leuchtete plötzlich der Kern eines Plasmajets auf. Wie die Energie für diesen Jet auf unsichtbare Weise wie durch einen Kamin vom Schwarzen Loch bis zum Kern des Jets gelangt, war bislang ungeklärt.
Extrem flackernde Gammastrahlung nachgewiesen
Diesen Quasar hat nun der Astrophysiker Amit Shukla, der bis 2018 an der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg geforscht hat und jetzt am Indischen Institut für Technologie in Indore tätig ist, mit dem NASA-Weltraumteleskop Fermi-LAT beobachtet. Er fand heraus, dass der im Millimeter-Wellenlängenbereich gefundene Kern des Jets auch energiereiche Gammastrahlung aussendet, allerdings mit einer extrem flackernden Helligkeit. Diese kann sich innerhalb von wenigen Minuten verdoppeln, wie das Journal Nature Communications berichtet.
Das spezielle Muster der Abfolge von Helligkeitsänderungen ist für einen universellen Prozess charakteristisch, der magnetische Rekonnexion genannt wird und bei vielen astrophysikalischen Objekten mit starken Magnetfeldern auftritt. Auch die Sonnenaktivität hat mit der Dynamik von Magnetfeldern und Rekonnexion zu tun. Das wurde jüngst anhand der Beobachtung von „Lagerfeuern“ in der Sonnenatmosphäre mit der Mission „Solar Orbiter“ der Europäischen Raumfahrtagentur ESA gezeigt.
Unsichtbar gespeicherte Energie wird plötzlich freigesetzt
Aber zurück zum Quasar 3C279: „Ich sah, wie sich bei der Analyse der Daten das spezielle Muster der magnetischen Rekonnexion in der Lichtkurve abzeichnete. Es kam mir vor, als hätte ich plötzlich eine Hieroglyphe im Alphabet der Schwarzen Löcher entziffert“, freut sich Amit Shukla.
Bei der Rekonnexion wird Energie, die zunächst unsichtbar im Magnetfeld gespeichert ist, plötzlich in zahlreichen „Mini-Jets“ freigesetzt. Darin werden Teilchen beschleunigt, die dann die beobachtete Gammastrahlung erzeugen. Die magnetische Rekonnexion würde erklären, wie die Energie vom Schwarzen Loch zum Kern des Jets gelangt und woher sie letztlich stammt.
Energie vom rotierenden Schwarzen Loch
Professor Karl Mannheim, Leiter des JMU-Lehrstuhls für Astronomie und Co-Autor der Publikation, erklärt: „Die Raumzeit in der Nähe des Schwarzen Lochs im Quasar 3C279 wird durch dessen Rotation gezwungen mitzurotieren. Die dort verankerten rotierenden Magnetfelder treiben den Plasmajet an, der das Schwarze Loch abbremst und einen Teil der Rotationsenergie in Strahlung verwandelt“.
Publikation
Gamma-ray flares from relativistic magnetic reconnection in the jet of the quasar 3C 279, A. Shukla & K. Mannheim, Nature Communications, 21. August 2020
Diskutieren Sie mit im Raumcon-Forum: