Nach einer sieben Jahre langen Reise zwischen den Planeten wird die Doppel-Raumsonde Cassini-Huygens im Juli 2004 am Saturn eintreffen.
Dort wird sich Huygens von seiner Muttersonde trennen und mit einem Fallschirm der Oberfläche des wolkenreichen Saturnmondes Titan entgegenfliegen. Dessen Atmosphäre entspricht in ihrer Zusammensetzung der frühen Erde. Noch bis 2004 sind beide Raumfahrzeuge auf dem Weg zum Ringplaneten – doch schon davor müssen sie voll einsatzbereit gemacht werden.
Bereits im vergangenden Jahr wurden die Instrumente an Bord von Cassini getestet, als diese am Jupiter vorüberflog. Dabei erforschte die Sonde die Magnetosphäre des größten Planeten unseres Sonnensystems. Daneben wurde der Gasriese zum ersten Mal in der Geschichte von zwei Raumsonden beobachtet: Von Cassini und der Jupiter-Sonde Galileo, die ihn bereits mehrere Jahre höchst erfolgreich erforscht.
Der Auftakt der Mission der sehr schweren Cassini-Huygens begann mit zahlreichen Protesten von Atomkraft-Gegnern. Denn um das Raumfahrzeug antreiben, wurde es mit einem Atomreaktor ausgestattet. Während des Missionverlaufs gab es zwei höchstkritische Momente: Beim Start 1998 und beim erneuten Vorbeiflug einige Monate später. Denn Cassini-Huygens fliegt auf einem sehr eigenwilligen Kurs zum Saturn. Nach dem Verlassen der Erde nahm sie zuerst Kurs auf Venus, umkreiste sie einmal und flog zur Erde zurück. Danach ging es über Jupiter weiter zum Saturn. Diese sogenannten Swingby-Manöver waren notwendig, um Cassini-Huygens möglichst stark für den langen Flug zu beschleunigen. Doch auch beim zweiten Vorbeiflug an der Erde bestand das Risiko, dass sie von ihrer berechneten Bahn abkommen, in der Atmosphäre verglühen und somit radioaktives Material in die Luft gelangen könnte.
Allerdings waren sowohl Start als auch die Swingby-Manöver an Venus, Erde und Jupiter erfolgreich und Cassini-Huygens fliegt nun Nonstop zum Saturn. Das erste wissenschaftliche Großereignis wird im Dezember 2004 stattfinden, wenn sich Huygens von seiner Muttersonde löst und Kurs auf Titan nimmt. Nach 22 Tagen Flug wird das Raumfahrzeug schließlich mit über 20.000 km/h in die Atmosphäre des Saturnmondes eintreten, um innerhalb von zwei bis zweieinhalb Stunden seine Oberfläche zu erreichen. Der Hitzeschild beschützt Huygens vor über 12.000° C und agiert als Bremse. Wenn die Sonde auf 1.400 km/h gebremst wurde, sorgen einige Fallschirme für eine sanfte Landung.
Die sechs Instrumente von Huygens werden Messungen vornehmen und bereits während des rasanten Abstiegs Daten über die chemische Zusammensetzung der Titan-Atmosphäre, sein Wetter und seine Oberfläche sammeln. Spektakuläre Bilder werden in erster Linie vom Abstieg erwartet. Sollte Huygens unbeschädigt auf dem Boden aufsetzen, wird er so lange Daten senden, wie seine Batterien dies zulassen und die Muttersonde Cassini in Empfangsreichweite ist.
Die ESA veröffentlichte kürzlich ein Interview mit Jean-Pierre Lebreton, Wissenschaftler beim Huygens-Projekt:
„Dr. Lebreton, Sie scheinen sehr begeistert über das zu sein, was Cassini-Huygens bereits erreicht hat. Saturn, Titan und ihre Geheimnisse sind noch weit entfernt. Aber auf seinem Weg, ist das Raumfahrzeug auf andere Planeten gestoßen.“
„Die Bahn von Cassini-Huygens „berührte“ drei Planeten: Venus, Erde und Jupiter. Der Grund für die Vorbeiflüge war der zusätzliche Schub, den das Gravitationsfeld der Planeten für die Raumsonde bedeutete. Natürlich haben wir dabei jede Chance genutzt, Daten über die besuchten Planeten zu sammenln.„
„Lassen Sie uns mit Venus beginnen, deren Gravitationskraft sie zweimal nutzten. Sie fanden etwas besonderes am Venus-Himmel…“
„Ja. Wir haben einige elektromagnetische Eigenschaften der Atmosphäre gemessen und wir waren überrascht, dass Venus keine Gewitter zu haben scheint! Wir denken, die Höhe der Wolken könnte der Grund dafür sein, die sich mehr als 40 Kilometer über dem Boden befinden: Dies erlaubt keine blitzähnlichen Entladungen wie auf der Erde. Blitze zwischen Wolken sind hingegen zu energieschwach, um sie entdecken zu können. Wir haben außerdem die Aufnahmen der Oberfläche auf der Nachtseite überprüft, die die Jupitersonde Galileo 1992 gemacht hat. Solche Überprüfungen sind hilfreich, während wir die Instrumente aktivieren, damit sie voll einsatzbereit sind, wenn wir Saturn erreichen.“
„Und was war während des Erd-Vorbeiflugs? Haben Sie nur wieder das Gravitationsfeld ausgenutzt?“
„Nein, mehr als das. Wir haben mit dem Magnetometer an Bord von Cassini-Huygens das wohlbekannte Erdmagnetfeld ausgemessen, um die Funktionalität des Instruments zu testen. Wenn die Sonde am Saturn eintrifft, wissen wir, dass wir uns auf den Magnetometer verlassen können.“
„Im Jahr 2001 erreichte Cassini den „König der Planeten“, Jupiter. Und etwas Außergewöhnliches passierte.“
„Ja, es war verblüffend. Am Jupiter haben wir ein wirklich spektakuläres Experiment gemacht. Zehn Jahre früher hätte niemand daran geglaubt, dass die Sonde Galileo 2001 noch immer arbeiten wird. Stellen Sie sich vor, wie aufregend es war, zwei Beobachtungsposten am Jupiter kombinieren zu können! Mithilfe der beiden Raumfahrzeuge, dem Hubble Space Teleskop, dem Chandra Röntgen-Observatorium und Radioteleskopen in Kalifornien konnten wir ein wohl bis weit in die Zukunft einmalig bleibendes Beobachtungsereignis erleben.
Wir fanden Auroras, ausgelöst durch die geladenen Partikel des Sonnenwinds. Dieser durchfließt die Jupiter-Magnetosphäre und interargiert mit dieser. Obwohl wir erwartet hatten, dass dies passieren könnte, haben wir es nie vorher beobachten können. Ohne die Hilfe beider Raumsonden wäre es nie möglich gewesen nachzuweisen, dass die Magnetosphäre in dieser Form von Sonnenwind beeinflusst werden kann. Es zeigte uns ebenso, dass die Instrumente auch während Routine-Arbeiten fehlerfrei funktionieren. Die Beobachtungen am Jupiter brachten uns Ergebnisse, die dich dazu bringen dich aufrecht hinzusetzen und dein Team bei der Arbeit motiviert. Jetzt fühlen wir uns mehr als bereit für den Saturn.“
Das komplette Interview finden Sie auf dieser ESA-Internetseite.