Genau vor einem Jahr wurde eine der spektakulärsten Missionen der Raumfahrtgeschichte gestartet. Von der amerikanischen Raumsonde Cassini dockte am 25. Dezember 2004 der europäische Lander Huygens ab und machte sich auf den Weg in die dichte Atmosphäre des Titan, einem der interessantesten Himmelskörper unseres Sonnensystems.
Autor: Karl Urban.
Immerhin ist dieser Saturntrabant nicht nur der einzige Mond des Sonnnesystems mit dichter Wolkendecke – er ähnelt in seiner chemischen Zusammensetzung und den Umweltdaten in vielerlei Hinsicht der frühen Erde. Heute möchte ich mit Ihnen einen Rückblick wagen auf das vergangene Jahr der Beobachtung des Zweiergespanns von Cassini und Huygens am Ringplaneten und seinen Monden.
Eine neue Welt
Am 14. Januar war es soweit: Huygens setzte nach seiner Trennung von Cassini auf der Titanoberfläche auf. Viele Daten wurden bereits während des Fluges gesammelt. So konnten nicht nur Bilder aus verschiedenen Höhen über dem Titanboden sondern auch die Geräusche während des Abstiegs übertragen werden. Das Senden der Daten durch die dichte Titanatmosphäre stellte die Wissenschaftler aber auf eine harte Probe, konnte die Muttersonde Cassini doch nur für kurze Zeit als Relaisstation zwischen Erde und Titan fungieren, bis sie für die ESA-Sonde unter dem Titanhorizont verschwand. So mussten daraufhin weltweit große Radioantenen auf Saturn ausgerichtet werden, um den weiterhin fleißig sendenden Huygens bis zur Aufgabe seiner Batterien auch verstehen zu können.
Erstaunlich an der HuygensMission waren vor allem die technischen Anforderungen, die trotz der großen Entfernung von der Erde und der entsprechend fehlenden Möglichkeit, bei Problemen zeitnah einzugreifen, gelang. Man entdeckte bereits kurz nach dem Start der Muttersonde einen Fehler in der Bahn von Cassini nach dem Abtrennen von der Tochtersonde. Denn Cassini würde sich so schnell entfernen, dass eine direkte Kommunikation gar nicht mehr möglich wäre! Jedoch gelang es, diesen Fehler zu beheben. Erst ein Jahr zuvor war die britisch-europäische Sonde Beagle 2 auf dem Mars zerschellt – insofern galt die Mission von Huygens am ungleich weiter entfernten Titan als eine sehr riskante.
Die Landung auf dem Titan und die phänomenalen Ansichten der Oberfläche stellten aber schließlich alles in den Schatten, was man sich vorgestellt hatte, zu sehen. Neben dem Blick auf eine küstenartige Landschaft beeindruckten auch die Bilder direkt vom Boden. Denn Huygens sendete nicht nur aus der Luft sondern auch noch nach der Landung weiter, obwohl der Lander gar nicht für eine weiche Landung konzipiert worden war. Die gesammelten Daten beschäftigen Wissenschaftler auf der ganzen Welt bis heute – und werden sie wohl auch noch einige Zeit weiter beschäftigen. Der einzige Wehrmutstropfen der Mission – etwa die Hälfte der Daten ging durch einen Kommunikationsfehler mit der Muttersonde verloren – stört dabei das Resultat und den Erfolg der europäischen Ingenieure nicht im geringsten, gemessen an den unglaublichen Bildern vom Titan.
Mond-Ralley 2005
Der Saturn ist für eine hochentwickelte Sonde wie Cassini ein sehr umfassendes Arbeitsgebiet. Mit seinen bisher 48 entdeckten Monden (an der Entdeckung eines Mondes war die Sonde selbst beteigt), seinem bisher nur teilweise verstandenem Ringsystem und seiner turbulenten Atmosphäre bietet er ein ideales wissenschaftliches Arbeitsfeld.
Mond-Besuche hatte Cassini in diesem Jahr sehr viele. Dabei kam es zu gleich mehreren Begegnungen mit dem größten Trabanten Titan, dessen Schwerkkraft auch als Navigationshilfe für die Raumsonde genutzt wird. Natürlich werden die häufigen Titanbesuche auch für die ständige Erforschung des Mondes verwendet. So wurde erst kürzlich erneut die Landeregion von Huygens aus größerer Höhe untersucht, um herauszufinden, wie dieser Teil der Oberfläche zusammengesetzt ist.
Im März machte Cassini hochaufgelöste Aufnahmen von Dione aus großer Entfernung, die jene die von Voyager geschossen wurden in der Qualität deutlich übertreffen.
Im April wurde Rheabesucht. Man entdeckte mysteriöse dunkle Flecken, die nur im Infrarotspektrum zu erkennen waren. Im gleichen Zeitraum wurden auch die bisher als Zwillinge betrachteten Monde Dione und Tethys besucht. Dieser Eindruck aus früheren Aufnahmen konnte dabei wiederlegt werden: Tethys hat eine deutlich rauhere Geschichte hinter sich als Dione, die von weniger Einschlagskrater übersäht ist.
Mehrfach im vergangenen Jahr wurde Enceladus unter die Lupe genommen. Dieser Mond überraschte die Forscher enorm, besitzt er doch eine dünne Atmosphäre, deren Existenzgrund bisher nicht einwandfrei erklärt werden konnte. Immerhin müssten solare Teilchenstürme und die vielfältigen Einflüsse des Saturn eine so dünne Atmosphäre eigentlich schnell zerstören – jedenfalls so lange diese nicht ständig nachgebildet wird. Für die Nachbildung könnten sogenannte Eisvulkane auf Enceladus verantwortlich sein, die auch auf anderen Saturnmonden vermutet werden.
Neben diesen klassischen Monden nahm Cassini auch die exotischeren Exemplare ins Visier. Denn Hyperion könnte man getrost als großen Schneeball bezeichnen. Der eher in seiner Form an eine Kartoffel erinnernde Trabant reflektiert einen großen Teil der Strahlung die auf ihm auftritt – und hat eine Dichte, die noch unter der von Wassereis liegt. Vermutlich besteht Hyperion also aus Eis – und Hohlräumen.
Zuletzt gelangen die ersten hochaufgelösten Aufnahmen des 1980 entdeckten Telesto. Dieser wie Hyperion stark reflektierende Mond besitzt nur ein Zehntel von dessen Durchmesser und konnte deswegen bisher kaum erforscht werden.
Ein aufregendes Saturnjahr geht zu Ende. Die Mission von Cassini ist es noch lange nicht. Wir dürfen gespannt sein, welche hochaufgelösten Aufnahmen und welche neuen Erkenntnisse das Jahr 2006 vom Ringplaneten für uns bereit hält.
Verwandte Artikel: