Vikram bereit für Aufsetzen nahe Mond-Südpol (Update)

Premiere: Indiens Landesonde “Vikram” bereit für Aufsetzen nahe Mond-Südpol. Eine Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). (Mit Update von Raumfahrer Net)

Quelle: DLR, Raumfahrer Net.

Am 6. September 2019 wird Indien Raumfahrtgeschichte schreiben: Zwischen 21.30 Uhr und 22.00 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit soll die anderthalb Tonnen schwere Landesonde Vikram auf dem Mond aufsetzen. Die Landestelle befindet sich im Süden der von der Erde sichtbaren Hemisphäre des Mondes auf einer Ebene zwischen den Kratern Manzinus C und Simpelius N, in einer Entfernung von nur 500 Kilometern vom Südpol. Aus technischer Sicht ist die Landung in der Nähe des Mond-Südpols besonders anspruchsvoll. Die Indische Weltraumorganisation ISRO überträgt die Landung live aus ihrem Kontrollzentrum im südindischen Bengaluru. Indien wäre bei einer erfolgreichen Landung die vierte Nation, der eine kontrollierte Mondlandung gelänge.

Orbiter und Lander Vikram noch gekoppelt über dem Mond. Nach dem Start der zweiten indischen Mondmission, Chandrayaan-2, am 22. Juli 2019 vom indischen Weltraumbahnhof Sriharikota erreichte die Sonde am 20. August die Mondumlaufbahn. Am 2. September wurde die Landesonde Vikram (in der künstlerischen Darstellung der obere Teil des Raumsonden-Gespanns) von Chandrayaan-2 abgetrennt und absolvierte erfolgreich zwei Steuermanöver, die das Modul in einen elliptischen Orbit von 101 Kilometern mal 35 Kilometern über der Mondoberfläche lenkten. Die Landung von Vikram in der Nähe des lunaren Südpols ist für den Abend des 6. September 2019 (MESZ) vorgesehen.
(Bild: ISRO)
Orbiter und Lander Vikram noch gekoppelt über dem Mond. Nach dem Start der zweiten indischen Mondmission, Chandrayaan-2, am 22. Juli 2019 vom indischen Weltraumbahnhof Sriharikota erreichte die Sonde am 20. August die Mondumlaufbahn. Am 2. September wurde die Landesonde Vikram (in der künstlerischen Darstellung der obere Teil des Raumsonden-Gespanns) von Chandrayaan-2 abgetrennt und absolvierte erfolgreich zwei Steuermanöver, die das Modul in einen elliptischen Orbit von 101 Kilometern mal 35 Kilometern über der Mondoberfläche lenkten. Die Landung von Vikram in der Nähe des lunaren Südpols ist für den Abend des 6. September 2019 (MESZ) vorgesehen.
(Bild: ISRO)

“Die indische Mission Chandrayaan-2 mit Orbiter, Landemodul und einem Mondrover ist hochkomplex und bereits mit dem Erreichen der Mondumlaufbahn ein großartiger Erfolg, zu dem wir unseren indischen Kollegen nur gratulieren können”, betont Professor Hansjörg Dittus, DLR-Vorstand für Raumfahrtforschung und -technologie. “Schon Chandrayaan-1 war eine gelungene Demonstration der technischen und wissenschaftlichen Leistungsfähigkeit des ehrgeizigen und anspruchsvollen indischen Raumfahrtprogramms. Insgesamt kommen 13 Experimente zum Einsatz, das sind hervorragende Aussichten für die Mondforschung”.

Rover “Weisheit” soll die Umgebung einen Mond-Tag lang erforschen
Schon wenige Stunden nach der Landung, zwischen 5.30 Uhr und 6.30 Uhr MESZ, wird ein kleines, 27 Kilogramm schweres Mondfahrzeug mit dem Namen Pragyan (Sanskrit für “Weisheit”) von Vikram auf die Mondoberfläche rollen und mit der wissenschaftlichen Erkundung der Landestellenumgebung beginnen. Pragyan soll einen Mond-Tag, also etwa zwei Wochen, aktiv sein; an der Landestelle ging bei aktuell zunehmendem Mond heute die Sonne auf. Vikram ist nach dem “Vater” des indischen Weltraumprogramms, Vikram Sarabhai (1919-1971) benannt, Chandrayaan bedeutet Mondfahrzeug.

Der sechsrädrige Rover soll sich bis zu 500 Meter vom Landeplatz auf dem Mond entfernen. Neben Kameras befinden sich auf der stationären Landesonde Vikram ein Experiment zur Aufzeichnung von Mondbeben, eine Sonde zur Messung der Mond-Ionosphäre und ein Radiometer zur Bestimmung der thermischen Leitfähigkeit und des Tiefengradienten. Als passives Experiment führt Vikram einen Laser-Retroreflektor mit, der von der Erde mit Laserstrahlen angepeilt werden kann. Aus der Laufzeit der Laserpulse lassen sich die um etwa dreieinhalb Zentimeter pro Jahr zunehmende Entfernung des Mondes von der Erde sowie seine Rotations- und Taumeleigenschaften besser bestimmen – ein Experiment, das bereits in der Apollo-Ära sehr erfolgreich durchgeführt wurde. Auf dem Rover Pragyan befindet sich ein Alphateilchen-/Röntgenspektrometer zur Bestimmung der chemischen Zusammensetzung der Landestelle und ein Spektroskop zur Messung der Elementhäufigkeiten.

Ein “gewaltiger Sprung” für die indische Raumfahrt
Bei einer erfolgreichen Landung wäre Indien nach der ehemaligen UdSSR, den USA  und China das vierte Land, dem eine kontrollierte, weiche Landung auf dem Mond gelänge. Zuletzt setzte am 2. Januar 2019 die chinesische Mondsonde Chang’e-4 auf der erdabgewandten Seite des Mondes auf und erkundet dort mit dem kleinen robotischen Fahrzeug Yutu (“Jadehase”) den Krater Von Kármán. Ein Versuch Israels mit der Raumsonde Beresheet scheiterte kurz vor der Landung im April 2019.

Der an der Mission beteiligte indische Wissenschaftler Dr. Rishitosh K. Sinha bezeichnete die Landung von Vikram in Anlehnung an Neil Armstrongs vor 50 Jahren auf dem Mond ausgesprochenen Satz als einen “gewaltigen Sprung für die Indische Weltraumorganisation”. Chandrayaan-2 ist nach dem ersten indischen Mondorbiter Chandrayaan-1 (2008-2009) die zweite indische Mondmission. Chandrayaan-2 startete am 22. Juli vom Satish Dawan-Weltraumzentrum bei Sriharikota im Südosten des indischen Subkontinents. Der Transfer zum Mond erfolgte aus einer hochelliptischen Erdumlaufbahn. Vier Wochen später, am 20. August 2019, wurde Chandrayaan-2 von der Schwerkraft des Mondes “eingefangen” und in einen wiederum hochelliptischen Mondorbit gelenkt, dessen mondfernster Punkt in der Folgezeit abgesenkt wurde. Am 2. September wurde die Landesonde von Chandrayaan-2 abgetrennt und absolvierte erfolgreich zwei Steuermanöver, die das Modul in einen elliptischen Orbit von 101 Kilometern mal 35 Kilometern über der Mondoberfläche lenkten. Alle Systeme arbeiten laut ISRO wie vorgesehen.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der Technischen Universität Berlin haben aus hochaufgelösten Bilddaten der NASA-Raumsonde Lunar Reconnaissance Orbiter (LRO) ein Bildmosaik der Landestellenumgebung von Vikram in einer Bildauflösung von 0,5 Metern pro Bildpunkt (Pixel) berechnet. Norden ist im Bild rechts, die Ellipse der Landeregion hat eine Ausdehnung von 15 Kilometer mal 8 Kilometer. Der weiße Punkt zeigt die angepeilte Landestelle. LROC liefert seit zehn Jahren Bilder in höchster Auflösung aus der Mondumlaufbahn. Die Berliner Wissenschaftler arbeiten als „Participating Scientists“ im LROC-Team mit den Bilddaten und erstellen beispielsweise hochpräzise digitale Geländemodelle von früheren und zukünftigen Landestellen auf dem Mond.
(Bild: NASA/GSFC/ASU/DLR/TUB)
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der Technischen Universität Berlin haben aus hochaufgelösten Bilddaten der NASA-Raumsonde Lunar Reconnaissance Orbiter (LRO) ein Bildmosaik der Landestellenumgebung von Vikram in einer Bildauflösung von 0,5 Metern pro Bildpunkt (Pixel) berechnet. Norden ist im Bild rechts, die Ellipse der Landeregion hat eine Ausdehnung von 15 Kilometer mal 8 Kilometer. Der weiße Punkt zeigt die angepeilte Landestelle. LROC liefert seit zehn Jahren Bilder in höchster Auflösung aus der Mondumlaufbahn. Die Berliner Wissenschaftler arbeiten als „Participating Scientists“ im LROC-Team mit den Bilddaten und erstellen beispielsweise hochpräzise digitale Geländemodelle von früheren und zukünftigen Landestellen auf dem Mond.
(Bild: NASA/GSFC/ASU/DLR/TUB)

DLR-Planetengeodäsie berechnete Topographie der Landestelle
Die Forschergruppe von Prof. Jürgen Oberst am DLR-Institut für Planetenforschung und der Technischen Universität Berlin hat die voraussichtliche Landestelle von Vikram auf Bildern der Kamera LROC NAC (Narrow Angle Camera) auf dem Lunar Reconnaissance Orbiter (LRO) der NASA genau betrachtet und anhand der Bilder ein hochgenaues Digitales Geländemodell (DGM) mit einer Bodenpixelgröße von 1,5 Metern berechnet. Das DGM zeigt die Topographie in einer 15 Kilometern mal 8 Kilometern großen “Landeellipse”, dem voraussichtlichen Landegebiet bei 71 Grad südlicher Breite und 23 Grad östlicher Länge. Die “Berliner Planetengeodäsie” an DLR und TU Berlin genießt international große Anerkennung und ist unter anderem spezialisiert auf die Berechnung topographischer 3D-Modelle und Karten von Landestellen auf Mond und Mars.

Update 6. September 2019 von Raumfaher Net:
Die geplante weiche Landung von Vikram auf der Mondoberfläche am 6. September 2019 ist nicht gelungen. Eine zunächst angesetzte Phase mit starker Abbremsung war erfolgreich, der Lander folgte der vorgesehenen Abstiegsbahn. In rund 2,1 Kilometern Höhe über der Mondoberfläche riss die Verbindung zum Lander jedoch ab, nachdem der Lander die vorgesehene Abstiegsbahn verlassen hatte. Die indische Weltraumforschungsorganisation (Indian Space Research Organisation, ISRO) will die Daten, die bis zum Zeitpunkt des Verlusts im Kontrollzentrum eingegangen sind, nun untersuchen, um herauszufinden, was schief gelaufen ist. (T. Weyrauch)

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