Astronomen haben mit dem James-Webb-Weltraumteleskop der NASA/ESA/CSA starke Hinweise auf einen Riesenplaneten gefunden, der einen Stern im sonnennächsten Sternensystem umkreist. Das nur vier Lichtjahre von der Erde entfernte Dreifachsternsystem Alpha Centauri ist seit langem ein interessantes Ziel bei der Suche nach Welten jenseits unseres Sonnensystems.
Eine Pressemitteilung der europäischen Raumfahrtagentur ESA.
Quelle: ESA/Science&Exploration/SpaceScience/Webb, 7. August 2025

Credit: NASA, ESA, CSA, STScI, R. Hurt (Caltech/IPAC); Licence: CC BY 4.0 INT or ESA Standard Licence
Es ist nur von der südlichen Hemisphäre der Erde aus sichtbar und besteht aus den beiden sonnenähnlichen Doppelsternen Alpha Centauri A und Alpha Centauri B sowie dem schwach leuchtenden roten Zwergstern Proxima Centauri. Alpha Centauri A ist der dritthellste Stern am Nachthimmel. Obwohl drei Planeten bestätigt sind, die Proxima Centauri umkreisen, erwies sich die Bestätigung weiterer Welten um Alpha Centauri A und Alpha Centauri B als schwierig.
Nun liefern Webbs Beobachtungen mit seinem Mid-Infrared Instrument (MIRI) den bislang stärksten Beweis für einen Gasriesen, der Alpha Centauri A umkreist. Die Ergebnisse wurden in zwei Artikeln in den Astrophysical Journal Letters veröffentlicht.
Sollte dies bestätigt werden, wäre der Planet der erdnächste Planet, der in der habitablen Zone eines sonnenähnlichen Sterns kreist. Da es sich bei dem Planetenkandidaten jedoch um einen Gasriesen handelt, gehen Wissenschaftler davon aus, dass er kein Leben, wie wir es kennen, beherbergen würde.
„Da uns dieses System so nahe ist, würde jeder gefundene Exoplanet unsere beste Gelegenheit bieten, Daten über andere Planetensysteme als unser eigenes zu sammeln. Doch selbst mit dem leistungsstärksten Weltraumteleskop der Welt sind diese Beobachtungen unglaublich anspruchsvoll, weil diese Sterne so hell und nah sind und sich schnell über den Himmel bewegen“, sagte Charles Beichman vom Jet Propulsion Laboratory der NASA und dem NASA Exoplanet Science Institute am IPAC-Astronomiezentrum des Caltech, einer der Erstautoren der neuen Fachartikel. „Webb wurde entwickelt und optimiert, um die entferntesten Galaxien im Universum zu finden. Das Operationsteam des Space Telescope Science Institute musste eine maßgeschneiderte Beobachtungssequenz nur für dieses Ziel entwickeln, und ihr zusätzlicher Aufwand hat sich spektakulär gelohnt.“

Credit: NASA, ESA, CSA, STScI, DSS, A. Sanghi (Caltech), C. Beichman (JPL), D. Mawet (Caltech), J. DePasquale (STScI); Licence: CC BY 4.0 INT or ESA Standard Licence
Mehrere Runden sorgfältig geplanter Beobachtungen durch Webb, sorgfältige Analysen durch das Forschungsteam und umfangreiche Computermodellierungen führten zu der Feststellung, dass es sich bei der in Webbs Bild sichtbaren Quelle wahrscheinlich um einen Planeten und nicht um ein Hintergrundobjekt (wie eine Galaxie), ein Vordergrundobjekt (einen vorbeiziehenden Asteroiden) oder ein anderes Detektor- oder Bildartefakt handelt.
Die ersten Beobachtungen des Systems fanden im August 2024 statt. Dabei wurde die Koronamaske an Bord von MIRI verwendet, um das Licht von Alpha Centauri A zu blockieren. Obwohl die zusätzliche Helligkeit des nahegelegenen Begleitsterns Alpha Centauri B die Analyse erschwerte, konnte das Team das Licht beider Sterne herausrechnen und so ein Objekt enthüllen, das über 10.000-mal lichtschwächer als Alpha Centauri A ist und etwa die doppelte Entfernung zwischen Sonne und Erde von diesem Stern entfernt ist.
Obwohl die erste Entdeckung aufregend war, benötigte das Forschungsteam weitere Daten, um zu einem eindeutigen Ergebnis zu gelangen. Zusätzliche Beobachtungen des Systems im Februar 2025 und April 2025 (unter Verwendung der Director’s Discretionary Time) ergaben jedoch keine Objekte wie das im August 2024 identifizierte.

Credit: NASA, ESA, CSA, STScI, A. Sanghi (Caltech), C. Beichman (JPL), D. Mawet (Caltech), J. DePasquale (STScI); Licence: CC BY 4.0 INT or ESA Standard Licence
„Wir stehen vor dem nicht-mehr-sichtbar-sein eines Planeten! Um dieses Rätsel zu lösen, haben wir mithilfe von Computermodellen Millionen möglicher Umlaufbahnen simuliert und dabei sowohl die Erkenntnisse aus der Beobachtung des Planeten als auch aus der Zeit ohne Beobachtung berücksichtigt“, sagte Doktorand Aniket Sanghi vom California Institute of Technology in Pasadena, Kalifornien. Sanghi ist Co-Erstautor der beiden Artikel, die die Forschung des Teams behandeln.
In diesen Simulationen berücksichtigte das Team sowohl die Sichtung eines potenziellen Exoplanetenkandidaten durch das Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte im Jahr 2019 als auch die neuen Daten von Webb. Zudem wurden Umlaufbahnen berücksichtigt, die in Gegenwart von Alpha Centauri B gravitativ stabil wären, d. h. der Planet würde nicht aus dem System geschleudert.
Die Forscher halten eine Nichtentdeckung in der zweiten und dritten Beobachtungsrunde mit Webb für nicht überraschend.
„Wir stellten fest, dass sich der Planet in der Hälfte der simulierten Umlaufbahnen zu nahe an den Stern bewegte und für Webb sowohl im Februar als auch im April 2025 nicht sichtbar gewesen wäre“, sagte Sanghi. Basierend auf der Helligkeit des Planeten in den Beobachtungen im mittleren Infrarot und den Umlaufbahnsimulationen gehen die Forscher davon aus, dass es sich um einen Gasriesen mit etwa der Masse des Saturn handeln könnte, der Alpha Centauri A auf einer elliptischen Bahn umkreist, die zwischen dem ein- und zweifachen Abstand zwischen Sonne und Erde variiert.
„Dies sind einige der anspruchsvollsten Beobachtungen, die wir bisher mit dem Koronographen von MIRI durchgeführt haben“, sagte Pierre-Olivier Lagage vom CEA in Frankreich, Mitautor der Artikel und französischer Leiter der Entwicklung von MIRI. „Als wir das Instrument entwickelten, waren wir gespannt, was wir um Alpha Centauri herum entdecken würden, und ich bin gespannt, was es uns als Nächstes offenbaren wird!“
„Sollte sich die Existenz des potenziellen Planeten im Webb-Bild von Alpha Centauri A bestätigen, wäre dies ein Meilenstein in der Exoplaneten-Bildgebung“, sagt Sanghi. „Von allen bisher direkt abgebildeten Planeten wäre dieser seinem Stern am nächsten. Er ähnelt in Temperatur und Alter den Riesenplaneten unseres Sonnensystems am meisten und ist unserer Heimat, der Erde, am nächsten“, sagt er. „Seine Existenz in einem System zweier eng beieinander liegender Sterne würde unser Verständnis davon, wie Planeten in chaotischen Umgebungen entstehen, überleben und sich entwickeln, in Frage stellen.“
Sollten die Ergebnisse des Teams durch weitere Beobachtungen bestätigt werden, könnten sie die Zukunft der Exoplanetenforschung verändern.
Links:
Mehr Information
Webb ist das größte und leistungsstärkste Teleskop, das jemals ins All geschossen wurde. Im Rahmen einer internationalen Kooperationsvereinbarung stellte die ESA den Start des Teleskops mit der Trägerrakete Ariane 5 bereit. In Zusammenarbeit mit Partnern war die ESA für die Entwicklung und Qualifizierung der Ariane-5-Adaptionen für die Webb-Mission sowie für die Beschaffung des Startdienstes durch Arianespace verantwortlich. Die ESA stellte außerdem den leistungsstarken Spektrographen NIRSpec und 50 % des Mittelinfrarot-Instruments MIRI bereit, das von einem Konsortium national finanzierter europäischer Institute (dem MIRI European Consortium) in Zusammenarbeit mit dem JPL und der University of Arizona entwickelt und gebaut wurde.
Webb ist eine internationale Partnerschaft zwischen NASA, ESA und der Canadian Space Agency (CSA).
Diskutieren Sie mit im Raumcon-Forum: