Wettersatellit DMSP F19 lässt sich nicht mehr steuern

Der US-amerikanische militärische Wettersatellit DMSP F19 nimmt keine Kommandos mehr an. Seit dem 11. Februar 2016 reagiert der erst am 3. April 2014 gestartete Satellit nicht mehr auf Befehle vom Boden.

Ein Beitrag von Thomas Weyrauch. Quelle: NOAA, NRO, Spacenews, USAF.

DMSP Block-5D3-Satellit im All - Illustration
(Bild: USAF)
DMSP Block-5D3-Satellit im All – Illustration
(Bild: USAF)

DMSP F19 ist Bestandteil einer langen Reihe von stetig weiterentwickelten Satelliten. Er gehört zur letzten Entwicklungsstufe und ist ein Block-5D3-Modell. Unter den Block-5-Modellen ist er Nummer 30, von der Variante D die Nummer 19, von der Version D3 die Nummer 5. DMSP steht für Defense Meteorological Satellite Program, übersetzt etwa Militärisches Wettersatellitenprogramm.

Das Raumfahrzeug basiert wie zahlreiche Vorgänger auf dem Satellitenbus TIROS-N. Es war bereits in den 1990iger Jahren gebaut worden und dann lange bei Lockheed Martin Space Systems in Denver eingelagert. Vor dem Start wurden Teile von ihm und der Instrumentenausstattung erneuert bzw. ersetzt.

Das Hauptinstrument des über 518 Millionen US-Dollar teuren Satelliten ist eines von Northrop Grumman namens Operational Linescan System (OLS), das Wolkenbilder im Bereich des sichtbaren Lichts und im Infraroten anfertigen kann. Das Instrument wurde so ausgelegt, dass es in 12 Stunden den gesamten Erdball abtasten kann.

Mit einem ebenfalls von Northrop Grumman hergestellten Gerät mit der Bezeichnung Special Sensor Microwave Imager & Sounder (SSMIS) kann die Intensität von Niederschlägen und Stürmen bestimmt und die Bodenfeuchte und -Temperatur gemessen werden.

Wie seine letzten drei Vorgänger trägt DMSP F19 außerdem Instrumente mit den Bezeichnungen Laser Threat Warning Sensor alias Special Sensor F (SSF), Precipitation Electron/Proton Spectrometer alias Special Sensor J5 (SSJ/5), Special Sensor Ionospheric Plasma Drift/Scintillation Monitor (SSI/ES-3), Special Sensor Magnetometer (SSM), Special Sensor Ultraviolet Limb Imager (SSULI) und Special Sensor Ultraviolet Spectrographic Image (SSUSI).

Die Instrumentenphalanx von DMSP F19 ist derzeit nutzlos. Nach Angaben der US-Luftwaffe werden in den DMSP-Wettervorhersageinformationen aktuell keine Daten von DMSP F19 verwendet. Mit den Telemetriedaten vom Satelliten allerdings wird gearbeitet. Man versucht, sie zu analysieren und so auf die Ursache des Problems an Bord des Satelliten zu schließen.

Als sich das Problem am 11. Februar 2016 bemerkbar machte, ging man im zuständigen Kontrollzentrum in Suitland im US-amerikanischen Bundesstaat Maryland zunächst davon aus, es mit einem Fehlverhalten der Bodenanlagen zu tun zu haben. Ein Blick auf eintreffende Telemetriedaten vom Satelliten führte aber zügig zu der Einschätzung, dass man es mit einem ausgefallenen Untersystem eines Funkempfängers an Bord des Satelliten zu tun hat.

Telemetriedaten weisen auf einen nicht erwarteten Temperaturanstieg um 10 Grad (Celsius) in dem Untersystem hin. Arbeitet dieses Untersystem nicht wie vorgesehen, sind Empfang und Verarbeitung von Kommandos zur Steuerung der raumflugtechnischen Systeme und der Beobachtungsnutzlast des Satelliten nicht möglich.

Rund vier Stunden nach dem Abbruch des Kommandoempfangs erklärte die US-Luftwaffe einen Nofall-Status. Auf Signale, die während der folgenden vier Kommunikationssitzungen an den auf annähernd kreisförmiger, sonnensynchroner, 98,8 Grad gegen den Erdäquator geneigter Bahn in rund 850 Kilometern Höhe um die Erde ziehenden Satelliten gesendet wurden, erfolgten keinerlei Reaktionen.

Ein Einfluss des im All nicht vollständig entfalteten Solarzellenauslegers von DMSP F19 auf seine Mission war nach dem Start als unwahrscheinlich angesehen worden. Von einem Einfluss des Fehlers beim Entfalten auf die aktuellen Schwierigkeiten mit dem Satelliten wurde bisher nicht berichtet.

Am 2. März 2016 teilte ein Vertreter auf Anfrage des Branchendienstes Spacenews mit, man sei dabei, einen 30-Tage-Plan abzuarbeiten, an dessen Ende man die Kontrolle über DMSP F19 wiedererlangt haben will. Ob das gelingt, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf die Entfernung nicht abzuschätzen. Aussagen über entsprechende Wahrscheinlichkeiten wurden keine bekannt.

Nach Angaben des Luftwaffensprechers ist es aktuell zu früh, Maßnahmen zur Außerdienststellung des Satelliten in Erwägung zu ziehen. Unklar ist indes, wie diese aussehen können, wenn der Satellit auch weiterhin nicht kommandiert werden kann.

Der Ausfall des aktuell jüngsten Satelliten der DMSP-Konstellation hat nach Angaben der US-Luftwaffe keine unmittelbar nachteiligen Folgen für die Nutzer der von der Konstellation bereitgestellten Daten. Der seit 2006 um die Erde kreisende DMSP F17, zuletzt als Reservesatellit vorgehalten, wurde reaktiviert, um den Ausfall zu kompensieren.

Die im All befindliche DMSP-Konstellation besteht aktuell aus nur noch fünf statt sechs Satelliten. Im Regelfall sollten zwei Satelliten Routineaufgaben wahrnehmen, zwei Satelliten als unmittelbar verfügbare Reserve bereitstehen, und sich zwei weitere bedarfsweise für taktische Aufgaben verwenden lassen.

DMSP Block-5D2-Satellit über der Erde - Illustration
(Bild: USAF)
DMSP Block-5D2-Satellit über der Erde – Illustration
(Bild: USAF)

DMSP F13, ein am 24. März 1995 gestartetes Block-5D2-Modell, war am 2. Februar 2015 nach einer Akkuexplosion ausgefallen. DMSP F14, der letzte noch eingesetzte Block-5D2-Satellit, ist seit dem 4. April 1997 im All. Am 12. Dezember 1999 gelangte mit DMSP F15 das erste Block-5D3-Modell auf einen Erdorbit. DMSP F16 umkreist die Erde seit dem 18. Oktober 2003, DMSP F17 seit dem 4. November 2006 und DMSP F18 seit dem 18. Oktober 2009.

DMSP S20 sollte Planungen vom Frühjahr 2015 zufolge frühestens im Jahre 2020 in den Weltraum transportiert werden. Aktiv würde er sodann als DMSP F20 bezeichnet werden. Das S in der Bezeichnung steht für Spare bzw. Ersatz, das F für Flight bzw. Flug.

Zwischenzeitlich hat sich der US-Kongress jedoch entschieden, für den Start des Satelliten keine finanziellen Mittel bereit zu stellen und das DMSP zu einem Ende kommen zu lassen. Ob die Entscheidung angesichts des Schicksals von DMSP F19 aufrecht erhalten wird, bleibt abzuwarten. Im Rahmen seiner Auslegungsbetriebsdauer hätte sich DMSP F19 mindestens bis ins Jahr 2019 hinein sicher einsetzen lassen sollen.

Der nächste geplante Start eines polaren Wettersatelliten für die US-Luftwaffe ist aktuell für frühestens 2017 geplant. Der entsprechende Satellit ist ein Prototyp einer neuen Satellitenserie, der sich durch seine Instrumentenausstattung und die Art der lieferbaren Wetterdaten von den DMSP-Satelliten unterscheidet.

DMSP F19 alias USA 249 ist katalogisiert mit der NORAD-Nr. 39.630 und als COSPAR-Objekt 2014-015A.

Diskutieren Sie mit im Raumcon-Forum:

Nach oben scrollen