In den Daten des Röntgenteleskops XMM-Newton haben Wissenschaftler Spuren des Anteils der normalen (baryonischen) Materie entdeckt, welcher bisher noch nicht beobachtet werden konnte.
Ein Beitrag von Daniel Schiller. Quelle: ESA.
Nach heutigem Kenntnisstand besteht das Universum zu 5% aus baryonischer Materie (Protonen, Neutronen, Elektronen). Der Rest besteht zu 23% aus dunkler Materie und zu 72% aus dunkler Energie. Die Hälfte der Baryonen bilden die beobachtbaren Sterne und Galaxien. Die andere Hälfte konnte bisher nicht beobachtet werden. Nach aktuellen Theorien soll sie sich in feinen fadenartigen Strukturen als dünnes Gas zwischen den Galaxien befinden, welche das gesamte Universum durchziehen. An den dichten Knotenpunkten dieses Netzes sitzen die Galaxien. Durch seine Hitze sollte das Gas Röntgenstrahlung abgeben.
Die geringe Dichte des heißen Gases hat eine Entdeckung bisher unmöglich gemacht. Jetzt haben Forscher in den Daten des europäischen Röntgenteleskops XMM-Newton Spuren des heißesten Bestandteils der fehlenden Materie gefunden. Bei der Beobachtung der beiden Galaxienhaufen Abell 222 und 223 in 2,3 Milliarden Lichtjahren Entfernung wurde eine Verbindung aus heißem Gas zwischen beiden Objekten entdeckt. Die jetzt beobachtete Materie stellt wahrscheinlich nur den wärmsten Teil der in den Fäden befindlichen Materie dar. Zum Aufspüren der kälteren Bestandteile reicht die Empfindlichkeit heutiger Observatorien noch nicht aus. Das Gas zwischen Abell 222 und 223 konnte nur deswegen entdeckt werden, weil beide Haufen von der Erde aus gesehen fast hintereinander liegen, so dass die Beobachtung entlang des gesamten Materiefadens geschehen konnte. Damit haben sich die Intensitäten der gesamten schwachen Röntgenemissionen addiert und konnten aufgefangen werden.
Durch diese erste Entdeckung der postulierten Materieverteilung können deren Eigenschaften, Entwicklung und Verteilung besser abgeschätzt werden. Damit ist es möglich, die Anforderungen an eine Folgemission mit höherer Beobachtungsempfindlichkeit zu definieren, mit der die Jagd nach der „fehlenden“ Materie fortgesetzt werden kann. Außerdem können so andere aussichtsreiche Konstellationen für das Auffinden der Materie identifiziert werden.