Ein Gastbeitrag von Monika Fischer und Eugen Reichl mit Fotos von Karola Riegler.
Quelle: www.der-orion.com – mit freundlicher Genehmigung.
Es war insgesamt schon die neunte „Yuris Night”, die der Förderkreis Astronomie und Raumfahrt „Der Orion” am 12. April in Wien ausrichtete. Zum zweiten Mal war sie dabei im Naturhistorischen Museum der Stadt Wien zu Gast. Yuris Night ist Teil einer weltumspannenden Veranstaltungsreihe mit – im letzten Jahr – 273 Veranstaltungen in 62 Ländern der Erde. Sie findet stets entweder genau am oder um den Jahrestag des ersten Weltraumflugs in der Geschichte der Menschheit statt: Juri Gagarins historischer Orbitalmission mit Wostok 1 vom 12. April 1961. Mit einer Zahl von 270 Besucherinnen und Besuchern war der Veranstaltungsraum des Naturhistorischen Museums bis auf den letzten Platz gefüllt, inklusive der kurzfristig noch aufgebauten Zusatzbestuhlung. Eine größere Anzahl weiterer Interessenten fand leider keinen Platz mehr. Die Moderation des Abends lag, wie in den Jahren zuvor, in den bewährten Händen von Monika Fischer vom „Verein Förderkreis Astronomie und Raumfahrt ‚Der Orion‘“. Begrüßt wurden die Weltraumbegeisterten von Dr. Franz Brandstätter dem Direktor der Mineralogisch- Petrografischen Abteilung und Kurator der Meteoritensammlung des Museums.
Als erster Redner des Abends berichtete Andreas Weise aus Berlin über eine Verschwörungstheorie, die so alt ist wie die Geschichte der bemannten Raumfahrt. Es ist die Geschichte der sowjetischen Phantom-Kosmonauten, die angeblich schon vor Gagarin in den Weltraum geflogen und dabei allesamt ums Leben gekommen sein sollen. Andreas Weise nahm sich für seinen Vortrag beispielhaft eine dieser sagenumwobenen Gestalten vor: den Testpiloten und Ingenieur Pjotr Dolgow und analysierte dessen wirkliches Schicksal (das im Übrigen kaum weniger spektakulär war, wie das von Juri Gagarin). Das Fazit (die Zuschauer hatten es nicht anders erwartet): Gagarin war tatsächlich der erste Mensch im Weltraum.
Aktive und „pensionierte“ Astronauten und Kosmonauten waren Thema eines Film-Projektes der „fti remixed“ (kurz für Forschung, Technologie und Innovation) Initiative des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT), das Christa Bernert präsentierte. Im Rahmen des Projektes sprachen Jugendliche mit diesen Raumfahrern und gestalteten dabei kurze Filmbeiträge. Ein Ausschnitt gab einen guten Einblick in das dokumentarische Material, das dabei erarbeitet wurde. Die Zuschauer konnten sich die Filme in der Pause in voller Länge ansehen.
Ein sehr junges Gebiet der Weltraumforschung präsentierte danach Dr. Gudrun Wanner vom Max Planck Institut für Gravitationsforschung Hannover. Sie sprach über Gravitationswellen, die erstmals vor einem Jahr durch die US-amerikanischen LIGO-Forschungseinrichtungen (Laser Interferometer Gravitational-Wave Observatory) nachgewiesen werden konnten. Wanner führte ihr Publikum anschaulich und humorvoll durch dieses der Allgemeinheit wenig bekannte und doch äußerst spannende Forschungsgebiet. Sie erklärte das Ereignis der ersten Messung von Gravitationswellen und den theoretischen Hintergrund des Phänomens, das bereits von Einstein postuliert wurde. Gudrun Wanners mitreißender Vortrag löste zahlreiche Fragen im Publikum aus, die sie bis weit in die Pause hinein beantwortete.
Nach dieser Unterbrechung mit Schnittchen und Wein sprach Monika Fischer mit der italienischen ESA-Astronautin Samantha Cristoforetti, die sechs Monate an Bord der Internationalen Raumstation ISS verbrachte. Sie erzählte – übrigens in perfektem Deutsch – Anekdoten von der ISS und schilderte anschaulich und humorvoll das Leben und Arbeiten in der Schwerelosigkeit. Auch hier waren die Fragen des Publikums zu Auswahl, Ausbildung, Arbeit und Risiken der bemannten Raumfahrt schier unerschöpflich. Cristoforetti brachte ein besonderes Souvenir aus dem Weltraum mit: drei so genannte „Tiuterra Kristalle“, die der Kristall-Hersteller Swarovski im Auftrag des Österreichischen Weltraum Forums (ÖWF) aus irdischen Gesteinsproben und einem Marsmeteoriten gefertigt hatte. Sie waren im persönlichen Gepäck der Astronautin zur ISS geflogen, hatten die sechs Monate mit ihr im All verbracht und waren danach wieder mit ihr zur Erde zurück gereist. Nun erfolgte die feierliche Rückgabe an das ÖWF. Dabei schilderte Christian Nagele, Vizepräsident Produktentwicklung bei Swarovski, die Herausforderungen der Einbindung dieser exotischen Materialien in einen Swarovski Kristall. ÖWF-Vorstandsmitglied Dr. Norbert Frischauf nahm die Kristalle sodann entgegen.
Wie jedes Jahr verlieh auch heuer gegen Ende der Veranstaltung das ÖWF den „Polarsternpreis” des Jahres 2017. Dieser Preis geht an Menschen, die sich um die Verbreitung von Astronomie und Raumfahrt besonders verdient gemacht haben. In diesem Jahr wurde der Amateurastronom Johannes Stübler geehrt, der als Vorstand der Linzer Astronomischen Gemeinschaft „Johannes Kepler“ an der Errichtung der Kepler Sternwarte Linz wesentlich beteiligt war und als „Fellow of the Royal Astronomical Society of London” und als Botschafter und nationaler Koordinator der weltweiten Organisation „Astronomers without Borders“ seit vielen Jahren die internationale Zusammenarbeit von Astronomen fördert. Zum Ausklang des Abends öffnete das Naturhistorische Museum den Gästen exklusiv die Sonderschau „Wie alles begann“ über Urknall und Kosmische Hintergrundstrahlung und bot Vorführungen im neu errichteten digitalen Planetarium an.
Sollten Sie nach diesem Bericht Lust bekommen haben, die Yuris Night in Wien persönlich zu erleben (die Veranstaltung hat inzwischen auch viele deutsche Stammgäste) dann haben Sie im kommenden Jahr die nächste Gelegenheit dazu. Das Orion-Team um Maria Pflug-Hofmayr, Monika Fischer und Eugen Reichl schmiedet jedenfalls schon die Pläne für die Yuri‘s Night 2018. Das Programm und der Veranstaltungsort werden wie immer rechtzeitig auf www.der-orion.com bekannt gegeben.
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