Zwei Sternentstehungsgebiete im Kiel des Schiffes

Eine am heutigen Tag von der Europäischen Südsternwarte veröffentlichte Aufnahme zeigt zwei im Sternbild Schiffskiel gelegene Sternentstehungsgebiete. Obwohl die beiden Emissionsnebel auf der Aufnahme wie kosmische Nachbarn erscheinen befinden sie sich doch in unterschiedlichen Entfernungen zu unserem Sonnensystem.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: ESO, Wikipedia.

ESO
In dieser Karte ist die Position des im Sternbild Schiffskiel (lat. Name “Carina”) gelegenen offenen Sternhaufens NGC 3603 rot markiert. Direkt daneben befindet sich der Emissionsnebel NGC 3576.
(Bild: ESO)

Eine am heutigen Tag von der Europäischen Südsternwarte (ESO) veröffentlichte Aufnahme zeigt zwei im Sternbild Schiffskiel (lat. Name “Carina”) gelegene Sternentstehungsregionen. Die Aufnahme wurde mit dem Wide Field Imager (WFI) des MPG/ESO-2,2-Meter-Teleskops am La Silla-Observatorium der ESO in den nordchilenischen Anden angefertigt.

Der offene Sternhaufen NGC 3603
Die erste Region – in der Aufnahme auf der linken Seite zu erkennen – wird von dem offenen Sternhaufen NGC 3603 dominiert. Dieser Sternhaufen wurde erstmals am 14. März 1834 von dem englischen Astronomen John Herschel während einer systematischen Durchmusterung des südlichen Sternenhimmels von Südafrika aus beobachtet. John Herschel war dabei der Meinung, dass es sich hierbei um einen Kugelsternhaufen handeln könnte. Spätere Untersuchungen zeigten jedoch, dass es sich bei NGC 3603 nicht um einen alten, kugelförmigen Sternhaufen, sondern vielmehr um einen jungen und zugleich sehr sternreichen offenen Haufen handelt.

NGC 3603 ist zudem von einem Emissionsnebel umgeben – einer Wolke aus interstellarem Gas, in deren Inneren gerade eine intensive Phase der Sternentstehung abläuft. Im Inneren dieses Sternentstehungsgebietes befinden sich relativ junge und entsprechend ‘heiße’ Sterne.

Solche H-II-Regionen ‘leuchten’ aufgrund der Wechselwirkung zwischen der ultravioletter Strahlung, welche von den jungen und heißen Sternen abgegeben wird, und dem Wasserstoffgas in den sie umgebenden Wolken in einem charakteristischen roten Farbton. H-II-Regionen können Durchmesser von mehreren hundert Lichtjahren erreichen. Die Region, welche NGC 3603 umgibt, ist in unserer Heimatgalaxie die Sternentstehungsregion mit der größten bekannten Masse.

ESO, G. Beccari
Diese Mosaikaufnahme zeigt zwei eindrucksvolle Sternentstehungsgebiete. Auf der linken Seite befindet sich der Sternhaufen NGC 3603. Das Objekt auf der rechten Seite ist der Emissionsnebel NGC 3756 – eine Ansammlung von leuchtenden Gaswolken.
(Bild: ESO, G. Beccari)

Der Sternhaufen ist dafür bekannt, dass er die größte Konzentration an ‘schweren’ Sternen enthält, welche bisher von Astronomen in einem Sternhaufen entdeckt wurden. In seinem Zentrum befindet sich ein Wolf-Rayet-Mehrfachsystem mit der Bezeichnung HD 97950. Wolf-Rayet-Sterne verfügen über mehr als die zehnfache Masse der Sonne und befinden sich bereits in einem fortgeschrittenen Stadium der Sternentwicklung. Sie verlieren große Mengen an Materie durch starke Sternwinde, welche Material von der Oberfläche der Sterne mit einer Geschwindigkeit von mehreren Millionen Kilometern pro Stunde in den Weltraum transportieren.

NGC 3603 befindet sich in einer Entfernung von rund 20.000 Lichtjahren zu unserem Sonnensystem im Bereich des Carina-Sagittarius-Spiralarms unserer Heimatgalaxie und besitzt einen Durchmesser von etwa 20 Lichtjahren. Von der Erde aus betrachtet verfügt das Objekt über eine Ausdehnung von 4 x 4 Bogenminuten und kann mt einer scheinbaren Helligkeit von 9,1 mag mit einem Teleskop beobachtet werden.

ESO, Digitized Sky Survey 2
Diese Weitfeldaufnahme der Himmelsregion um den im Zentrum der Abbildung gelegenen offenen Sternhaufen NGC 3603 wurde aus Aufnahmen des Digitized Sky Survey 2 erstellt. Direkt rechts davon ist der Nebel NGC 3756 erkennbar.
(Bild: ESO, Digitized Sky Survey 2)

Der Emissionsnebel NGC 3576
Bei dem Objekt auf der rechten Bildseite handelt es sich dagegen um den Emissionsnebel NGC 3576. Obwohl er in der Aufnahme wie ein ‘kosmischer Nachbar’ von NGC 3603 erscheint, ist er doch lediglich etwa 9.000 Lichtjahre von unserem Sonnensystem entfernt. Auch dieser Nebel befindet sich im Bereich des Carina-Sagittarius-Spiralarms. Er verfügt über eine Winkelsausdehnung von 3 x 3 Bogenminuten, was einem Durchmesser von rund 100 Lichtjahren entspricht.

Am Rand des Nebels sind zwei Strukturen erkennbar, die entfernt an die Hörner eines Schafbocks erinnern. Diese seltsam geformten Filamente sind das Ergebnis stellarer Winde, welche von den heißen und junge Sternen in der Zentralregion des Nebels ausgehen und die Staub und Gas über Entfernungen von mehreren hundert Lichtjahren nach außen transportiert haben. Im oberen Bereich des Nebels sind zwei dunkle Silhouetten zu sehen. Hierbei handelt es sich um sogenannte Bok-Globulen – Regionen, in denen in Zukunft neue Sterne entstehen werden.

Auch der Emissionsnebel NGC 3576 wurde von John Herschel entdeckt. Als Entdeckungsdatum wird der 16. März 1834 genannt.

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