Zwölfter US-TDR-Satellit auf den Weg gebracht

Als Spötter könnte man behaupten, der Start sei so ziemlich das Spannendste im Leben eines Tracking and Data Relay-Satelliten (TDRS). Sobald das Ding ausgesetzt ist, ist es selbst in der interessierten Öffentlichkeit mehr oder weniger vergessen. Dabei sind die geostationär positionierten Satelliten das Rückgrat der US-amerikanischen Weltraumkommunikation. Heute Nacht wurde zwölfte TDR-Satellit gestartet.

Ein Beitrag von Roland Rischer. Quelle: NASA/GSFC, Raumcon.

NASA
Ein klassisch schöner Nachtstart – die Atlas V 401 AV-043 mit TDRS-L als Nutzlast
(Bild: NASA)

Am 23. Januar 2014 am Abend um 09:33 p.m. Ortszeit Cape Canaveral, also 24. Januar um 03:33 Uhr morgens in Mitteleuropa, wurde eine Altas V-Rakete mit TDRS-L erfolgreich gestartet. Bei der Nutzlast handelt sich nach TDRS-K (oder jetzt TDRS-11) um das zweite Exemplar aus der dritten Generation US-amerikanischer Bahnverfolgungs- und Datenrelais-Satelliten (Tracking and Data Relay). Das „L“ ist der Ordnungsbuchstabe und deutet an, dass der Satellit noch nicht auf Arbeitsposition ist. Ab Inbetriebnahme im Orbit wird dann numerisch durchgezählt. Aus TDRS-L wird TDRS-12. Mit dem Neuzugang verfügt das TDRS-System über acht aktive und einen Reserve-Satelliten.

Der 43. Start einer Atlas V, diesmal in der Minimalkonfiguration 401 (die Ziffernfolge steht für 4 Meter Durchmesser der Nutzlastspitze, null zusätzliche Hilfstriebwerke und ein Oberstufentriebwerk), verlief problemlos. Allerdings kam es zu einer 28-minütigen Verzögerung innerhalb des Startfensters zwischen 03:05 und 03:45 Uhr MEZ zur Klärung von Unstimmigkeiten beim Empfang der Telemetriedaten. Gut eine Stunde und 46 Minuten nach dem Abheben wurde der Satellit ausgesetzt. TDRS-L wurde in einen Orbit von 4.839 mal 35.788 Kilometer mit einer Inklination von 25,5 Grad entlassen. Bereits kurz nach der Separation ist das Entfalten der beiden großen Antenneschirme vorgesehen. Der Arbeitsorbit wird mit Hilfe eines Bordtriebwerkes innerhalb von elf Tagen erreicht. Dort sind die nächsten Schritte das Entfalten der Solarzellenausleger und das Ausfahren aller Antennen. Danach beginnt einen dreimonatige Test- und Kalibrierungsphase, bevor der Satellit an die NASA übergeben wird.

Neben den demnächst zwei aktiven TDR-Satelliten der dritten Generation stützt sich das Bahnverfolgungs- und Datenrelais-System noch auf vier Satelliten aus der ersten und drei aus der zweiten Generation. Es gewährleistet eine unterbrechungsfreie 24-Stundenkommunikation mit allen wichtigen US-Weltraummissionen, allen voran mit der ISS. Die Unterstützung ist aber nicht nicht nur auf US-Missionen beschränkt.

NASA Goddard Space Flight Center
Das Antennensystem des TDRS-L
(Bild: NASA/Goddard Space Flight Center)

Das Investitionsvolumen für TDRS-K (gestartet am 30. Januar 2013) und TDRS-L einschließlich der wegen dieser neuen Satelliten notwendig gewordenen Modernisierung der TDRS-Bodenstation in White Sands, New Mexico, beläuft sich auf rund 715 Mio. US-Dollar. Neben White Sands existiert noch eine TDRS-Bodenstation auf Guam im westlichen Pazifik. Die stetige Erneuerung des TDRS-Systems wird laut Planung 2015 mit dem Start von TDRS-M fortgesetzt. 2016 könnte noch TDRS-N folgen, über die bestehende Option beim Hersteller Boeing ist aber noch nicht entschieden.

Die dritte Satelliten-Generation sendet wie die erste im S-Band und hat wie diese die Fähigkeit zur simultanen Kommunikation mit mehreren Nutzern. Über den S-Band Multiple Access, bestehend aus 32 Empfänger- und 15 Sender-Antennen an der Vorderseite des Satellitenbusses Boeing 601, können gleichzeitig die Signale von bis zu fünf Satelliten von TDRS-L empfangen und weitergeleitet werden. Daneben gibt einen S-Band Single Access zum Empfang wenig fokussierter (low gain) Signale, einen Ku-Band Single Access für hochauflösende Zwei-Wege-Videoübertragungen und einen Ka-Band Single Access, der große Übertragungsraten (800 Mbps) für wissenschaftliche Daten bietet. Dazu dienen die beiden charakteristischen, beweglichen 5-Meter-Parabolantennen in Verbindung mit einer dritten, kleineren Parabolantenne. Die beiden Stabantennen (omni antenna) sind für Telemetrie, Tracking und Steuerbefehle reserviert. Die Leistungsfähigkeit der Solarzellen wurde erhöht. Sie liefern je nach Sonnenausrichtung zwischen 2,85 und 3,22 Kilowatt elektrische Leistung. Die Startmasse von TDRS-L beträgt 3,545 Tonnen. Die über die Solarpanels gemessene Spannweite kommt auf 22 Meter. Über beiden großen Antennen gemessen, ist der Satellit 13,1 Meter breit. Die Lebensdauer ist auf 15 Jahre ausgelegt, eine Einsatzdauer, die von den frühen Vorgängern regelmäßig erheblich überschritten wurde (siehe Auflistung unten).

Das TDRS-Projekt wurde 1973 gestartet. Es ist, wenn man so will, ein Langzeitprojekt der Nach-Apollo-Ära. 1983 erfolgte der erste Start eines TDR-Satelliten. Der letzte Satellit dieser ersten Generation war TDRS-G oder 7. Die zweite Generation waren TDRS H, I und J. Nach Integration im TDRS-System werden sie unter den Nummern 8, 9 und 10 geführt. Die Historie im Einzelnen:

NASA/Goddard Space Flight Center
Das TDRS-System – Stand November 2013
(Bild: NASA/Goddard Space Flight Center)
  • TDRS-1: Start am 4. April 1983 mit STS-6 Challenger; im Juni 2010 außer Betrieb genommen.
  • TDRS-2: Der Satellit ist beim Start am 28. Januar 1986 im Rahmen von STS-51L Challenger mit der Challenger-Explosion verloren gegangen. Die numerische Zählung wurde trotz Nichterreichens des Orbits wegen der besonderen Tragik fortgesetzt.
  • TDRS-3: Start am 29. September 1989 mit STS-26 Discovery; als Reserve-Satellit über der Nordost-Küste Brasiliens positioniert.
  • TDRS-4: Start am 13. März 1989 mit STS-29 Discovery; im Dezember 2011 außer Betrieb genommen.
  • TDRS-5: Start am 2. August 1991 mit STS-43 Atlantis; aktiv und positioniert über den Phoenix Islands im Pazifik.
  • TDRS-6: Start am 13. Januar 1993 mit STS-54 Endeavour; aktiv und positioniert über der Nordost-Küste Brasiliens.
  • TDRS-7: Start am 13. July 1995 mit STS-70 Discovery; aktiv und positioniert über dem Indischen Ozean. TDRS-7 ist Ersatz für den verloren gegangenen TDRS-2.
  • TDRS-8: Start am 30. Juni 2000 auf Atlas IIA; aktiv und positioniert über dem Indischen Ozean.
  • TDRS-9: Start am 8. März 2002 auf Atlas IIA; aktiv und positioniert über der Nordost-Küste Brasiliens.
  • TDRS-10: Start am 4. Dezember 2002 auf Atlas IIA; aktiv und positioniert über den Phoenix Islands im Pazifik.
  • TDRS-11: Start am 30. Januar 2013 auf Atlas V; aktiv aber noch im Testbetrieb (Stand November 2013) und positioniert über dem Pazifik.
  • TDRS-L: Start am 24. Januar 2013 auf Atlas V; Abschluss Transferorbit nach 11 Tagen; Kalibrierung und Tests etwa drei Monate.
  • TDRS-M: Start voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte 2015.

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