50 Jahre bemannte Raumfahrt in Speyer

Am 9. April 2011 wurde im Rahmen der Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag der bemannten Raumfahrt der neue, sowjetisch/russische Teil der Raumfahrtausstellung des Technik-Museums in Speyer eröffnet. Zu Gast war dazu der erste deutsche Kosmonaut Sigmund Jähn.

Ein Beitrag von Simon Plasger, Ian Benecken und Daniel Maurat.

Nachdem im Jahre 2008 bereits der US-Amerikanische Teil der Raumfahrtausstellung „Apollo und Beyond“ eröffnet wurde, sollte nun, passend zu 50 Jahren bemannter Raumfahrt, ein sowjetisch/russischer Beitrag das Ganze abrunden. Dazu waren verschiedene Vertreter der Raumfahrt im Museum anwesend.

Sigmund Jähn vor der Buran
(Bild: RN)
Sigmund Jähn vor der Buran
(Bild: RN)

Um 13:00 Uhr begann ein Vortrag von Sigmund Jähn, dem ersten deutschen Kosmonauten. Er flog 1978 zur sowjetischen Raumstation Saljut 6, auf der er sich fast acht Tage aufhielt.

Seine Erzählungen begannen mit dem ersten russischen Raumflug vom 12. April 1961. Damals flog Juri Gagarin an Bord von Wostok 1 eine Runde um die Erde. Detailliert ging er auf das Flugprofil der Wostokkapsel ein. Nachdem alle drei Raketenstufen ausgebrannt sowie gemeinsam mit der Nutzlastverkleidung abgetrennt worden waren, befand sich das Raumschiff im Orbit. Während es seine Bahn um die Erde zog, wurden im Inneren verschiedene Experimente durchgeführt. Zum Verlassen der Umlaufbahn wendete sich das Schiff dann und zündete sein Bremstriebwerk. Nach erfolgtem Wiedereintritt verließ der Kosmonaut die Kapsel mit einem Schleudersitz. Pilot und Raumschiff landeten getrennt an Fallschirmen.

Das Wostok-Raumschiff
(Bild: RN)
Das Wostok-Raumschiff
(Bild: RN)

Danach berichtete Jähn über die Anfänge der Raumfahrt. So erwähnte er beispielsweise die verschiedenen Pioniere, Hermann Oberth, Konstantin Ziolkowski und Wernher von Braun. Oberth stellte seinerzeit vier Thesen auf, die danach auch weitgehend eingetroffen waren. Während der eigentlichen Entwicklung der Raketentechnik führte das Vorhaben aber auch auf Abwege. So gab es zwischenzeitlich Pläne für Raketenmotorräder oder Autos. Deren Testfahrten endeten aber meist in (oft tödlichen) Unfällen. Nach dem zweiten Weltkrieg führten die USA und die damalige Sowjetunion Versuche mit der deutschen V2/A4-Rakete durch. Beide entwickelten das Modell weiter.

Schließlich ging der deutsche Kosmonaut auf seinen eigenen Raumflug ein. Über das Interkosmos-Programm erlangten kleinere Nationen die Möglichkeit einen Menschen für kurze Zeit ins All zu schicken. Doch damit ein Mensch ins All fliegen kann, muss er hart trainieren und verschiedene Prüfungen bestehen. Eine davon war ein „Ritt“ auf dem Drehstuhl. Auf die Frage nach einer Alternative antwortete der Prüfer: „Ich kann dir auch 200 ml Wodka einflößen. Wenn du dann noch stehst, bist du auch zugelassen.“ Weitere Trainingseinheiten waren unter anderem Simulieren von möglichen Seelandungen oder eine Andockübung.

Der Start schließlich erfolgte am 26. August 1978 an Bord von Sojus-31. An Bord der Raumstation wurden verschiedene Experimente durchgeführt. Unter anderem testeten die Kosmonauten gegenseitig ihr Gehör, da es in der Station sehr laut war (bis zu 80dB). Des Weiteren erstellte Jähn im Rahmen der Aufgabenstellung Biosphäre Aufnahmen des afrikanischen Kontinents. Am 3. September 1978 schließlich landete die Besatzung wieder, allerdings an Bord von Sojus-29. Man hatte bei diesem Flug auch das Rettungsraumschiff ersetzt und flog mit dem alten zurück.

Später flogen noch weitere Deutsche ins All, unter anderem bei den Space-Shuttle Missionen D1 und D2. Des Weiteren flog im Rahmen der EUROMIR 94-Mission Ulf Merbold zur Mir. Zur ISS flogen die Deutschen Thomas Reiter und Hans Schlegel.

Nachfolgend erläuterte Jähn noch die Zukunftspläne der bemannten Raumfahrt. Auf amerikanischer Seite wäre eigentlich das Constellation-Programm angesetzt gewesen, welches jedoch aus politischen Gründen abgebrochen wurde. In Russland plant man das neuen Raumschiff „PPTS“. Es soll eine innovative Landetechnik besitzen (Nur Bremstriebwerke, keine Fallschirme) und bis zu sechs Personen transportieren.

Kim Nergaard bei seinem Vortrag
(Bild: RN)
Kim Nergaard bei seinem Vortrag
(Bild: RN)

An diesen interessanten Vortrag schloss sich ein Weiterer an. Kim Nergaard, Leiter der Abteilung für Zukunftsforschung der ESA, referierte über verschiedene neue Technologien in der bemannten Raumfahrt.

Nergaard begann mit dem Raketensortiment der ESA und einigen historischen Missionen. Besonderen Augenmerk legte er dabei auf die Internationale Raumsstation und deren europäische Bauteile Columbus und ATV. Auch erwähnte er das Projekt Mars500.

Im Bereich Zukunftsforschung ist besonders das Projekt METERON erwähnenswert. Bei ihm soll, ähnlich wie im Film Avatar, ein Mensch mithilfe eines Spezialhelms und besonderen Handschuhen Roboter und ähnliches im All zu steuern. Auf die Frage von Raumfahrer.net, wie das denn auf der ISS eingesetzt werden könne, antwortete Nergaard, dass z.B. vom Inneren der Station Reparaturarbeiten an der Außenseite durchgeführt werden können. Über dieses spannende Projekt werden wir auch weiter ausführlich berichten.

Die Eröffnung der neuen Raumfahrtausstellung
(Bild: RN)

Nach den Vorträgen und einer Fragerunde wurde der neue russische Teil der Raumfahrtausstellung von Sigmund Jähn eröffnet. Neben Infotafeln zu vielen Raumfahrtmissionen, die bei den Pionieren beginnen und über Wostok, Woschod, Sojus und die russischen Raumstationen bis zur neuesten Raumschiff Version Sojus TMA-M und zur ISS führen, gibt es einige neue Exponate. So ist bereits seit einigen Monaten die russische Raumkapsel Sojus-TM-19 ausgestellt. Pünktlich zum 50. Jubiläum der bemannten Raumfahrt ist nun auch ein originalgetreues Replik der Wostok-Kapsel hinzugekommen.

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